Die Presse

Wieder ein chinesisch­er Milliardär verschwund­en

Korruption. In China sorgt wieder das Verschwind­en eines Milliardär­s für Aufregung. Zhou Chengjian, Chef der Modefirma Metersbonw­e, sei „nicht erreichbar“, so die Firma. Der Handel mit Aktien von Metersbonw­e wurde ausgesetzt.

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Wien. Zhou Chengjian ist Nummer 62 auf der Liste der reichsten Chinesen. Er hat sich vom Schneider zum Chef der erfolgreic­hen Modekette Metersbonw­e hinaufgear­beitet. Sein Vermögen wird auf rund 4,1 Mrd. Dollar (umgerechne­t 3,77 Mrd. Euro) geschätzt. Und seit Donnerstag ist er verschwund­en.

Die Zeitung „Qianjiang“berichtete am Donnerstag­abend als erste von Zhous Verschwind­en. Sie spekuliert­e, Chengjian könnte im Zusammenha­ng mit einem Fall von Insiderhan­del festgenomm­en worden sein. Am Freitag ließ seine Firma schließlic­h verlauten, der Milliardär sei „nicht erreichbar“und der Handel mit Metersbonw­eAktien werde „im Interesse der Anleger“ausgesetzt.

Der Fall ist nicht der erste dieser Art: Erst Mitte Dezember verschwand Guo Guangchang, der milliarden­schwere Gründer der chinesisch­en Investment­gesellscha­ft Fosun, für mehrere Tage.

Nachdem Guangchang, der als der chinesisch­e Warren Buffett gilt, wieder aufgetauch­t war, ließ seine Firma verlauten, er unterstütz­e die chinesisch­en Behörden bei „bestimmten Untersuchu­ngen auf dem chinesisch­en Festland“. Worum es dabei genau ging, ist bis heute unklar. Chinesisch­e Medien vermuten einen Zusammenha­ng mit Korruption­sermittlun­gen.

Mit Härte gegen Korruption

Die chinesisch­e Regierung hat ihre Antikorrup­tionsermit­tlungen in den vergangene­n Monaten vor allem im Finanzsekt­or deutlich ausgeweite­t. Eine ganze Reihe von Managern war für kurze Zeit nicht auffindbar.

„Dieser allgemeine Trend sowie das Verschwind­en von Zhou Chengjian können zwei Gründe haben“, sagt Professor Gerd Kaminski vom österreich­ischen Institut für China- und Südostasie­nforschung.

Eine Option sei, dass sich Chengjian wie einige Kollegen aus der Branche wegen Angst vor Korruption­sermittlun­gen auf die Flucht begeben und das Land verlassen habe. Diese Option sieht Kaminski allerdings als wenig wahrschein­lich an, da China mittlerwei- le mit den meisten Ländern der Welt ein Auslieferu­ngsabkomme­n für solche Fälle habe.

Die zweite, viel wahrschein­lichere Möglichkei­t ist laut Kaminski, dass Chengjian genau wie Guangchang von der Polizei mitgenomme­n wurde und festgehalt­en sowie befragt wird. Dies ist in China nicht ungewöhnli­ch: Oft verschwind­en Politiker oder Unternehme­r, bevor offiziell Anklage gegen sie erhoben wird – meist wegen Korruption.

Auch „Tiger“werden verfolgt

Egal, welche Variante zutrifft: Beide zeigen, dass die Antikorrup­tionskampa­gne der Regierung offenbar greift. Schon bevor Xi Jinping 2013 Präsident Chinas wurde, kündigte er an, auch gegen die „Tiger“, also hohe Politiker und Wirtschaft­schefs, in Sachen Korruption mit aller Härte vorzugehen. (jp)

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[ Imagine China ] Zhou Chengjian: verschwund­en.

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