Im Blitzlicht Materialfehler finden
Wärmebilder. Forscher der FH Oberösterreich in Wels entwickeln Verfahren, um mittels Infrarot-Kameras Flugzeugbauteile zu überprüfen. Die zunehmende Verwendung von Verbundwerkstoffen statt Metallen macht diese Methode rentabel.
Wer glaubt, Plastikflugzeuge schwirren lediglich durch das Kinderzimmer, irrt. Sie fliegen längst über unseren Köpfen, um tagtäglich unzählige Passagiere und Fracht von A nach B zu bringen. So besteht etwa der Boeing-„Dreamliner“zur Hälfte aus Kohlenstofffaser-verstärktem Kunststoff; Rumpf und Tragflächen fast vollständig. Auch Konkurrent Airbus und andere setzen zunehmend auf solche sogenannten Verbundwerkstoffe (siehe Lexikon). Denn sie sparen Gewicht und damit Treibstoff, sie rosten und ermüden nicht wie Metalle; was sie weniger wartungsintensiv und langlebiger machen soll.
Für Forscher der FH OÖ hat sich damit seit 2006 ein neues Betätigungsfeld eröffnet. Denn für die neuen Materialien sind die herkömmlichen Prüfmethoden nicht mehr zwangsläufig ideal. „State-ofthe-Art-Methode war immer Ultraschall, und für Metall passt das alles wunderbar“, erklärt Günther Hendorfer, Dekan der Fakultät für Technik und Umweltwissenschaften. Bei den neuen Verbundwerkstoffen stößt Ultraschall an seine Grenzen.
Robotersystem übernimmt
Die neue Aktive Thermografie, die gemeinsam mit dem oberösterreichischen Flugzeugteile-Hersteller FACC entwickelt wurde, funktioniert prinzipiell so: Nachdem ein Bauteil, etwa ein Teil der späteren Tragfläche, fertiggestellt ist, wird es zur gesetzlich vorgeschriebenen und bis ins kleinste Detail normierten Endkontrolle einem Robotersystem übergeben. Dieses tastet sich mit einer Wärmebildkamera am zu prüfenden Bauteil entlang, um jeweils DIN-A-3-große Teilflächen unter die Lupe zu nehmen.
Dazu wird das Material mit Blitzlicht angeregt, sprich erwärmt. Weil Wärme stets dazu tendiert, sich in einem Körper gleichmäßig zu verteilen, wandert sie umgehend in Richtung des Bauteil-Inneren. „In diesen zehn Sekunden nach dem Blitzlicht schauen wir genau hin, was da passiert und die- se dynamischen Vorgänge zeichnen wir auf“, so Hendorfer. Es entsteht eine Wärmefilm-Sequenz, aus deren Daten der Computer Materialeigenschaften errechnet. Und in weiterer Folge eine Aussage darüber, ob ein Bauteil verwendet werden darf. Um das Prinzip zu verdeutlichen schlägt Physiker Hendorfer vor, sich ein größeres Loch im Inneren des Tragflächen- teils vorzustellen. Um dieses Loch herum könnte die Wärme weniger schnell abfließen; es entstünde ein Wärmestau, der die Unregelmäßigkeit entlarven würde.
Zuletzt prüft doch der Mensch
In der Praxis meldet sich der Computer manchmal auch unnötig, weil er echte von scheinbaren Fehlern (Artefakten) nicht immer unterscheiden kann. Solche Artefakte sind Störungen, die von der Prüfmethode selbst und nicht vom Bauteil verursacht werden. „Dann kommt zu diesen quasi defekten Prüfstellen noch einmal der Mensch und prüft manuell nach. Und er gibt dann noch mal einiges frei, was die Maschine als Fehler deklariert hat. Weil der Mensch einfach mehr Erfahrung hat und intelligenter ist“, so Hendorfer.
Am Ende sei es nicht viel, was tatsächlich aussortiert werden muss. „Die angezeigten Fehler sind in Bezug auf alle Bauteile verschwindend gering. Aber man muss trotzdem diesen Aufwand treiben, weil man nicht riskieren kann, dass auch nur ein Mal etwas übersehen wird.“Die Prüfverfahren seien im Flugzeugbau annähernd so kostspielig wie die Produktion. Mit ein Grund dafür, warum die Aktive Thermografie bei den konservativ agierenden Flugzeugbauern zwar langsam aber stetig an Akzeptanz gewinne. Sie sei schneller und damit günstiger als die Ultraschall-Methode.
Bei der Suche nach „groben“Fehlern wird die Errungenschaft der Welser Forscher bereits eingesetzt. Zum Beispiel, um in den aus mehreren Schichten aufgebauten Verbundwerkstoffen Fremdmaterial-Einschlüsse oder Delaminationen zu entdecken. „Das sind eher großflächige Fehler, wo auf einem gewissen Bereich von einigen Zentimetern zwischen den Schichten keine Verbindung ist und damit keine Haftung.“
Derzeit entwickelt die FH weitere Verfahren, um mittels Wärmebildkamera auch feinste Unregelmäßigkeiten in der Porosität von Flugzeugteilen zu erkennen. Noch heuer will man Ergebnisse liefern.