Kleiner, verspielter, flexibler, nachhaltiger
Architektur. Rückblick auf Altes, Ausblick auf Neues – und was von 2015 unterdessen bleiben wird.
Holz, hoch gestapelt. Neue, nachhaltige Materialien für den Bau: War vor drei Jahren das energieerzeugende Algenhaus (bei der IBA in Hamburg) in aller Munde, kamen im vergangenen Jahr verstärkt die Holzhochhäuser dazu. „Mittlerweile hat die Bauindustrie angefangen, Verantwortung für die Umwelt zu übernehmen“, meint etwa der Architekt Ola Jonsson in einem Gespräch mit dem Magazin „Dezeen“. Jonsson gehört zum Büro CF Møller, das in Stockholm 34 Stockwerke aus Holz zum Hochhaus stapelt. Holz sei CO2freundlicher, leichter – und sogar feuerresistenter als Stahl oder Beton. Auch in Wien, London oder Vancouver sind solche Holzturmprojekte im Wachsen begriffen.
Zusammenrücken, kleiner machen. Wohnraum wird teurer. Wir werden mehr. Die Städte wachsen, das Land leert sich. Das hat zur Folge, dass Wohnungsgrundrisse schrumpfen und plötzlich wieder gebaut wird, was lang Mangelware war: Einzimmerwohnungen, Miniapartments, smarte Einheiten, die sogenannte Garconni`¸ere. Und weil clevere Einbauten und geschickte Grundrisse auch fehlende Quadratmeter in einer Mehrzimmerwohnung wettmachen können, fällt das Augenmerk der Architekten zunehmend auf das Layout und den Innenausbau.
Work hard, play harder. Für immer Kind – sieht man sich den Trend der Erwachsenenspielplätze an, dürften viele Menschen davon träumen, nie ganz groß zu werden. Ob in den neuen Arbeitswelten, wo vor einigen Jahren Rutschen, Wuzler oder Rückzugsecken Einzug hielten, oder eben an der frischen Luft. Mittlerweile gibt es sogar schon Reisepackages, die einen zielgenau zu den besten Erwachsenenspielplätzen führen. Gut, dass das erwachsene Kind mehr Geld als das kleine mit dem Sparschwein hat.
Luftschloss für ganz oben. Es klang wie ein Faschingsscherz: In den Schweizer Alpen, im beschaulichen Bergdorf Vals, in dem sich hauptsächlich Wochenendgäste tummeln, sollte eben für sie etwas Herausragendes entstehen: das höchste Hotel der Welt – Anreise: per Helikopter. Wie eine Nadel soll das 381 Meter hohe Gebäude aus dem Alpenland herausstechen; der Aufschrei ist groß. Investor Remo Stoffel hält dennoch an seinen Plänen fest. (Es wäre zumindest nicht die hundertmillionste Chaletsiedlung.)
Goodbye (soon), Trabantenstadt. Bei aller Dramatik, die Flüchtlingskrise ventilierte auch schnelle, kreative Prozesse. Flexible Lösungen – wie Leerstandsnutzung in Kasernen, Hotels, Bürogebäuden, alten Schulen – mussten her; und Althergebrachtes wurde neu interpretiert. Container, in die sonst Schulklassen oder Büros bei Umbauten einziehen, wurden für Asylsuchende adaptiert, Holzmodule zu Siedlungen aufgestellt. Der Diskurs über die weitere, längerfristige Unterbringung von Flüchtlingen ist eingeflochten in einen größeren – das Risiko von der Isolation in Trabantenstädten.
Die Wiederkehr des Gleichen. Dass die Phase des Brutalismus, sprich die Neigung zum unverhüllten Einsatz von Großformen in Beton, so schnell wieder Anhänger finden wird, war nicht zu erwarten. Bislang waren diese Monstrositäten eher ein Fall für die Nische. Doch nun kommen doch tatsächlich bessere Tage für Bauten aus der Liga eines AKHs oder eines Vienne Conference Center. Ein anderer Kandidat, der durchaus seine ästhetische Rehabilitation erfährt, ist die Phase der Postmoderne. Man erinnere sich: Damals ging im buchstäblichen Sinn alles. Nun warten wir auf die wilden Stilhybride, die Wiederkehr von Bogen und Säulchen. Und die Ironie, die sie bricht. (epos/mad)