Kompatscher: „Tragische Situation für Südtirol“
Flüchtlinge. Der Südtiroler Landeshauptmann ist gegen einen Grenzzaun an der Brenner-Grenze. Auch Othmar Karas, der EU-Delegationsleiter der ÖVP, teilt diese Ansicht – entgegen der Parteilinie der Volkspartei.
Wien/Bozen. Angesichts eines möglichen Grenzzauns am Brenner hat der Südtiroler Landeshauptmann, Arno Kompatscher, vor einer „tragischen Situation für Südtirol“gewarnt. „Wir arbeiten seit vielen Jahren an einem Wiedervereinigen der Tiroler Landesteile auf europäischer Ebene, ohne nationalstaatlich zu denken, und jetzt droht das Ganze an der Flüchtlingsthematik zu scheitern“, kritisierte er im Ö1-„Morgenjournal“.
Kritik des Tiroler Landeshauptmanns, Günther Platter, an Italien, weil es zu wenig in der Flüchtlingskrise unternommen habe, wies Kompatscher zurück. Italien habe durch seine Mission Mare Nostrum sehr viel geleistet. „Wenn man sieht, dass alle einfach weggeschaut haben, wie die Leute durchgereist sind, und man sich nicht durchgerungen hat, Dublin zu überarbeiten, da kann man Italien nicht die Schuld dafür geben, das liegt schon eher an den Egoismen der einzelnen Mitgliedstaaten“, so der Südtiroler Landeshauptmann.
In der Frage möglicher Grenzzäune an der Brenner-Grenze äußerte sich der ÖVPDelegationsleiter im EU-Parlament, Othmar Karas, ähnlich – und stellte sich damit klar gegen die Parteilinie der ÖVP. „Zäune sind kurzsichtiges Handeln und ein Ausdruck der Schwäche von Politik.“Fast hundert Jahre österreichische Südtirolpolitik würden auf dem Spiel stehen. „Zäune im SchengenRaum lösen keine Probleme, sondern lösen eine Lawine von unabsehbaren politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Konsequenzen aus.“Karas drängt auf eine gemeinsame europäische Lösung: „Wir laufen Gefahr, in Kürze mehr Zäune in Europa als in Zeiten des Kalten Kriegs zu haben. Dies wäre das historische Scheitern einer Politikergeneration.“Niemand in Europa könne den Flüchtlingsansturm allein bewältigen. „Es gibt nur gemeinsame europäische Lösungen oder gar keine Lösungen“, so Karas.
Immer mehr Soldaten melden sich
Indes melden sich immer mehr Soldaten zum freiwilligen Assistenzeinsatz an der Grenze. Nachdem sich ein Zug Milizsoldaten aus Oberösterreich geschlossen zum Einsatz gemeldet hat und seit 28. Jänner in Salzburg eingesetzt ist, gehen ab 1. März 74 Rekruten des Jägerbataillons 18 in St. Michael im Anschluss an ihren Grundwehrdienst als Milizsoldaten an die steirische Grenze.
Sie haben sich noch während ihrer Zeit als Grundwehrdiener freiwillig gemeldet. 50 kommen aus der Steiermark, 18 aus Wien, vier aus Niederösterreich und jeweils einer aus Oberösterreich und dem Burgenland, so das Verteidigungsministerium. Die neue Assistenzkompanie des Jägerbataillons 18 löst mit März das Jägerbataillon 17 an der steirischen Grenze ab. Sie besteht aus 124 Soldaten, darunter 50 Berufssoldaten und 74 Milizsoldaten. Sie werden Personen und Fahrzeuge im Grenzbereich kontrollieren sowie Straßen, Bahnhöfe und Notunterkünfte sichern. Der Assistenzeinsatz dauert für die Milizsoldaten 60 Tage und kann freiwillig verlängert werden. Der Einsatz der Kompanie ist derzeit bis 29. April 2016 geplant.
Die Milizgefreiten bekommen eine Zulage für Inlandseinsätze von 1180 Euro und kommen damit monatlich auf 2770 Euro netto. 992 Soldaten befinden sich aktuell im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz, davon 206 Milizsoldaten. (APA)