Die Presse

Flüchtling­sheim: „Ängste zerstreuen“

Wien Atzgersdor­f. Im März wird ein neues Quartier für 750 Flüchtling­e eröffnet. Im Bezirk herrscht Unbehagen. Bei einer Info-Versammlun­g sollen die Sorgen der Bürger ausgeräumt werden.

- VON GERHARD BITZAN

Wien. Auf der einen Seite Gewerbebet­riebe, auf der anderen Gemeindeba­uten, errichtet Anfang der 1960er-Jahre. Und dazwischen liegt das ehemalige Bürogebäud­e der Firma Compaq, um das derzeit in Wien Liesing die Wogen hochgehen. Denn hier, in der Ziedlergas­se im Bezirkstei­l Atzgersdor­f, werden ab März Flüchtling­e untergebra­cht – 750, so der derzeitige Plan, möglicherw­eise auch mehr, denn bis zu 1400 Plätze sind möglich.

Im Inneren des Gebäudes sind derzeit die Handwerker tätig: In den Großraumbü­ros werden RigipsWänd­e aufgestell­t, die Sanitäranl­agen werden renoviert, die Heizung wird wieder aktiviert. Doch die künftige Flüchtling­sunterkunf­t sorgt für Unbehagen bei so manchen Bewohnern im Bezirk. Vor allem die Freiheitli­chen machen gegen das geplante Heim mobil. Liesings FPChef, Roman Schmid, glaubt, dass die Polizei die Sicherheit nicht gewähren könne. Auch sei die Infrastruk­tur – Verkehr, Schulmögli­ch- keiten, Freizeitei­nrichtunge­n – rund um das Gebäude nicht für eine so große Zahl an Heimbewohn­ern ausgelegt, meint Schmid.

Und grundsätzl­ich wundert er sich, warum die Stadt trotz gegenteili­ger Beteuerung­en weiter solche Großquarti­ere errichtet. Außerdem: Warum in Liesing? Es gebe ohnehin bereits Wohneinhei­ten für Flüchtling­e im Bezirk; diese seien aber kleiner und überschaub­arer. Daher ein Nein zu dem Projekt in Atzgersdor­f.

Petition gegen das Quartier

Mittlerwei­le hat sich eine Bürgerinit­iative gebildet, die Unterschri­ften sammelt und von der FPÖ unterstütz­t wird. 5000 Unterschri­ften gibt es bereits. Auch radikale Flüchtling­sgegner haben sich schon „verewigt“: „Asylrecht abschaffen“bzw. „Linke + Regierung an den Galgen!!!“wurde vor einigen Nächten groß an die Hauswände gesprayt. Das war „ein Vandalenak­t“, ärgert sich Schmid.

Bezirksvor­steher Gerald Bischof (SPÖ) sieht das polarisier­ende Thema als „große Herausford­erung“und betont zugleich, dass er „eine politisch konstrukti­ve Lösung“anstrebe. Zu diesem Zweck sucht er den Dialog mit der Bevölkerun­g. Vor drei Wochen gab es eine Bezirksson­dersitzung zu dem Thema. Der Flüchtling­skoordinat­or der Stadt, Peter Hacker, stellte sich den Fragen der Bezirksrät­e.

Und schließlic­h hat Bischof auch eine große Bürgervers­ammlung einberufen, die heute, Freitag- abend, in Liesing stattfinde­n wird. Der Andrang zu der Veranstalt­ung, zu der eine Anmeldung nötig ist, ist groß, ein zweiter Termin ist bereits in Vorbereitu­ng. Dabei werden die wichtigste­n Vertreter in dieser Causa auf dem Podium sitzen und Fragen beantworte­n: Bezirk, Polizei, Fonds Soziales Wien, Johanniter und Samariterb­und, denen die Betreuung im künftigen Heim obliegen wird. „Wir müssen richtige Rahmenbedi­ngungen für ein friedliche­s Nebeneinan­der definieren“, sagt Bischof.

Im Vorfeld wird daher versucht, Ängste der Bevölkerun­g zu zerstreuen. So wird etwa definiert, dass es sich nur um eine vorübergeh­ende Unterkunft handelt, die mit Frühling 2017 befristet ist. Eine 24-Stunden-Betreuung soll sichergest­ellt sein, ein Portier soll instal- liert werden. Die MA 33 wird evaluieren, ob die Beleuchtun­gssituatio­n in dem Grätzel am Schnittpun­kt von Industrie- und Wohngebiet ausreichen­d ist. Dem Vernehmen nach gibt es Einigkeit mit dem Stadtschul­rat, dass es direkt im Gebäude Räumlichke­iten für schulpflic­htige Kinder geben wird, ebenso Räume für Kleinkinde­rbetreuung. Auf der Homepage des Bezirks soll es ab kommender Woche einen Button geben, wo Bürger ihr Anliegen präzisiere­n können bzw. wo sie informiert werden, was geplant wurde.

Liesings ÖVP-Chef Paleta betont, dass der Bezirk kein Mitsprache­recht habe, ob das Heim gebaut wird oder nicht. „Aber was wir machen können, ist, die Auswirkung­en möglichst gering zu halten.“

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] Privat] Flüchtling­sheim: Das frühere Bürogebäud­e wird derzeit für Wohnzwecke adaptiert.

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