Die Presse

Ein Germanist wird neuer Außenminis­ter in Paris

Frankreich. Jean-Marc Ayrault beerbt den bisherigen Außenminis­ter Fabius. Präsident Fran¸cois Hollande versucht mit einer Regierungs­umbildung, seine wackelnde Mehrheit zu konsolidie­ren. Die Grünen kehren in die Regierung zurück.

- Von unserem Korrespond­enten RUDOLF BALMER

Paris. Fast zwei Jahre war JeanMarc Ayrault weg aus der ersten Reihe der französisc­hen Politik. Frankreich­s Staatschef hatte seinen ersten Premier geopfert, um nicht selbst vollends ins Schussfeld zu geraten. Stattdesse­n berief er den damaligen Innenminis­ter, Manuel Valls, der im Ruf eines Dynamikers steht. Jetzt kehrt der Germanist aus Nantes als Außenminis­ter ins Kabinett zurück. Ayrault galt als aussichtsr­eichster Anwärter für die Nachfolge von Laurent Fabius. Im Gespräch war auch Segol`´ene Royal, die Umweltmini­sterin und Ex-Lebensgefä­hrtin von Hollande.

Fabius hatte vor wenigen Tagen überrasche­nd seinen Rücktritt erklärt. Er avanciert zum neuen Vorsitzend­en des Verfassung­srats. Der höchste Richterpos­ten ist nicht mit einem Kabinettsp­osten kompatibel. An der Spitze der Diplomatie braucht Hollande nicht nur absolute Loyalität – die Außenpolit­ik gilt als exklusive Domäne des Präsidente­n –, sondern auch eine bekannte Persönlich­keit mit Format.

Ayraults Kür strahlt auch nach Berlin aus. Die Wahl des Germaniste­n und ehemaligen Deutschleh­rers wird in Deutschlan­d als Signal für eine engere Zusammenar­beit verstanden werden.

Die Demission von Fabius löste eine Kabinettsu­mbildung aus. Die Überraschu­ng im neuen Kabinett ist die Rückkehr der Grünen. Sie wollten bei der letzten Umbildung im Som- mer 2014 nicht mehr mitregiere­n. Die Nominierun­g von Valls mit seiner als linksliber­al verschrien­en Linie war damals eines ihrer Argumente gewesen. Unweigerli­ch fragt man sich, wie es Hollande gelungen ist, die zögernden Grünen von Europe E´cologie – Les Verts (EELV) umzustimme­n.

Unter den Neueintrit­ten in der Regierung befindet sich als Wohnungsmi­nisterin die bisherige EELV-Parteichef­in, Emmanuelle Cosse. Sie übernimmt damit denselben Posten, den ihre Vorgängeri­n, Cecile´ Duflot, unter Valls nicht mehr wollte. Zusammen mit Cosse wurden auch zwei Ex-Grüne in die Regierung nominiert. Sowohl der neue Mi- nister für die Staatsrefo­rm, Vincent Place,´ wie die Staatssekr­etärin für internatio­nale Beziehunge­n in der Klimapolit­ik (eine neue und zusätzlich­e Funktion), Barbara Pompili, waren wie andere prominente grüne Abgeordnet­e aus der EELV ausgetrete­n. In der Regierung müssen diese Dissidente­n jetzt mit der grünen Parteichef­in zwangsläuf­ig zusammenar­beiten.

Unter diversen Änderungen fällt schließlic­h auch noch der Wechsel im Kulturmini­sterium auf: Die bisherige Ministerin Fleur Pellerin hat offenbar die Erwartunge­n nicht erfüllt. Sie wurde von Hollande durch seine bisherige Beraterin für Kultur, Audrey Azoulay, ersetzt. Mit von der Partie ist auch der Parteichef der kleinen, aber für die Koalition wichtigen Partei der Linken Radikalen (PRG), der Zeitungsve­rleger Jean-Michel Baylet.

 ?? [ AFP ] ?? Neuer Außenminis­ter Jean-Marc Ayrault.
[ AFP ] Neuer Außenminis­ter Jean-Marc Ayrault.

Newspapers in German

Newspapers from Austria