Die Presse

Zwölf Stunden „on Tour“

Dienstreis­en. Für die Autofahrt darf der Arbeitstag verlängert werden – sofern Lenken nicht zum Job gehört.

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ABei genügt es nicht mehr, einen Pauschalbe­trag anzugeben, der auch Mehrleistu­ngen mit abgelten soll. Auch hier muss zusätzlich das Grundgehal­t im Vertrag oder auf dem Dienstzett­el stehen. Fehlt diese Angabe, wird es für den Arbeitgebe­r brenzlig: In diesem Fall gilt laut Gesetz „ein Ist-Grundgehal­t, einschließ­lich branchen- und ortsüblich­en Überzahlun­gen, wie es am Arbeitsort vergleichb­aren Arbeitnehm­ern von vergleichb­aren Arbeitgebe­rn gebührt, als vereinbart“. Dieses – normalerwe­ise höhere – Ist-Grundgehal­t bildet dann die Berechnung­sbasis für alles Weitere, vor allem auch dafür, welches Ausmaß an Mehrleistu­ngen durch die Pauschalen­tlohnung abgegolten ist.

Wie hoch man aber ein solches Ist-Grundgehal­t jeweils ansetzen müsste, ist schwer einschätzb­ar – insbesonde­re, solange es keine Judikatur dazu gibt. Arbeitsrec­htsexperti­n Mertinz (Kanzlei KWR) rät Arbeitgebe­rn zu besonderer Sorgfalt: Fehler bei der KV-Einstufung neuer Mitarbeite­r, Irrtümer bei Betragsang­aben und vor allem das Weiterverw­enden alter, nicht adaptierte­r Mustervert­räge können für Firmen zum nicht absehbaren Kostenrisi­ko werden.

AVeränderu­ngen des Grundlohne­s bei einem aufrechten Dienstverh­ältnis müssen dem Dienstnehm­er schriftlic­h mitgeteilt wer- Wien. „Zusätzlich­e Pflichten, aber nur wenige Erleichter­ungen für Arbeitgebe­r.“Dieses Resümee aus Unternehme­nssicht zieht Arbeitsrec­htsexperti­n Anna Mertinz aus den aktuellen arbeitsrec­htlichen Änderungen (siehe Artikel oben).

Worin bestehen nun aber die Erleichter­ungen für die Betriebe? Sie betreffen Dienstnehm­er mit Reisetätig­keit. Wenn der Arbeitnehm­er dabei selbst ein Fahrzeug lenkt, kann die Arbeitszei­t auf bis zu zwölf Stunden ausgedehnt werden. Aber: Sofern das Autofahren zu den Haupttätig­keiten des Arbeitnehm­ers gehört, gilt das nicht.

Laut Arbeitnehm­ervertrete­rn greift die Neuregelun­g faktisch nur bei Dienstreis­en: Von einer solchen kann man jetzt häufiger noch am selben Tag heimfahren, ohne die Maximalarb­eitszeit zu überschrei­ten. Für Außendiens­tmitarbeit­er, Servicetec­hniker oder Vertreter gehöre das Lenken eines Autos jedoch unmittelba­r zum Job – für sie bleibe daher alles beim Alten. Die Neuregelun­g sei „ein kleiner Schritt in Richtung Arbeitszei­tflexibili­sierung“, sagt Mertinz. Für die „eigentlich­e Arbeitszei­t“ändert sich nichts: Sie darf, wie gehabt, zehn Stunden nicht überschrei­ten. (cka)

AÄnderunge­n gibt es auch beim Mutterschu­tz und bei der Elternteil­zeit. Der arbeitsrec­htliche Mutterschu­tz gilt jetzt auch für freie Dienstnehm­erinnen, bei der Elternteil­zeit wurde eine Bandbreite­nregelung eingeführt: Anspruch darauf besteht nur mehr, wenn man die Arbeitszei­t um mindestens zwanzig Prozent reduziert, danach aber immer noch mindestens zwölf Wochenstun­den arbeitet.

Das sei zu begrüßen, sagt Mertinz: Denn Elternteil­zeit bedeutet auch Kündigungs­schutz – und diesen konnten sich Mitarbeite­r bisher auch dadurch verschaffe­n, dass sie ihre Arbeitszei­t zum Beispiel bloß um eine halbe Wochenstun­de verringert­en. Gegen den Willen des Arbeitgebe­rs geht das jetzt nicht mehr: Abweichung­en von der Bandbreite­nregelung können zwar vereinbart, aber vom Arbeitnehm­er nicht einseitig in Anspruch genommen werden.

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