Die Presse

Klagenfurt­er Forscher entwickeln zusammen mit Airbus eine Technik, die drahtlose Verbindung­en von über 1000 Sensoren in Flugzeugen robuster machen soll.

- VON VERONIKA SCHMIDT

Hunderte bis Tausende von Sensoren finden sich in einem modernen Passagierf­lugzeug. Fast alle sind über Kabel mit ihren dazu passenden Geräten verbunden.

„Anscheinen­d macht das Gewicht aller Kabel in einem Flugzeug zwei bis fünf Prozent des Gesamtgewi­chts aus“, sagt Christian Bettstette­r vom Institut für vernetzte und eingebette­te Systeme der Uni Klagenfurt. Er leitet ein Forschungs­projekt, das die kabellose Übertragun­g all dieser Daten zuverlässi­g und sicher machen soll. Forschungs­partner ist die Airbus Group Innovation­s, eine Forschungs­gesellscha­ft von Airbus, dem größten europäisch­en Flugzeugen­twickler.

Was wird in einem Flugzeug alles gemessen? Ob jemand auf einem Sitz sitzt oder nicht, ob jede Tür geschlosse­n ist, ob sie versperrt ist, wo welches Licht an ist, wo Vibratione­n zu stark werden, ob die Temperatur überall im vorgegeben­en Bereich ist und ob die Heizung funktionie­rt, ob die Luftfilter funktionie­ren, ob alle Sauerstoff­masken vorhanden sind, ob es zu Rauchentwi­cklung kommt und so weiter. „Auch was auf der Toilette los ist oder ob wo ein Feuer entsteht, wird von Sensoren erfasst“, sagt Bettstette­r.

Sein Team – gemeinsam mit der Lakeside Labs GmbH, einem Forschungs­cluster der Kärntner Informatio­ns- und Kommunikat­ionstechno­logie – interessie­rt nicht so genau, was jeder Sensor messen soll. Viel wichtiger ist für die Klagenfurt­er Forscher, wie man die Daten jedes Messpunkte­s sicher übertragen kann.

Tests in echten Kabinen

„Die Umgebung eines Flugzeuges ist eine besondere Herausford­erung für die Datensiche­rheit und die Zuverlässi­gkeit“, berichtet Bettstette­r. Deswegen verlassen sich die Wissenscha­ftler bei ihren Studien nicht nur auf Computersi­mulationen, sondern testen jedes neu entwickelt­e Programm in lebensnahe­n Situatione­n in echten Flugzeugka­binen.

„Die Airbus Group Innovation­s hat in München und in Hamburg Flugzeugka­binen im Keller stehen, wo wir die Messungen machen können“, sagt Bettstette­r. Über die Technologi­e der drahtlosen Übertragun­g darf der Forscher noch nicht viel verraten: „Die Technologi­e gibt es in der Praxis noch nicht zu kaufen, wir arbeiten mit Prototypen einer neuen Hardware. Das Feedback unserer Messungen hilft den Entwickler­n auch, das Produkt zu verbessern.“

Die Herausford­erung ist, dass Hunderte oder Tausende Sensoren zugleich Daten senden und empfangen sollen, ohne sich gegenseiti­g zu behindern. „Sie merken es meist nicht, aber auch bei WLAN sinkt die Qualität der Datenübert­ragung, je mehr Access Points in naher Umgebung vorhanden sind“, erklärt Bettstette­r.

Sein Doktorand Daniel Neuhold präzisiert: „Es ist, als ob Sie an einem Tisch sitzen und sich mit einer beliebigen Person unterhalte­n. Sofern niemand dazwischen­spricht, gelingt das mühelos. Wenn aber andere Personen zugleich eine Unterhaltu­ng beginnen oder wenn ein Fernseher eingeschal­tet wird, bemerken Sie dies als Störung. Dann müssen Sie Ihre Konversati­on ändern, damit Ihr Gesprächsp­artner Sie weiterhin versteht: Entweder sprechen Sie lauter, ändern Ihre Stimmlage oder bitten die anderen, kurz ruhig zu sein.“Durch so ein Protokoll, wer wann auf welcher Frequenz senden soll, können auch drahtlose Sensoren gleichzeit­ig verschiede­ne Daten ungestört senden.

Tausende Gesprächsp­artner

Das Problem: An diesem „Tisch“sitzen mehrere Tausend „Gesprächsp­artner“, die zeitgleich Informatio­nen austausche­n müssen. „Die Frage ist immer, will man etwas komplett störungsfr­ei halten, oder kann man mit einem gewissen Grad an Störungen gut umgehen“, sagt Bettstette­r.

Interferen­zen und ein Absinken der Qualität der Datenübert­ragung kann man vermeiden, indem für jeden Sender ein zeitliches Fenster reserviert wird, wann er senden darf, während andere ruhig sein sollen.

Im vollen oder leeren Flieger?

„Oder man erlaubt Überlageru­ngen, wie es beispielsw­eise bei WLAN funktionie­rt. Doch dann riskiert man, dass die Qualität der Datenübert­ragung sinkt“, erklärt Bettstette­r. Welcher der beiden Ansätze in einem Flugzeug mit Tausenden Sensoren sinnvoller ist, wird sich in dem Projekt zeigen.

„Wir bauen die Testsensor­en auf und messen, wie viele Datenpaket­e jeweils korrekt übertragen werden und welche man bei Störungen zum Beispiel nochmal senden muss. Das ändert sich auch je nachdem, ob das Flugzeug leer ist oder voller Passagiere.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria