„Ich will der beste Spieler aller Zeiten werden“
Handball. Nikola Bilyk genießt den Ruf eines Ausnahmetalents, mit dem Wechsel zum deutschen Topklub THW Kiel steht ihm ab Sommer eine große Bewährungsprobe bevor. „Die Presse“sprach mit dem 19-Jährigen über Visionen und Muskeln.
Die Presse: Wie oft denken Sie an die nächste Saison, an Kiel? Nikola Bilyk: Jeden Tag, aber es ist nicht so, dass ich mir den Kopf darüber zerbreche oder mir Druck mache. Ich verspüre einfach nur große Vorfreude.
Handball genießt in Kiel einen besonderen Stellenwert. Wo lässt sich der THW in der Handballwelt einordnen? Vergleiche mit FC Barcelona, Real Madrid oder Bayern München des Handballs sind zulässig, aber man muss dennoch Realist bleiben. Es geht um weniger Geld, um viel weniger Geld. Und Handball ist global gesehen längst nicht so stark verbreitet wie Fußball. Aber in Kiel wollen alle Handball sehen, das Interesse ist gewaltig.
Kiel befindet sich derzeit im Umbruch, die Mannschaft ist nicht mehr durchgehend mit Superstars gespickt. Inwiefern ändert das Ihre Rolle? Das ist tatsächlich eine andere Truppe als noch vor einigen Jahren. Vielleicht nimmt das etwas Druck von mir und dem Rest der Mannschaft. Ich bin nicht der einzige junge Spieler, muss erst in dieses Team hineinwachsen. Aber es freut mich zu sehen, dass die Aufgabe keine einfache wird. Kiel muss, anders als in der Vergangenheit, immer noch eine Schippe drauflegen, um Spiele zu gewinnen. Das taugt mir.
Mit Raul Santos wird Ihnen ab Sommer ein zweiter Österreicher zur Seite stehen. Das ist einfach perfekt. Ich freue mich für den österreichischen Handball, dass zwei Österreicher beim großen THW spielen werden. Das ist einmalig. In Kiel sollten wir uns beide nochmals weiterentwickeln, das kann auch für das Nationalteam nur fruchtbar sein.
Sie haben von Wien-Margareten den Sprung in die vermeintlich stärkste Handball-Liga der Welt geschafft. Haben Sie das für möglich gehalten? Ich bin ein positiv denkender Mensch. Wenn du hart trainierst, an dir arbeitest, kannst du von überall ganz nach oben kommen. In Österreich ist es leider oftmals so, dass man sich kleiner macht, als man ist. Ich will immer das Ma- ximum. Je höher meine Ziele, desto weiter werde ich kommen, davon bin ich überzeugt. Diese Einstellung sollte jeder Sportler in Österreich haben.
Am Handball haftet hierzulande immer noch das Image einer Randsportart. Wie kann sich dieser Sport davon befreien? Indem wir uns als Nationalmannschaft kontinuierlich für Großereignisse qualifizieren. Das ist schwierig, aber nicht unmöglich. Hierzulande wird eine Sportart erst dann wirklich geschätzt, wenn wir darin Weltklasse sind, um Medaillen spielen. In Kroatien ist es egal, wie erfolgreich die Fußballer, Handballer oder Basketballer sind – die Kroaten leben Sport.
Kann ein Handballer Österreichs Sportler des Jahres werden? Warum nicht? Es ist nicht unmöglich, ein Traum von mir. In der Schweiz wurde mit Andy Schmid zuletzt ein Handballer immerhin nominiert. Allein eine Nominierung wäre eine große Motivation und Ehre für mich.
Ihr Vater, Sergiy, steht mit 45 Jahren immer noch im Tor der Fivers. Welchen Anteil hat er an Ihrem Aufstieg? Einen großen, wie meine ganze Familie – sie ist alles für mich. Mein Vater ist seit 30 Jahren Profi. Er hat so viel erlebt, davon kann ich nur profitieren. Mein größtes Glück ist, dass er vor vielen Jahren das Angebot der Fivers angenommen hat und in Österreich geblieben ist. Wer weiß, wie es gelaufen wäre, wären wir woanders gelandet.
Ist Ihr Vater Ihr größtes Vorbild? Auf jeden Fall. Aber ich möchte noch mehr erreichen als er, genau das erwartet mein Vater auch von mir.
Und abgesehen von ihm, wer imponiert Ihnen? Michael Jordan. Es ist einfach unfassbar, was er für seinen Sport geleistet hat. Seine Athletik, seine Denkweise, das ist ein besonderer Mensch. Solche Sportler gibt es nur einmal in 100 Jahren. Er und Mohammed Ali sind für mich die größten Sportler aller Zeiten. Ich würde im Handball gern das Gleiche erreichen wie Jordan im Basketball. Welche konkreten Ziele verfolgen Sie? Ich möchte der beste Handballer aller Zeiten werden, auf jeden Fall. Ich möchte das Nationalteam nach vorn bringen. Und ich möchte in Kiel alles gewinnen. Egal, was es ist: In dem, was ich mache, möchte ich der Beste sein. Wenn wir in der Schule Basketball oder Fußball spielen, ist das nicht anders.
In Deutschland erwartet Sie ein körperbetonteres Spiel. Sind Sie darauf vorbereitet? Ich habe bereits in den vergangenen Monaten von 92 auf 98 Kilogramm aufgebaut, fühle mich im Moment punkto Ausdauer und Kraft gut. In Kiel sollte ich dann zwischen 100 und 105 Kilogramm auf die Waage bringen. Ich mache das nicht, weil ich so gern in die Kraftkammer gehe oder es so toll aussieht: Nein, es ist einfach notwendig. Es geht darum, seinen Körper zu schützen. Wenn du eine Saison durchspielen willst, benötigst du eine gewisse Masse.
Fällt es Ihnen schwer, sechs Kilogramm Muskelmasse aufzubauen? Das geht bei mir relativ schnell, aber ich kann auch sehr schnell wieder abbauen. Deswegen muss ich darauf achten, dass Training und Ernährung immer aufeinander abgestimmt sind. Ich muss das durchziehen, sonst habe ich nach drei, vier Wochen wieder acht Kilo weniger. Wobei: Ernährung ist wichtig, aber ab und zu muss man sich auch etwas gönnen.
Zum Beispiel? Einen Burger. Das macht deine Leistung nicht schlechter.