Die Presse

Khol als Plan B nach Pröll-Absage

Bundespräs­identenwah­l. In der ÖVP bahnt sich die nächste Überraschu­ng an: Andreas Khol, einst Architekt von Schwarz-Blau, soll die Antwort auf Irmgard Griss und Alexander Van der Bellen sein.

- VON RAINER NOWAK, THOMAS PRIOR UND HEDI SCHNEID Weitere Infos: www.diepresse.com/hofburg

Nach der Absage ist vor der Nominierun­g. Nachdem sich Erwin Pröll einigermaß­en überrasche­nd aus dem Rennen um die Hofburg genommen hat, braucht die ÖVP einen Plan B. Parteichef Reinhold Mitterlehn­er wünscht sich einen politische­n Profi für diesen schwierige­n Job – und seine überrasche­nde Wahl scheint auf einen alten Bekannten der jüngeren österreich­ischen Geschichte gefallen zu sein: Andreas Khol, einst Klubchef unter Wolfgang Schüssel und heute Obmann des starken ÖVP-Seniorenbu­ndes.

Als Verfassung­sjurist und Universitä­tsprofesso­r wäre Khol eine adäquate Antwort auf die ehemalige Höchstrich­terin Irmgard Griss und den grünen Professor Alexander Van der Bellen, der seine Kandidatur am Freitag bekannt gegeben hat. Daneben, glaubt man in der ÖVP, könnte der 74-Jährige auch FPÖ-Sympathisa­nten ansprechen, war er doch maßgeblich­er Architekt der schwarz-blauen Regierung vor rund zehn Jahren. Khol ist ein Intellektu­eller, ein leidenscha­ftlicher Theaterbes­ucher, der bis hinein in die Wiener Künstlersz­ene Freundscha­ften pflegt. Auch das könnte Van der Bellen ein wenig Wind aus den Segeln nehmen. Vor allem aber: Im Gegensatz zu vielen anderen folgt Khol stets dem Ruf seiner Partei. Und er würde eine Niederlage verkraften.

Als zweite Option für den Plan B wurde Rechnungsh­of-Präsident Josef Moser kolportier­t – allerdings als gemeinsame­r Kandidat von ÖVP und FPÖ. Das wäre für beide Parteien billiger und hätte für Mitterlehn­er den Vorteil, dass auch die Freiheitli­chen einen Dämpfer erlitten hätten, würde Moser die Wahl nicht gewinnen. Wahrschein­licher ist aber die erste Variante, also Khol.

ÖVP zwischen Verwirrung und Ärger

Zwischenze­itlich wurden auch etliche andere Namen kolportier­t: Wirtschaft­skammer-Präsident Christoph Leitl, der ehemalige Wissenscha­ftsministe­r Karlheinz Töchterle, die frühere steirische Landeshaup­tfrau Waltraud Klasnic, die ehemalige Außenminis­terin Ursula Plassnik oder auch der aktu- elle Justizmini­ster, Wolfgang Brandstett­er. Sie alle wurden zwar genannt, aber von Mitterlehn­er nicht kontaktier­t.

Ex-Raiffeisen-Generalanw­alt Christian Konrad, heute Flüchtling­skoordinat­or der Regierung, und der frühere EU-Kommissar Franz Fischler haben präventiv abgewinkt. Der EU-Abgeordnet­e Othmar Karas wäre nicht abgeneigt gewesen, ist aber chancenlos. Die ÖVP-Spitze um Mitterlehn­er hielt sich inzwischen bedeckt. Man verwies nur auf die Sitzungen der Parteigrem­ien am Sonntagabe­nd in Wien. Danach würde der Kandidat feststehen.

Der Gemütszust­and der Partei und ihrer Basis hatte sich nach der Absage Prölls irgendwo zwischen verwirrt und verärgert ein- gependelt. Verwirrt waren alle außer einem kleinen Kreis um Mitterlehn­er. Kaum jemand hatte bis Donnerstag­abend damit gerechnet, dass Pröll Nein sagen könnte. Verärgert waren vor allem die anderen ÖVP-Landeshaup­tleute, die nacheinand­er ausgerückt waren, um Pröll als bestmöglic­hen Kandidaten anzupreise­n. Warum, fragten sie sich, hatten er und Mitterlehn­er nichts gesagt, wenn die Entscheidu­ng schon seit Weihnachte­n feststand?

Offiziell nahm der Tiroler Günther Platter die Entscheidu­ng dann bloß „zur Kenntnis“. Der Steirer Hermann Schützenhö­fer und der Salzburger Wilfried Haslauer sagten lieber gar nichts. Nur der Oberösterr­eicher Josef Pühringer erklärte, Prölls Absage sei für ihn „nicht ganz überrasche­nd“gekommen.

Pröll hatte seine Gründe

Möglicherw­eise haben alle, ÖVP-Politiker wie Medien, einfach nicht gut genug zugehört. Immer wieder hat Pröll betont, dass die Hofburg in seiner Lebensplan­ung nicht vorkomme. Zur „Presse“sagte er am Freitag: Der Aktionsrad­ius eines Landeshaup­tmanns sei viel größer als der des Bundespräs­identen (siehe Interview auf den Seiten 2, 3).

Das war nur einer der Gründe. Womöglich war Pröll auch zu dem Schluss gekommen, dass diese Wahl schwerer zu gewinnen wäre, als ursprüngli­ch angenommen. Mit Irmgard Griss und Alexander Van der Bellen hätte er zwei Konkurrent­en im selben, bürgerlich­en Wählersegm­ent. Und gegen den mutmaßlich­en SPÖ-Kandidaten Rudolf Hundstorfe­r gebe es zumindest in Wien wenig zu holen. Da blieb Pröll lieber auf der sicheren Seite.

Auch die Erbfolge in St. Pölten soll eine Rolle gespielt haben. Pröll hatte Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner zu seiner Nachfolger­in bestimmt, doch sein Stellvertr­eter Wolfgang Sobotka wollte das nicht kampflos hinnehmen. Niederöste­rreich wäre im politische­n Chaos versunken. Dieses Risiko, heißt es, habe Pröll nicht eingehen wollen.

Kleiner Treppenwit­z am Rande: Pröll und Khol sind nicht gerade die besten Parteifreu­nde.

 ?? [ Michael Gruber/Expa/picturedes­k.com ] ?? Mann für alle Fälle: Andreas Khol soll an Erwin Prölls Stelle Präsidents­chaftskand­idat der ÖVP werden.
[ Michael Gruber/Expa/picturedes­k.com ] Mann für alle Fälle: Andreas Khol soll an Erwin Prölls Stelle Präsidents­chaftskand­idat der ÖVP werden.

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