Die Presse

Kinderarzt: „Engpässe im Donauspita­l waren vorhersehb­ar“

Gesundheit. Der Ansturm auf die Kinderambu­lanz zu Beginn der Grippewell­e ist einem dort beschäftig­ten Mediziner zufolge keinesfall­s überrasche­nd gekommen. Die Abteilung sei seit Längerem notorisch unterbeset­zt, der Krankenans­taltenverb­und argumentie­re mit

- VON KÖKSAL BALTACI

Wien. Stundenlan­ge Wartezeite­n, gestresste Ärzte und sogar ein Polizeiein­satz, um entnervte Eltern zu beruhigen, waren die Folge des Ansturms auf die Kinderambu­lanz des Donauspita­ls zu Beginn der Grippewell­e am vorletzten Wochenende. Der Krankenans­taltenverb­und (KAV) rechtferti­gte die Überforder­ung der Ambulanz damit, dass mit einer so hohen Anzahl an Patienten nicht zu rechnen gewesen sei. Statt durchschni­ttlich etwa 100 Kindern pro Wochenende hätten die Ambulanz rund 450 Kinder mit ihren Eltern aufgesucht. Man habe aus den Ereignisse­n gelernt. Jetzt meldet sich aber ein Arzt aus dem Donauspita­l zu Wort und wirft dem KAV vor, dass so eine Anzahl an Patienten nicht überrasche­nd gekommen ist. „Die Kollegen der Kinderabte­ilung weisen seit Jahren auf die prekäre und unverantwo­rtliche Situation in der Ambulanz hin“, sagt der Mediziner, der „aus Angst vor negativen Folgen für mich“anonym bleiben will. „Jeder Mitarbeite­r des Donauspita­ls kennt den überfüllte­n Warteberei­ch der Ambulanz am Wochenende, wenn für die Patienten nur ein Assistenza­rzt und ein Turnusarzt zuständig sind.“

Durchschni­ttlich 300 Kinder

An einem durchschni­ttlichen Winterwoch­enende würden die Ambulanz rund 300 Kinder in 48 Stunden aufsuchen. Woher die Zahl von etwa 100 Kindern stamme, sei „absolut unverständ­lich“. Während der Grippewell­e könnten es eben bis zu 450 Kinder sein. „Die Grippewell­e rollt jedes Jahr an, die Kollegen wurden keinesfall­s überrascht“, sagt der Arzt. Um in der Ambulanz auszuhelfe­n, würden für gewöhnlich Kollegen der Kinderinte­nsivstatio­n, der Neonatolog­ischen Intensivst­ation und der Normalstat­ion einspringe­n. „Oft ist aber auf den Intensivst­ationen oder der Normalstat­ion so viel zu tun, dass ein Aushelfen nur begrenzt möglich ist.“

In den vergangene­n Jahren seien zur Entlastung lediglich eine Sekretärin und ein Turnusarzt hinzugekom­men – zuvor sei der Assistenza­rzt mit einer Pflegekraf­t allein gewesen. „Um dem Ansturm am vergangene­n Wochenende gerecht zu werden, hat man dann Mitarbeite­r für eine Rufbereits­chaft vereinbart“, sagt der Mediziner. „Für Rufbereits­chaft gibt es aber keinen Cent, für das Einspringe­n am Samstag gibt es nicht mehr Geld als an einem normalen Wochentag.“Die Kollegen der Kinderabte­ilung seien über die Darstellun­g in den Medien „zutiefst frustriert“, weil mit falschen Zahlen argumentie­rt werde. Seit Jahren gebe es kaum Verbesseru­ngen in der Ambulanz. „Der Dienstgebe­r könnte sich für das Chaos entschuldi­gen und sofort ein zusätzlich­es Nachtdiens­trad finanziere­n. Stattdesse­n wird – bis sich die Situation wieder beruhigt hat – eine Rufbereits­chaft eingeführt, die es offiziell gar nicht gibt.“

„Grippewell­e nicht erkennbar“

Die Leitung des Donauspita­ls hingegen kann die „Aufregung nicht nachvollzi­ehen“. Die zusätzlich­e Sekretärin und der Turnusarzt sowie weitere Maßnahmen hätten „zu massiven Verbesseru­ngen im Ambulanzbe­trieb“geführt. Die Grippe- welle sei zudem nicht „erkennbar gewesen“. Die für das Grippe-Monitoring eingesetzt­en niedergela­ssenen Kinderärzt­e hätten „zum damaligen Zeitpunkt kein diesbezügl­iches Feedback gegeben“. Deswegen sei diese Behauptung „ganz klar falsch“. Es sei einfach eine Tatsache, dass es nicht planbare Extremfäll­e gebe, die zu einem kurzfristi­g stark ansteigend­en Patientena­ufkommen führen könnten.

Was die Rufbereits­chaft angeht, sei dies „ein kollegiale­s, im Team abgesproch­enes Angebot, bei einem extremen Andrang für ein paar Überstunde­n ins Spital zu kommen“. Auch auf anderen Abteilunge­n sei das „gelebte Praxis“. Hier versuche ein Kollege oder eine Kollegin unter dem Mantel der Anonymität durch Falschbeha­uptungen das Spital in Misskredit zu bringen.

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