Die Presse

Der Maler, der ganz Kärnten prägt

Klagenfurt. Valentin Oman wurde im Dezember 80 – und wird im Museum moderner Kunst seiner Heimat mit einer zwar stockwerkf­üllenden, aber dabei ziemlich konservati­ven Retrospekt­ive geehrt.

- VON ALMUTH SPIEGLER

Als Kärntner ist die Vorstellun­g ganz ungeheuerl­ich, dass jemand, zum Beispiel ein Wiener, Valentin Oman nicht kennt. In Kärnten wächst man seit Generation­en auf mit der Kunst des gerade 80 Jahre gewordenen Malers. Was 1965 mit den geisterhaf­ten, schwarz-weißen Fresken in der Verabschie­dungshalle Annabichl in Klagenfurt/Celovec begann, wurde zu einer der, nein, der prägendste­n Ein-Mann-Kultivieru­ng eines Landes in Österreich. Über 20 Kirchen, Schulen, Aufbahrung­shallen etc. in Kärnten tragen mittlerwei­le Omans unverkennb­are Handschrif­t – meist hochformat­ige, der ausgezehrt­en menschlich­en Figur nachempfun­dene Fresken, Bilderzykl­en, Fenster, die angedeutet­en Körper immer gerade am Entschwind­en, verwischt, verschwomm­en, dennoch massiv in ihrer rauen Materialit­ät.

Was etwas gespreizt klingt, Materialit­ät, ist für Oman typisch: Seine Bilder sind nicht einfach gemalt, sondern geschabt, geritzt, verspachte­lt, wieder verdeckt mit Farbe, Leim, dünnen Stoffen und Netzen. Man spürt das Darunter wie das Darüber. Das Wort Palimpsest fällt einem gleich einmal ein, steht man so einem bildgeword­enen Schichtwer­k gegenüber, dieser Begriff, der eigentlich das Ergebnis der im Mittelalte­r immer wieder gelöschten und immer wieder beschriebe­nen Seiten (oder bemalte Wände) meint. Palimp- sest bedeutet Geheimnis, bedeutet den Kreislauf von Vergehen und Gebären. Diese archaische Faszinatio­n reizt Oman seit den Sechzigerj­ahren aus. Und ja, das drang natürlich bis nach Wien, wo er an der Angewandte­n Ende der Fünfzigerj­ahre studiert hatte. Seine Aufgabe aber hat der Kärntner mit slowenisch­er Mutterspra­che in seiner Heimat gefunden, und er hat sie gut und ausdauernd und gründlich und unbeirrbar erfüllt.

Klagenfurt/Celovec: Oman besteht auf der Doppelnenn­ung, auch in seinem Lebenslauf. Die Dolmetschk­abine der Uni Klagenfurt beschrifte­te er 2000 mit hunderten zweisprach­igen Ortsnamen. Aus einem Raum der Retrospekt­ive, die das Museum der Moderne (MMKK) ihm jetzt ausrichtet, klingen sie ebenfalls aus Lautsprech­ern. Trotzdem ist man enttäuscht von dieser Schau, die einem Nicht-Kärntner weder die Breite noch die ästhetisch­e Wucht dieses Malers nicht nahebringt. Das gelingt gerade im ersten Raum, dicht verhängt mit dem großformat­igen „Piraner Kreuzweg“, in dem nur dynamische Striche die Energie dieses Körpers am Kreuz andeuten. Oman ist ein Urgestein der zeitgenöss­ischen Kirchenaus­stattung, nicht umsonst hätte er einmal Priester werden sollen.

Jetzt kann man von einer sicher unterdotie­rten Museums-Ausstellun­g nicht erwarten, öffentlich Monumental-Kunst ankarren zu lassen. Aber um deren Geist gerecht zu werden, hätte einem mehr einfallen müssen, als darin am Ende der Schau schnöde blättern zu können. So wirkt alles sehr konservati­v, kleinteili­g, in den von Reisen in den Nahen Osten mitgebrach­ten „exotischen“Eindrücken verschleie­rter Frauen überrasche­nd unpolitisc­h. Und das Oman! So denkt man jedenfalls in Wien. Wer so prägend war, sollte sich mehr Statement erlauben. Auch, gerade mit 80.

MMKK:

 ?? [ MMKK/Bildrecht Wien] ?? Omans Eindrücke aus Sanaa, 2004.
[ MMKK/Bildrecht Wien] Omans Eindrücke aus Sanaa, 2004.

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