Die Partei lag Pröll zu Füßen – jetzt hat er einen Schritt gesetzt
Was hat das Amt des Bundespräsidenten mit der Formel 1 zu tun? Und was ist ein politischer Profi? Die ÖVP wird es uns allen am Sonntag zeigen. Gesucht wird ein tief schwarzer Senior, der noch viel superer als Heinz Fischer Reden halten kann.
Erwin Pröll wird es also nicht tun. Das schockiert die konservative Fraktion im Gegengift mit ihren braven Vorfahren aus dem Steinfeld und der Buckligen Welt nachhaltig. Ein legendärer Landesvater des größten aller anzunehmenden Bundesländer, der sich in letzter Minute der Kandidatur für das aufregendste Amt zwischen Adlerstiege und Jagdzimmer in der Hofburg verweigert, hat etwas Beunruhigendes.
Nun müssen Fans der schwarzen Magie bis zum Sonntag warten, um zu erfahren, ob der ÖVP-Vorstand einen anständigen Ersatz für den Leidernicht-Kandidaten herbeizaubert. Pröll gilt im politisch-metaphorischen JagdJargon beinahe als VierundzwanzigEnder. Es müsste sich also ein noch größerer Geweihträger unter den Leithirschen finden, der zumindest das Wahlvolk, wenn nicht sogar Niederösterreich an sich zufriedenstellt.
Das wird nicht leicht für die Volkspartei. Ihr mächtigster Mann hat bei seiner späten, lokalpolitisch begründeten Absage auch klargestellt, wer es nicht sein könne. Die unabhängige Kandidatin, Irmgard Griss, darf nicht mit Prölls Unterstützung rechnen: „Man setzt ja auch keinen Fahrschüler in ein Formel-1-Auto“, verglich er die Ex-Präsidentin des Obersten Gerichtshofs mit einer Anfängerin und die Bundespräsidentschaft mit der bizarren Beschäftigung, wahnsinnig schnell im Kreis zu fahren. Laut Pröll muss ein schwarzer Kandidat für das höchste Staatsamt ein „politischer Profi“sein.
Lernen wir also von der ÖVP. Wie bauen erfahrene Wahlkämpfer einen chancenreichen Kandidaten auf? Erst einmal macht man gar nichts, außer über Monate und ganz diskret per Mundpropaganda zu verbreiten, dass der Erwin es garantiert tun werde. Dann denkt man intern angestrengt darüber nach, wie man in der Bundesregierung die eigenen Ministerposten umbesetzt, falls eine Innenministerin oder irgendein anderer Prinz die Nachfolge des Landesvaters antritt, der sich fürs Ganze des Staates opfern will. Solche Personalplanspiele dauern hierzulande monatelang.
Schließlich beginnt die heiße Phase des Vorwahlkampfs: Der VP-Chef hält Pröll „selbstverständlich“für einen guten Hofburg-Anwärter. Der Landeshauptmann von Oberösterreich rechnet „fix“damit, dass Pröll antritt. Der Landeshauptmann von Salzburg ist „überzeugt davon“, dass Pröll ein sehr guter Bundespräsident wäre. Auch die ÖVP-Frauen werden geschlossen schwach vor Radlbrunner Charme. Es verbeugen sich die Landeshauptleute von Steiermark und Tirol vor dem großen Niederösterreicher. Am Ende ertönt das Machtwort des Seniorenbund-Obmanns: 100 Prozent Unterstützung! Er schwärmt vom absoluten Wunschkandidaten Pröll. „Die Partei liegt ihm zu Füßen, wenn er es macht. Ich hoffe, dass er antritt.“
Diese Hoffnung starb zuletzt. Jetzt sind Formel-V-Profis der Politik dran. Bis Sonntag werden sie rasend rotieren, um der Welt zu offenbaren, dass es in ihren Reihen ein Griss um einen noch absoluteren als den Erwin gibt, der noch superer als der Heinz Reden halten kann. Es wird ein reifes Jahr.
norbert.mayer@diepresse.com