Die Presse

Abverkauf nach neuem Yuan-Schock

China. Neue Währungstu­rbulenzen im Reich der Mitte lassen die Börsen weltweit auch am dritten Handelstag des Jahres weiter zittern. Der Yuan steht so tief wie seit fünf Jahren nicht mehr. Die Anleger flüchten in Yen, Staatsanle­ihen und Gold.

- VON NIKOLAUS JILCH

Neue Währungstu­r\ulenzen in China erschütter­n die Börsen.

Wien/Peking. Ein guter Start ins neue Jahr sieht anders aus: Die Börsen sahen auch am Mittwoch weltweit rot. Treibende Kraft der negativen Stimmung war erneut China. Die Landeswähr­ung Yuan sank auf den tiefsten Stand seit fünf Jahren – und zwar unter Aufsicht der Zentralban­k in Peking, die den Referenzku­rs des Yuan einmal täglich festlegt. Auch in Hongkong, wo der „OffshoreYu­an“frei gehandelt wird, sank der Kurs um 1,1 Prozent.

Der von der Zentralban­k Peking gesteuerte Yuan-Kurs fiel am Mittwoch auf 6,54 Yuan pro US-Dollar, der Offshore-Kurs fiel auf 6,7. Die Differenz zwischen den zwei YuanKursen hat damit ebenfalls einen Rekordstan­d erreicht. Das ist insofern bedenklich, weil es einen Kontrollve­rlust seitens der chinesisch­en Notenbank signalisie­ren könnte.

Die europäisch­en Märkte folgten den asiatische­n und fielen gleich zu Handelsbeg­inn. Anleger flüchteten in so genannte sichere Häfen, wie Gold und deutsche sowie amerikanis­che Staatsanle­ihen und in den japanische­n Yen. Der schwache Yuan riss auch kleinere asiatische Währungen mit, während der Yen auf den höchsten Stand seit Oktober kletterte. Der Goldpreis stieg um 0,5 Prozent auf rund 1090 Dollar pro Unze.

Nicht gut für den Rest der Welt

Es war die größte Talfahrt des Yuan seit der überrasche­nden Abwertung der chinesisch­en Volkswähru­ng im August letzten Jahres durch die Währungshü­ter. Die seitdem erfolgte Verteidigu­ng des Yuan, der vergangene­s Jahr vom Internatio­nalen Währungsfo­nds IWF als fünfte Weltwährun­g neben Dollar, Euro, Pfund und Yen geadelt wurde, hat die Devisenres­erven des Riesenreic­hes zum ersten Mal überhaupt schrumpfen lassen. Aber seit die US-Notenbank Federal Reserve die Zinsen im Dezember leicht steigen ließ, hat die Peoples Bank of China sich merklich zurückgeha­lten. Viele Analysten interpreti­eren dies als Signal, dass die chinesisch­e Währung weiter fallen wird.

„Das ist für den Rest der Welt aber nicht gut“, sagte Koichi Kurose, der Chefstrate­ge der japanische­n Resona-Bank zur Nachrichte­nagentur Bloomberg. „Bis China die Abwertung des Yuan stoppt, werden die globalen Märkte unsicher bleiben.“

Die schwächere Währung wird in China als Vorteil für die Exportwirt­schaft gesehen. Einzig: Die Strategie scheint nicht zu funktionie­ren, denn die chinesisch­en Exporte sind wohl auch im Dezember wieder gesunken – zum sechsten Mal in Folge. Konkrete Daten dazu werden nächste Woche erwartet. Die chinesisch­en Staatsmedi­en berichtete­n indes, dass jene Sonderrege­ln, die im Sommer 2015 einen größeren Crash verhindert hatten – wie etwa ein Verkaufsve­rbot für Großaktion­äre – weiter in Kraft bleiben, was zumindest einige chinesisch­e „Blue-Chip“-Werte in den positiven Bereich treiben konnte.

Da war der Schaden allerdings schon angerichte­t. Erst recht, da die Märkte in Europa und den USA sich viel mehr von den Währungsbe­wegungen von den Aktienkurs­en in China beeinfluss­en lassen. Der Ölpreis fiel derweil auf ein Elf-Jahrestief. Auch die geopolitis­chen Spannungen zwischen den beiden wichtigen Ölförderlä­ndern Saudiarabi­en und dem Iran trugen dazu bei, weil etwaige Absprachen zur Drosselung der Ölprodukti­on derzeit vom Tisch sind und beide Länder weiterhin ihre volle Förderkapa­zität ausschöpfe­n.

China will Goldpreis-Fixing

Wie es mit dem Yuan-Kurs weitergehe­n soll, ist indes völlig unklar. Beteuerung­en aus Peking, wonach keine weiteren Abwertunge­n geplant sind, werden immer wieder von der Realität überholt. Der Wechselkur­s allein hat aber keine direkte Auswirkung auf Chinas Wunsch, den Yuan als eine internatio­nale Leitwährun­g zu etablieren.

Was aber eine Rolle spielt, ist der Goldmarkt. China ist der größte Produzent von Gold und gleichzeit­ig der größte Importeur. Die Zentralban­k macht kein Geheimnis daraus, dass Gold dem Yuan zu mehr Bedeutung verhelfen soll, die chinesisch­en Goldreserv­en werden ständig erweitert. Zudem soll schon im April ein Goldpreis-Fixing in Yuan eingeführt werden, was einer direkten Kampfansag­e an den USDollar gleichkomm­t, denn das bisher dominante Fixing in London wird in Dollar durchgefüh­rt.

Noch sträuben sich zudem einige internatio­nale Banken – und verweigern die Teilnahme. Konkret geht es um die bisher einzigen ausländisc­hen Banken mit einer Importlize­nz für das Edelmetall: Die Australia and New Zealand Banking Group, HSBC und Standard Chartered. Ihnen droht Peking nun mit Lizenzentz­ug, sollten sie die Teilnahme am Preisfixin­g verweigern. Die Banken zeigen sich zwar interessie­rt, melden aber rechtliche Bedenken an.

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[ Reuters] Trübe Aussichten für die chinesisch­e Wirtschaft ließen den Yuan am Mittwoch sinken. Die Weltbörsen folgten auf dem Fuße.

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