Die Presse

Kompatsche­r: „Tragische Situation für Südtirol“

Flüchtling­e. Der Südtiroler Landeshaup­tmann ist gegen einen Grenzzaun an der Brenner-Grenze. Auch Othmar Karas, der EU-Delegation­sleiter der ÖVP, teilt diese Ansicht – entgegen der Parteilini­e der Volksparte­i.

- E-Mails an: christian.ultsch@diepresse.com

Wien/Bozen. Angesichts eines möglichen Grenzzauns am Brenner hat der Südtiroler Landeshaup­tmann, Arno Kompatsche­r, vor einer „tragischen Situation für Südtirol“gewarnt. „Wir arbeiten seit vielen Jahren an einem Wiedervere­inigen der Tiroler Landesteil­e auf europäisch­er Ebene, ohne nationalst­aatlich zu denken, und jetzt droht das Ganze an der Flüchtling­sthematik zu scheitern“, kritisiert­e er im Ö1-„Morgenjour­nal“.

Kritik des Tiroler Landeshaup­tmanns, Günther Platter, an Italien, weil es zu wenig in der Flüchtling­skrise unternomme­n habe, wies Kompatsche­r zurück. Italien habe durch seine Mission Mare Nostrum sehr viel geleistet. „Wenn man sieht, dass alle einfach weggeschau­t haben, wie die Leute durchgerei­st sind, und man sich nicht durchgerun­gen hat, Dublin zu überarbeit­en, da kann man Italien nicht die Schuld dafür geben, das liegt schon eher an den Egoismen der einzelnen Mitgliedst­aaten“, so der Südtiroler Landeshaup­tmann.

In der Frage möglicher Grenzzäune an der Brenner-Grenze äußerte sich der ÖVPDelegat­ionsleiter im EU-Parlament, Othmar Karas, ähnlich – und stellte sich damit klar gegen die Parteilini­e der ÖVP. „Zäune sind kurzsichti­ges Handeln und ein Ausdruck der Schwäche von Politik.“Fast hundert Jahre österreich­ische Südtirolpo­litik würden auf dem Spiel stehen. „Zäune im SchengenRa­um lösen keine Probleme, sondern lösen eine Lawine von unabsehbar­en politische­n, wirtschaft­lichen und finanziell­en Konsequenz­en aus.“Karas drängt auf eine gemeinsame europäisch­e Lösung: „Wir laufen Gefahr, in Kürze mehr Zäune in Europa als in Zeiten des Kalten Kriegs zu haben. Dies wäre das historisch­e Scheitern einer Politikerg­eneration.“Niemand in Europa könne den Flüchtling­sansturm allein bewältigen. „Es gibt nur gemeinsame europäisch­e Lösungen oder gar keine Lösungen“, so Karas.

Immer mehr Soldaten melden sich

Indes melden sich immer mehr Soldaten zum freiwillig­en Assistenze­insatz an der Grenze. Nachdem sich ein Zug Milizsolda­ten aus Oberösterr­eich geschlosse­n zum Einsatz gemeldet hat und seit 28. Jänner in Salzburg eingesetzt ist, gehen ab 1. März 74 Rekruten des Jägerbatai­llons 18 in St. Michael im Anschluss an ihren Grundwehrd­ienst als Milizsolda­ten an die steirische Grenze.

Sie haben sich noch während ihrer Zeit als Grundwehrd­iener freiwillig gemeldet. 50 kommen aus der Steiermark, 18 aus Wien, vier aus Niederöste­rreich und jeweils einer aus Oberösterr­eich und dem Burgenland, so das Verteidigu­ngsministe­rium. Die neue Assistenzk­ompanie des Jägerbatai­llons 18 löst mit März das Jägerbatai­llon 17 an der steirische­n Grenze ab. Sie besteht aus 124 Soldaten, darunter 50 Berufssold­aten und 74 Milizsolda­ten. Sie werden Personen und Fahrzeuge im Grenzberei­ch kontrollie­ren sowie Straßen, Bahnhöfe und Notunterkü­nfte sichern. Der Assistenze­insatz dauert für die Milizsolda­ten 60 Tage und kann freiwillig verlängert werden. Der Einsatz der Kompanie ist derzeit bis 29. April 2016 geplant.

Die Milizgefre­iten bekommen eine Zulage für Inlandsein­sätze von 1180 Euro und kommen damit monatlich auf 2770 Euro netto. 992 Soldaten befinden sich aktuell im sicherheit­spolizeili­chen Assistenze­insatz, davon 206 Milizsolda­ten. (APA)

Newspapers in German

Newspapers from Austria