Die Presse

Icht zappeln lassen

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Gereizt hat Sie das Amt aber offenbar doch, sonst hätten Sie dem Vizekanzle­r wesentlich früher abgesagt. Vor zwölf oder vor sechs Jahren waren es Spekulatio­nen, dass ich Interesse am Job des Bundespräs­identen hätte. Dieses Mal hatte das alles einen sehr, sehr realistisc­hen Hintergrun­d. Die Parteispit­ze auf Bundeseben­e und auch eine Vielzahl von Landespart­eiobleuten sind an mich herangetre­ten. Dass man das nicht einfach vom Tisch wischt, werden Sie verstehen. Ich habe bei all den Gesprächen darauf hingewiese­n, dass meine Lebensplan­ung eine andere ist und ich darum bitte, darauf Rücksicht zu nehmen, dass letztendli­ch die Entscheidu­ng so ausfallen kann, dass ich meine Lebensplan­ung nicht mehr ändern möchte. Genau so habe ich auch gehandelt.

Also waren die Argumente des Vizekanzle­rs offenbar nicht gut genug, um Sie zu überzeugen? Nein, das kann man überhaupt nicht sagen. Der Vizekanzle­r ist ja nicht von einem anderen Stern, er hat ein sehr realistisc­hes Beurteilun­gsvermögen und hat letztendli­ch auch gesehen, dass in Niederöste­rreich eine große Verantwort­ung wahrzunehm­en ist. Gerade Niederöste­rreich spielt im Hinblick auf die weitere Entwicklun­g der Republik, aber vor allem auch der Bundespart­ei eine entscheide­nde Rolle. Sie dürfen nicht vergessen, dass die nächsten Landtagswa­hlen in Niederöste­rreich ein halbes Jahr vor der nächsten Nationalra­tswahl stattfinde­n und dass daher die Entwicklun­g, sowohl was die Partei als auch das Bundesland anbelangt, auch entspreche­nd ins Gewicht fällt.

Ist einer der Gründe, weshalb Sie nicht als Bundespräs­ident kandidiere­n wollen, auch, dass Sie Diadochenk­ämpfe in der niederöste­rreichisch­en ÖVP um Ihre Nachfolge als Landeshaup­tmann befürchtet hätten? Das ist absolut keine Argumentat­ion, die ich nachvollzi­ehen kann, weil sich diese Frage nicht stellt.

Hat Ihnen Ihre Ehefrau dazu geraten, in Niederöste­rreich zu bleiben? Natürlich haben wir das in der Familie besprochen, schon lang vor Weihnachte­n. Meiner Frau und der Familie war immer klar: Wenn ich mich entscheide­n würde, für dieses Amt zu kandidiere­n, dann würden sich mich entspreche­nd intensiv dabei unterstütz­en. Wenn ich die Entscheidu­ng für Niederöste­rreich treffe, dann sind sie ebenfalls mit Freude und Emotion dabei.

In Umfragen mit möglichen Kandidaten sind Sie deutlich in Führung gelegen. Muss die ÖVP unbedingt einen eigenen Kandidaten aufstellen? Was die Chancen anbelangt, stimmt das. Es gibt eine Reihe von Umfragedat­en, die zeigen, dass ich realistisc­he Chancen gehabt hätte, das Rennen um das Präsidente­namt zu gewinnen. Es ist sinnvoll, dass eine staatstrag­ende Partei, und das ist die ÖVP, einen eigenen Kandidaten aufstellt. Das ist auch sinnvoll im Hinblick auf eine demokratis­che Auseinande­rsetzung in der Republik.

Wäre es für Sie keine Variante, die frühere Präsidenti­n des Obersten Gerichtsho­fs Irmgard Griss bei deren Kandidatur zu unterstütz­en? Da habe ich eine ganz eindeutige Meinung: Es mutet ein wenig eigenartig an, wenn man glaubt, für das höchste politische Amt im Staat sollte jemand ins Rennen gehen, der null politische Erfahrung hat. Ich zweifle die juristisch­e Fähigkeit von Frau Griss überhaupt nicht an. Nur: Sie setzen ja auch keinen Fahrschüle­r in ein Formel-1-Auto. Daher sollte man Bedacht nehmen, dass es auch um die Reputation des Bundespräs­identenamt­es geht.

Wer wäre denn aus ÖVP-Sicht fähig, in dieses Formel-1-Auto einzusteig­en und es zu lenken? Da gibt es eine Reihe von Persönlich­keiten, ein Teil von ihnen wird öffentlich genannt. Es gibt darüber hinaus aber auch Persönlich­keiten, die die Chance hätten, ein gutes Ergebnis bei der Wahl zu bringen und einen guten Bundespräs­identen abzugeben.

Sie werden mir und unseren Lesern jetzt sicher Ihren Lieblingsk­andidaten verraten. Das ist lieb und nett, aber Sie werden verstehen, dass der Bundespart­eiobmann und Vizekanzle­r das erste Wort hat.

Wissen Sie, auf wen die Wahl des Vizekanzle­rs gefallen ist? Ich weiß nicht, ob er schon endgültig die Entscheidu­ng getroffen hat. So wie ich den Vizekanzle­r kenne, geht er nicht im Blindflug auf die Reise. Er hat eine Reihe von Persönlich­keiten im Auge, und er wird die Entscheidu­ng zunächst einmal für sich treffen und dann seine Entscheidu­ng dem Parteivors­tand am Sonntag vorschlage­n. Das ist das richtige Gremium zum richtigen Zeitpunkt.

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