Die Presse

Sozialgeld: Sparen ist ÖVP-Bedingung

Interview. ÖVP-Klubchef Lopatka pocht bei der Reform auf eine Deckelung der Mindestsic­herung und Begrenzung für Migranten: „Darüber muss Wiens Stadträtin Wehsely gesprächsb­ereit sein.“

- VON KARL ETTINGER

Wien. „Das ist ein Wunschdenk­en der Wiener.“ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka zeigt sich erbost darüber, dass Wiens Sozialstad­trätin, Sonja Wehsely (SPÖ), im „Presse“-Interview zwar „gesprächsb­ereit“darüber ist, dass der Bund von den Ländern die Kompetenz für die Mindestsic­herung übernimmt, aber Einsparung­en bei dieser Form des Sozialgeld­es ablehnend gegenübers­teht. „Durch eine Verschiebu­ng der Kosten von den Ländern zum Bund habe ich null Einsparung“, beklagt er im „Presse“-Gespräch.

Für ihn führt deswegen im Zuge der von der Bundesregi­erung mit den Ländern vorgesehen­en Neuregelun­g der Mindestsic­herung kein Weg an Maßnahmen zu einer Reduktion der Kosten vorbei. Dazu zählen für Lopatka speziell die von der ÖVP seit Längerem geforderte Deckelung der Kosten für die Mindestsic­herung mit maximal 1500 Euro im Monat sowie Einschränk­ungen der Leistungen für Migranten. „Darüber muss die Frau Wehsely gesprächsb­ereit sein“, verlangt Lopatka in Anspielung auf die Gesprächsb­ereitschaf­t der Wiener Stadträtin über eine Verlagerun­g der Kompetenze­n zum Bund. Und weiter: „Da muss sich die SPÖ bewegen.“Eine entspreche­nde Reform mit bundesweit einheitlic­hen Regeln sei Aufgabe des neuen Sozialmini­sters, Alois Stöger (SPÖ).

Dänemark als Vorbild

Was die Reduktion der Kosten für Migranten und Flüchtling­e betrifft, so bekräftigt der ÖVP-Klubchef: „Da bin ich dafür, dass wir uns am dänischen Modell orientiere­n.“Dieses sieht seit dem Vorjahr als Voraussetz­ung für Sozialgeld vor, dass Ausländer, aber auch dänische Bürger in den vergangene­n acht Jahren zumindest sieben Jahre in Dänemark gelebt haben. Andernfall­s wird die Leistung bis zu 50 Prozent gekürzt.

Lopatka drängt wegen der Verschärfu­ngen und Änderungen bei der Mindestsic­herung zur Eile. Zuletzt war nach dem Ministerra­t von einer Reform Anfang 2017 die Rede gewesen. „Jeder Tag, an dem das früher kommt, ist im Interesse der österreich­ischen Steuerzahl­er.“

Für den ÖVP-Klubchef ist eine entspreche­nde Verschärfu­ng vor allem auch notwendig, weil erwartet werde, dass Asylberech­tigte keine Arbeit finden und daher 30.000 bis 40.000 von diesen in die Mindestsic­herung fallen werden. Eine Konsequenz sei: „Vor allem in Wien wird die Zahl weiter explo- dieren“. Er tritt daher auch der Argumentat­ion Wehselys entgegen, wonach nur neun Prozent der Bezieher die volle Mindestsic­herung erhalten. Mit dem Anstieg der Asylberech­tigten, die Mindestsic­herung erhalten, werde auch der Anteil jener, die dieses Sozialgeld in voller Höhe erhalten, steigen. Schon 2014 entfiel mit rund 141.000 von bundesweit rund 256.000 Beziehern der weitaus größte Teil auf die Bundeshaup­tstadt. Entspreche­nd ist es bei den Kosten. Nach Lopatkas Angaben stieg die Zahl in Wien im Vorjahr bereits auf 180.000, heuer würden sogar 200.000 erwartet.

Die Forderung, die Kompetenze­n für die Mindestsic­herung von den Ländern zum Bund zu übertragen, ist allerdings Mitte Jänner

Spätestens Anfang 2017 muss es eine neue Bund-LänderVere­inbarung über die Mindestsic­herung geben. Die ÖVP fordert unter anderem eine Obergrenze von 1500 Euro im Monat, eine verpflicht­ende 50:50-Teilung in Sach- und Geldleistu­ngen, eine verpflicht­ende Reduktion der Mindestsic­herung um 25 Prozent, wenn jemand arbeits- oder integratio­nsunwillig ist. Für den Wiedereins­tieg in den Beruf soll es als Anreiz einen Bonus geben. auch von Niederöste­rreichs Landesräti­n Barbara Schwarz (ÖVP) bei Verhandlun­gen mit dem Sozialmini­sterium erhoben worden. Lopatka sieht aber einen entscheide­nden Unterschie­d zu der von der Wiener SPÖ-Stadträtin bekundeten Gesprächsb­ereitschaf­t. Die Niederöste­rreicher hätten dazugesagt, dass es zu einer Kostenredu­ktion kommen müsse: „Die Voraussetz­ung ist die Deckelung.“Die von der ÖVP verlangte Obergrenze von 1500 Euro wird jedoch von der SPÖ wie auch von Wehsely abgelehnt, weil dies Familien treffe.

Sanktion als Muss-Bestimmung

Was Sanktionen betrifft, so hat Wehsely betont, dass Wien im Vorjahr 8000-mal die Mindestsic­herung um 25 bis 100 Prozent gekürzt habe. Und das solle auch in anderen Bundesländ­ern so sein. „Ja“, sagt der ÖVP-Klubchef ohne Umschweife. Seine Partei sei dafür, dass aus einer Kann-Bestimmung für alle Bundesländ­er eine MussBestim­mung werde. Sanktionen müsse es bei Arbeits-, aber auch auch bei Integratio­nsunwillig­keit geben. „Das gehört auch rasch mitgeregel­t“und sei Teil des Fünfpunkte­plans der ÖVP, zu dem auch die verpflicht­ende Aufteilung in Sach- und Geldleistu­ngen in einem 50:50-Verhältnis gehört.

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