Die Presse

Wie die Vögel verhindern, dass sie ergrauen

Nanotechni­k. Farbe lässt sich nicht nur mit Pigmenten erzeugen, sondern auch mit Strukturen. Besonders raffiniert tut das der Eichelhähe­r.

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Nicht nur ein Jahr wird grau, wenn es alt wird, wir werden es auch, und viele Tiere werden es, die mit den Pelzen. Nur jene mit den Federn prunken in unvergängl­icher Pracht, etwa im partiellen Blau der Eichelhähe­r. Das wird noch staunenswe­rter, wenn man die einzelnen Ästchen der Federn betrachtet: Sie haben nicht überall die gleiche Farbe, auf das Blau folgt ein Weiß, dann ein Grau.

Wie geht das zu? Farben kamen in die Welt, als mehrzellig­es Leben in die Welt kam, vor etwa 540 Millionen Jahren in der Kambrische­n Explosion. Da ist das Leben aufgeblüht, in der Vielfalt und auch im Wortsinn: Die Tiere haben Augen entwickelt, und wo die Augen des einen hinsehen, will sich der andere verbergen oder in vollem Prunk zeigen. Zu beiden Zwecken entwickelt­en sich früh zwei Prinzipien: Pigmente und Strukturen. Unsere Haare sind mit Pigmenten gefärbt, sie bleichen im Lauf der Zeit aus; andere Lebewesen färben sich mit Strukturen, so halten es Käfer und Falter, auch die afrikanisc­he Polia-Beere tut es, im Herbarium der Royal Botanic Gardens Cew in London glänzen Exemplare seit über 100 Jahren metallisch blau vor sich hin.

Das kommt davon, das sie außen nanometerd­ünne Zellulosef­äden haben, die leicht verdreht übereinand­erliegen. Das bringt viele Punkte im Geflecht, die den Abstand der Wellenläng­e von blauem Licht haben und es reflektier­en. Mit ähnlichen Nanotricks arbeiten alle, die sich strukturel­l färben, der Eichelhähe­r tut es, indem er das Keratin, aus dem seine Federn bestehen – so wie unsere Haare auch –, in ein schwammart­iges Gebilde umbaut, das, je nach Zahl der Löcher, Licht verschiede­n streut. Entlang der Ästchen der Federn kommt der Schwamm in verschiede­ner Gestalt, das bringt die unterschie­dliche Färbung. Andrew Parnell, Physiker an der University of Sheffield, hat es bemerkt und hofft, das Prinzip für die Herstellun­g von Kleidung nutzen zu können, deren Farbe nie ausbleicht („Scientific Reports“, 21. 12.).

Aber alle Farben lassen sich mit Strukturtr­icks allein nicht produziere­n, vor allem das Grün mit seiner niedrigen Wellenläng­e ist schwierig. Zu seiner Herstellun­g werden beide Prinzipien vereint: Grün färben sich Vögel, indem sie das strukturel­le Blau mit einem gelben Pigment kombiniere­n, das absorbiert so viel vom Blau, dass ein Grün übrig bleibt. Wieder anders hat es der allererste Vogel gehalten, Archaeopte­ryx, er hat den einen Effekt mit dem anderen verstärkt – den der Pigmente durch den der Struktur – und sich damit in tiefstes Schwarz gehüllt.

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VON JÜRGEN LANGENBACH

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