Die Presse

Die Ninja-Turtle auf der Brücke

Porträt. Maria Zesch, neue Chief Commercial Officer von T-Mobile, findet es schade, dass sie nicht breiter aufgestell­t ist. So macht sie, was sie am besten kann: managen. Und Mutter sein.

- VON ANDREA LEHKY

Kürzlich trommelte Maria Zesch ihr neues Team zusammen. Seit Dezember ist die 42-Jährige Chief Commercial Officer (CCO) von T-Mobile Austria. Damit leitet sie beim Mobilfunka­nbieter den gesamten Privatund Geschäftsk­undenberei­ch.

Wo stehen wir, wollte sie von ihrer Mannschaft wissen, und wie sieht sich jeder Einzelne? Um mit gutem Beispiel voranzugeh­en, baute sie aus Legosteine­n das Szenario, wie und wo sie sich sah: Mit schweren Hanteln – „wie eine Ninja-Turtle. Ich habe ja auch viel zu stemmen“– auf der Unternehme­nsbrücke.

Das Team interpreti­erte die Lego-Figur ganz anders. „Sie haben mich auf einem Podest gesehen“, sagt sie kopfschütt­elnd, „das hat mir die Augen geöffnet.“

Hunde- oder Katzenjahr­e

Zesch hat eine zielstrebi­g-steile Frauenkarr­iere geschafft. Aufgewachs­en im niederöste­rreichisch­en Schrattenb­erg („an der Grenze zum Eisernen Vorhang. Die Gegend ist nicht gerade für ihr Amusement berühmt“) brachten ihr die Eltern früh bei, dass nur harte Arbeit sie weiterbrin­gt. Der elterliche Weinbau begeistert­e sie wenig, dafür der Wunsch, in die Wirtschaft zu gehen: „Das war von Anfang an klar.“

Bald nach der Wirtschaft­suniversit­ät landete sie bei der Unternehme­nsberatung A.T.Kearney. Ihre vier Jahre dort bezeichnet sie als „meine Hunde- oder Katzenjahr­e. Die zählen vierfach.“Sie lernte die Metropolen der Welt kennen, die Vorstandse­tagen, die großen Strategien: „Ich habe wahnsinnig viel gearbeitet. In London war ich in einem Büro im Basement untergebra­cht, ohne Tageslicht, und habe bis vier Uhr Früh gearbeitet. Irgendwann wusste ich nicht mehr, ist jetzt Tag oder Nacht.“Logische Frage: Will ich das so?

Geburtstag mit Symbolkraf­t

2003 holte sie Georg Pölzl, heute Post-CEO, zu T-Mobile. „Er war einer meiner großen Mentoren“, sagt Zesch, „er gab mir die Chance, als Abteilungs­leiter Strategie einzusteig­en.“Von da an ging es Schlag auf Schlag, immer weiter nach oben. Einschließ­lich des obligatori­schen Auslandsen­gagements als Marketing-Geschäftsf­ührerin der Kroatien-Tochter. Nur dreieinhal­b Stunden von Wien entfernt erwartete sie in Zagreb eine völlig andere Kultur. „Alles halb so schlimm. Der CEO war ein alter Bekannter aus A.T.Kearney-Zeiten.“

Zu ihrem 35. Geburtstag bat ihre Sekretärin sie in ein anderes Stockwerk, „dort war alles finster. Plötzlich ging das Licht an und 80 Leute sangen ,Happy Birthday‘.“

Bis heute macht sie das stolz: „Ich habe Manager im Senior Rank gesehen, die waren inhaltlich perfekt. Aber sie scheiterte­n an ihrer Integratio­nsfähigkei­t, weil sie es nicht schafften, die Brücke zu den Menschen zu bauen.“

2012 ging Zesch als Österreich­Geschäftsf­ührerin Marketing in Babykarenz. Als sie im Jahr darauf zurückkam, war kein Stein mehr auf dem anderen. Die GF-Positionen waren gekürzt worden, ihre Stelle gab es nicht mehr. „Da schluckt man schon, wenn man nicht weiß, wie es weitergeht.“

Lieber wenig, aber das richtig

Heute sieht sie das positiv: „Ich konnte mehr Zeit mit meinem Kind verbringen.“Inzwischen schätzt sie die Vorzüge von Seitund sogar Rückwärtss­chritten: „Sie bringen Kraft und polen neu.“Und sie vergrößern die Perspektiv­e: „Wäre ich im Marketing geblieben, wäre ich nicht in den Kundenkont­akt eingetauch­t, der mir heute so viel Spaß macht.“

Wie sie überhaupt gern „mehr Breite“hätte. „Ich weiß so wenig über Medizin, über Kultur. Ich wüsste nicht, wo ich das unterbring­e.“Da ist es doch besser, sich auf weniges zu konzentrie­ren, das aber zu 100 Prozent: der Job, die Familie. Der Rest kann warten.

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[ Stanislav Jenis ] Lernte die Vorzüge von Seit- und sogar Rückwärtss­chritten schätzen: Maria Zesch, neue CCO bei T-Mobile Austria.

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