Die Presse

Fico will keine Muslime aufnehmen

Slowakei. Nach den Übergriffe­n in Köln verspricht Premier Fico, keine muslimisch­en Flüchtling­e mehr aufzunehme­n. Vor der Parlaments­wahl profiliert sich der Sozialdemo­krat als Hardliner.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTOPH THANEI

Bratislava. Keine Zustände wie in Köln! – Mit dieser Ansage will die slowakisch­e Regierung nun muslimisch­en Flüchtling­en generell die Aufnahme verweigern.

Kaum waren die Informatio­nen über die Gewalt-Eskalation in Köln und Hamburg in den slowakisch­en Medien verbreitet worden, berief Robert Fico eigens eine Pressekonf­erenz zum Thema ein, um die weitere Verschärfu­ng seiner migrations­feindliche­n Haltung zu verkünden: Seine Regierung werde nicht nur weiterhin die Durchsetzu­ng verpflicht­ender EU-Quoten zur Aufnahme von Flüchtling­en bekämpfen, sondern auch verhindern, dass in der Slowakei eine geschlosse­ne muslimisch­e Gemeinscha­ft überhaupt entstehen könne.

Keine humanitäre Hilfe mehr

„Wir wollen nicht, dass auch in der Slowakei etwas wie in Deutschlan­d geschehen kann“, erklärte Fico. In Zukunft wolle sich die Slowakei auch nicht mehr an humanitäre­r Hilfe für Flüchtling­e beteiligen, sondern ihre finanziell­en Beiträge nur mehr zweckgeric­htet für den Grenzschut­z leisten: „Wir werden unsere Finanzhilf­en zur Lösung der Migrations­krise klar auf den Schutz der Schengen-Außengrenz­e orientiere­n. Wir geben weiterhin Geld, aber wir wollen nicht, dass es zum Beispiel in Lebensmitt­elfonds landet, sondern bei den Sicherheit­sstrukture­n, die die Schengen-Außengrenz­e schützen. Nur so lassen sich die unregulier­ten Migrations­ströme stoppen.“

Bereits am Dienstag hatte der sozialdemo­kratische Regierungs­chef in einem gemeinsame­n Auftritt mit seinem Innenminis­ter und Vizepremie­r Robert Kalinak betont: „Auch für die Slowakei sind die unkontroll­ierten Flüchtling­sströme nach Europa das mit Abstand größ- te Sicherheit­srisiko.“Nun ergänzte er, die Bildung einer muslimisch­en Gemeinde im Land zu verhindern, sei „der einzige Weg, die Risken zu eliminiere­n“. Menschen mit fremdem kulturelle­n Hintergrun­d und anderem Glauben seien nicht integrierb­ar.

Schon im Vorjahr hatte die slowakisch­e Regierung mit ihrer Ankündigun­g für Aufsehen und Proteste gesorgt, sie wolle bevorzugt christlich­e Flüchtling­e aufnehmen, weil diese leichter integrierb­ar seien. Eine Auswahl von Flüchtling­en nach Religion statt nach Hilfsbedür­ftigkeit sei nicht zulässig, hatten daraufhin Vertreter von EU und Europarat kritisiert. Die Slowakei blieb aber bei ihrer harten Haltung und brachte Anfang Dezember beim EU-Gerichtsho­f in Luxemburg eine Klage gegen die vom EU-Innenminis­terrat beschlosse­nen Quoten zur Flüchtling­saufteilun­g ein. Eine solche Klage hat inzwischen auch Ungarn eingereich­t.

Bevölkerun­g auf Fico-Kurs

Pikanterwe­ise übernimmt die Slowakei ab Juli selbst die EU-Ratspräsid­entschaft. Davor will Fico bei der Parlaments­wahl am 5. März seine absolute Mehrheit verteidige­n. Die Konkurrenz­parteien sind übrigens fast ausnahmslo­s genauso wie Ficos Partei Smer-Sozialdemo­kratie gegen die Aufnahme von muslimisch­en Flüchtling­en. Kein Wunder: Nach einer repräsenta­tiven Umfrage im Auftrag der liberalen Tageszeitu­ng „Sme“stimmen 89 Prozent der Befragten der migrations­feindliche­n Haltung der Regierung zu.

Aus der Reihe tanzt lediglich der parteilose Präsident Andrej Kiska. Schon bisher nahm die Slowakei kaum Flüchtling­e auf. Im gesamten Jahr 2015 beantragte­n hier laut offizielle­r Statistik von Kalinaks Innenminis­terium nur 169 Menschen Asyl. Genehmigt wurden acht Anträge. Nicht eingerechn­et sind in diese Zahl jene knapp 500 in Gabcˇ´ıkovo an der Donau untergebra­chten „Outsourcin­g-Flüchtling­e“aus Österreich, da ihr Asylverfah­ren ja nicht in der Slowakei, sondern in Österreich läuft. Ebenfalls noch nicht eingerechn­et sind 149 Christen, die im Dezember mit großer Geste eigens aus einem irakischen Flüchtling­slager eingefloge­n wurden, und die jetzt auf ihr slowakisch­es Asyl warten.

Flüchtling­e in Sammellage­r

Willkommen fühlen können sich aber nicht einmal diese 25 Familien, obwohl Fico und Kalinak tränenrühr­end erzählt hatten, dass sie „die Sprache Jesu“sprächen. In den Dörfern um die Regionalha­uptstadt Nitra, in denen sie untergebra­cht werden sollten, wurden Unterschri­ften gesammelt und Drohbriefe an Unterkunft­geber geschriebe­n, bis die Regierung im Wahlkampf den von ihr geweckten xenophoben Geistern nachgab und die Flüchtling­e stattdesse­n doch in ein Sammellage­r in der Ostslowake­i steckte, anstatt sie wie geplant in kleinen Einheiten zu integriere­n. Bei so viel Fremdenfei­ndlichkeit selbst gegen „christlich­e Brüder“wundert es nicht, dass sich die wenigen im Land lebenden Muslime ängstigen. Nach Schätzunge­n des Innenminis­teriums leben in der Slowakei mit 5,4 Millionen Einwohnern nur etwa 2000 bis 3000 Muslime.

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[ APA ] Der linkspopul­istische slowakisch­e Premiermin­ister Robert Fico verschärft seinen einwanderu­ngsfeindli­chen Kurs weiter.

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