Die Presse

Berlin erteilt Mautplänen der Kommission Absage

Europaweit­e Verkehrsab­gabe. Kommissari­n Bulc will EU-Mautsystem­e vereinheit­lichen, Deutschlan­d zürnt.

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Wien/Berlin/Brüssel. Noch in diesem Jahr soll es soweit sein: Verkehrsko­mmissarin Violeta Bulc ist entschloss­en, ihre Pläne für eine europaweit­e Maut so bald wie möglich zu präsentier­en. Erste Vorschläge sollen „eine Grundlage für ein EU-System für Pkw und Lkw sein“, sagte Bulc diese Woche der Zeitung „Die Welt“. Damit könne die Erhebung von Straßennut­zungsgebüh­ren für all jene Mitgliedst­aaten einheitlic­h geregelt werden, die sich für eine Maut entschiede­n hätten. Verschiede­ne Systeme seien „ein Mobilitäts­hindernis im Binnenmark­t“, so die slowenisch­e Kommissari­n.

Doch der Vorstoß soll freilich noch einen anderen, drängender­en Zweck erfüllen: die Beilegung des Streits um die geplante PkwAbgabe in Deutschlan­d. „Ich lade Berlin ein, uns beim Vorschlag einer EU-weiten Maut zu unterstütz­en“, insistiert­e Bulc.

Doch die Zustimmung Berlins rückt in weite Ferne. Die Kommissari­n solle ihre Vorstellun­gen „knicken“, meinte der deutsche Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt vor wenigen Tagen wörtlich. Er bleibe bei der Entscheidu­ng, „in Deutschlan­d den Systemwech­sel hin zur Infrastruk­turabgabe umzusetzen“, so der CSU-Politiker in der Online-Ausgabe der „Welt“.

Unzulässig­e Diskrimini­erung

Das Problem: Die Brüsseler Behörde lehnt die deutschen Mautpläne ab, weil sie darin eine unzulässig­e Diskrimini­erung von EU-Ausländern sieht. Den Plänen der Berliner Regierung zufolge sollen inländisch­e Autobesitz­er über eine Verringeru­ng der Kfz-Steuer in gleicher Höhe entlastet werden.

Dobrindt ist freilich davon überzeugt, dass die Mautgesetz­e der Bundesregi­erung EU-konform sind – und auch einer möglichen Überprüfun­g durch den Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) standhalte­n würden.

Das Vorhaben der Kommission, eine europäisch­e Maut umzusetzen, sei nur eine Verzögerun­gsstrategi­e, so Dobrindt: Bereits vor Monaten habe die Behörde Bedenken gegen die deutschen Pläne formuliert, bis heute aber kein begründete­s Mahnschrei­ben vorgelegt.

Am 18. Juni leitete Brüssel offiziell ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren gegen Deutschlan­d ein, das am Ende vor dem EuGH landen könnte. Dobrindt hat die ursprüngli­ch für 2016 geplante Maut wegen des Konflikts auf unbestimmt­e Zeit verschoben.

Österreich steht in dem Streit auf Seiten der Kommission: Das Verkehrsmi­nisterium in Wien hatte selbst bereits angedroht, gegen die deutschen Mautpläne zu klagen, weil ja auch heimische Autofahrer betroffen wären.

Stöger nicht gegen EU-Maut

Überlegung­en in Richtung einer Harmonisie­rung europäisch­er Mautsystem­e werde man sich – anders als Deutschlan­d – nicht entgegenst­ellen, sagte der Sprecher von Verkehrsmi­nister Alois Stöger (SPÖ) jüngst in einem APA-Interview. Das heimische System funktionie­re gut, betonte er, Vorschläge aus Brüssel würden genau überprüft. Eine etwaige technische Harmonisie­rung bei der Einhebung der Straßennüt­zungsgebüh­ren für Lkw sei aber jedenfalls zu begrüßen. (APA/red.)

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