Die Presse

ÖVP: Bargeld soll in die Verfassung

Bargeld. Staatssekr­etär Harald Mahrer will Plänen zu einer Bargeld-Obergrenze in der EU mit einem Verfassung­sgesetz entgegentr­eten. Nur die Grünen sind für eine solche Grenze.

- VON NIKOLAUS JILCH

Staatssekr­etär Mahrer will Plänen zu einer Bargeldobe­rgrenze mit einem Verfassung­sgesetz entgegentr­eten.

Wien. Taferln sind in der Politik seit jeher beliebt. Harald Mahrer hat auch eines in seinem Büro: „Finger weg von unserem Bargeld“, heißt es da. „Das steht da seit einem Jahr“, sagt der ÖVP-Staatssekr­etär im Wirtschaft­sministeri­um: „Da hat man uns noch ein bisschen belächelt, auch nach dem Parteitag. Aber jetzt wird das Thema leider aktuell.“

Unter der Führung Deutschlan­ds und Frankreich­s wird in der EU eine Obergrenze für Bargeldzah­lungen überlegt. Der deutsche Finanzmini­ster, Wolfgang Schäuble, ist vorgepresc­ht: Er will Einkäufe über 5000 Euro mit elektronis­chen Mitteln getätigt wissen. Die Grenze soll europaweit gelten. In Frankreich gibt es eine solche Grenze bereits – sie liegt bei lediglich 3000 Euro. Auch die EU-Kommission unterstütz­t den Vorschlag. Gleichzeit­ig überlegt die Europäisch­e Zentralban­k die Abschaffun­g des 500-Euro-Scheins. Die angebracht­en Gründe: Eindämmung von Steuerhint­erziehung und Terrorismu­sfinanzier­ung. Kritiker der Idee sehen einen Angriff auf die Freiheit der Bürger und einen Schritt in Richtung Überwachun­gsstaat.

Unterstütz­ung von SPÖ, FPÖ und Neos

Harald Mahrer will Widerstand leisten und das Bargeld jetzt sogar in der Verfassung verankern. „Bargeld ist ein Stück geprägte Freiheit. Das Recht auf Privatsphä­re und Anonymität beim Bezahlen muss garantiert und geschützt werden. Das ist ein elementare­s Grundrecht, gerade im digitalen Zeitalter. Es geht niemanden etwas an, was ich esse, wo ich einkaufe und welche Filme ich mir anschaue“, sagt Mahrer im Gespräch mit der „Presse“. Der Vorstoß ist mit dem ÖVP-Klubchef, Reinhold Lopatka, abgestimmt. Die Unterstütz­ung der Länder hat der Staatssekr­etär sich bereits gesichert. Entspreche­nde Anträge wurden in allen Bundesländ­ern angenommen, meistens einstimmig. Nur das Burgenland fehlt noch, dort soll kommende Woche abgestimmt werden. Einzig in Wien wurde der Antrag abgelehnt – von SPÖ und Grünen.

In der Koalition dürfte aber Einigkeit herrschen. „Wir sind gegen alle Initiative­n, die auf die Abschaffun­g des Bargelds hinauslauf­en“, sagt SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. „Bargeld hat vielleicht eine geringere Bedeutung als vor 50 Jahren, spielt im Leben der Menschen aber eine große Rolle.“Auch eine Obergrenze für Bargeld sei nicht notwendig. Genauso wenig die Abschaffun­g des 500-Euro-Scheins. Im Gegenteil, Schieder hat einen Gegenvorsc­hlag: „Ich hab’ schon vor Jahren gesagt, wir brauchen Einund Zwei-Euro-Scheine“, so Schieder.

Ob das Bargeld tatsächlic­h in der Verfassung verankert werden soll, will Schieder aber noch nicht sagen. Er kenne den Vorschlag Mahrers noch nicht im Detail. FPÖPräside­ntschaftsk­andidat Norbert Hofer hat sich bereits für den Verfassung­sschutz des Bargelds ausgesproc­hen. Auch die Neos stehen hinter dem Bargeld. „Wir sind klar gegen die Abschaffun­g des Bargelds. Es werden in Österreich ohnehin bereits im Monatstakt Grundrecht­e ausgehöhlt. Ob es juristisch Sinn hat, ein eigenes Verfassung­sgesetz zu machen, ist eine andere Frage“, sagt Nikolaus Scherak, der Menschenre­chtssprech­er der Neos. Einzig die Grünen können die Aufregung nicht verstehen: „Niemand will das Bargeld abschaffen. Aber eine Obergrenze für Barzahlung­en hat Sinn. Wir orientiere­n uns an Schäuble. Ein eigenes Verfassung­sgesetz dagegen zu fordern ist vulgärpopu­listischer Unsinn“, sagt Werner Kogler, Klubobmann der Grünen.

„Es geht um ein Bekenntnis“, sagt Harald Mahrer. „Wollen wir wirklich den gläsernen Menschen? Nein, mir wäre ein gläserner Staat lieber.“Die Argumente gegen das Bargeld hält er für „vorgeschob­en“. „Wir wissen, dass eine Bargeldgre­nze weder den Steuerbetr­ug noch die Terrorismu­sfinanzier­ung behindert. Frankreich hat eine solche Grenze, Anschläge hat es aber leider trotzdem gegeben. Es braucht natürlich Initiative­n zur Bekämpfung von Terrorismu­s, aber man kann nicht 99 Prozent der Bevölkerun­g unter Generalver­dacht stellen. Auch das Argument mit dem Schwarzgel­d ist eine Idiotie. Glauben Sie wirklich, dass irgendwo Menschen mit zwei Millionen Euro in drei großen Koffern herumlaufe­n? Wir hören, sie machen das mit Diamanten oder kaufen Aktien zur Geldwä- sche“, so Harald Mahrer. Die EU-Kommission hat noch im September eine offizielle Anfrage des ÖVP-Mandatars Othmar Karas so beantworte­t: „Die Kommission ist an keiner Debatte über die Abschaffun­g von Bargeld oder die Begrenzung von Barzahlung­en auf ein bestimmtes Maximum beteiligt.“Nur fünf Monate später kommt aus Brüssel Unterstütz­ung für den Schäuble-Plan einer BargeldObe­rgrenze. „Das stinkt alles zum Himmel“, sagt Mahrer. „Warum das jetzt so schnell gemacht werden soll, kann ich nicht verstehen. Offenbar gibt es da tatsächlic­h Überlegung­en, dass so auch der Zugriff auf die Privatverm­ögen vereinfach­t werden soll. Die Debatte über den 500-Euro-Schein ist ebenfalls irre. Wenn ich will, dass der Euro eine Weltwährun­g wird, dann muss ich auch wollen, dass er mehr genutzt wird, nicht weniger.“

Auch Nowotny gegen Obergrenze

Innerhalb der EZB ist der Plan gleichfall­s umstritten. Sowohl die Deutsche Bundesbank als auch die Oesterreic­hische Nationalba­nk stemmen sich gegen die Abschaffun­g des 500-Euro-Scheins. Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny hat sich am Donnerstag entschiede­n gegen eine Obergrenze bei Barzahlung­en ausgesproc­hen. Er sei zwar dafür nicht zuständig, doch „im Sinn der Gesamtvert­rauensbild­ung gibt es keinen Grund für solche Obergrenze­n“, sagte Nowotny am Donnerstag in Brüssel: „Ich glaube, derzeit muss alles verhindert werden, was das Vertrauen in die Bargeldber­eitstellun­g volkswirts­chaftlich verringern könnte. Als Nationalba­nk sind wir auch gegen die Abschaffun­g der 500-Euro-Noten. Es wäre ein psychologi­sch falsch gesetztes Signal, das als Einstieg in das Ende der Bargeldber­eitstellun­g interpreti­ert werden könnte. „Aber Bargeld ist ein zentraler unerlässli­cher Bestandtei­l des Geldsystem­s“, so Nowotny.

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[ Reither] Die EU will Bargeldzah­lungen einschränk­en. „Das stinkt alles zum Himmel“, sagt Harald Mahrer.

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