Anleger fliehen aus Bankaktien
Die Angst vor einer Abschwächung der Konjunktur macht die Investoren nervös. Sie flüchten in sichere Häfen: Der Goldpreis kletterte auf den höchsten Stand seit rund einem Jahr.
Wien. Kleines Feuer oder Flächenbrand? An den Börsen ist jedenfalls Panik angesagt. Anleger flohen am Donnerstag scharenweise aus Banktiteln, was die meistens Indizes nach unten zog. Der europäischen Bankenindex verlor im Tagesverlauf zeitweise mehr als sechs Prozent und notierte auf dem Stand vom Sommer 2012. Die Kosten zur Absicherung von Kreditausfällen erhöhten sich ebenfalls. Sie stiegen wiederum auf den höchsten Wert seit etwa dreieinhalb Jahren. „Es herrscht Panikstimmung an den Börsen“, sagte Andreas Paciorek vom Brokerhaus CMC Markets.
Am Donnerstag hatte die französische Großbank Societ´e´ Gen´e-´ rale ihre Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr vorgelegt. Zwar konnte das Institut seinen Gewinn um rund 47 Prozent auf vier Mrd. Euro steigern. Das Schlussquartal enttäuschte die Anleger jedoch. Das Geldhaus muss für Rechtsstreitigkeiten rund 400 Mio. Euro zurücklegen, was die Vorsorgen auf 1,7 Mrd. Euro hievte. Den Aktionären gefiel diese Entwicklung nicht. Die Aktie verlor im Tagesverlauf rund 15 Prozent ihres Werts. Seit Jahresbeginn ging es für das Papier bereits 34 Prozent bergab.
Den deutschen Geldhäusern erging es kaum besser. Nachdem sich die Aktien der Deutschen Bank noch am Mittwoch in der Spitze um 17 Prozent verteuert hatten, ging es am Donnerstag wieder bergab. Am Nachmittag gehörten die Papiere mit einem Minus von sechs Prozent zu den größten Verlieren im Leitindex DAX. Dicht gefolgt von der Commerzbank, die um fast fünf Prozent nachgab. „Ich glaube, dass das ein Stück weit auch Marktübertreibungen sind“, sagte Deutschlands Finanzminister, Wolfgang Schäuble.
Auch in Italien gerieten Finanzwerte unter Druck. Zum wiederholten Male musste der Handel mit Papieren der Bank-AustriaMutter UniCredit vom Handel aus- gesetzt werden. Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan rückte aus, um einen Zusammenhang zwischen der Volatilität der Bankaktien und einer strukturellen Schwäche des Bankensystems in Abrede zu stellen. Die italienischen Häuser sitzen auf einem 200 Mrd. Euro schweren Berg fauler Kredite. Die Regierung arbeitet derzeit daran, die Gesundung des Sektors voranzutreiben.
In den Bilanzen zahlreicher Institute schlummern noch Altlasten aus der Finanzkrise, zusätzlich sorgt der niedrige Ölpreis für Bedenken. Kreditausfälle im Energiesektor könnten den Geldhäusern zu schaffen machen. Angesichts der niedrigen Zinsen fällt es den Banken zudem schwer, ausreichend Gewinne zu erwirtschaften, was auf ihre Margen drückt.
All dies ist Teil eines größeren Problems: Der Konjunkturmotor läuft nicht so flott wie angenommen. Selbst die US-Wirtschaft, auf die viele zuletzt noch gesetzt haben, scheint zu schwächeln. Signale aus dem Dienstleistungssektor ließen zuletzt entsprechende Befürchtungen aufkommen. Janet Yellen, die Chefin der US-Notenbank, sagte am Mittwoch vor dem Parlamentsausschuss, dass das Finanzumfeld in jüngster Zeit weniger günstig für das US-Wachstum sei, was Auswirkungen auf die Konjunktur und den Arbeitsmarkt haben könne. Aussagen zur Zinspolitik gab es diesmal zwar keine, allerdings dürfte in nächster Zeit keine Leitzinserhöhung anstehen.
Yen und Franken gefragt
Die unsichere Lage auf den Märkten trieb die Anleger in sichere Häfen. Der Goldpreis kletterte mit 1247 je Unze (plus vier Prozent) auf ein Zwölfmonatshoch. Die Rendite deutscher Bundesanleihen gab auf 0,18 Prozent nach. Auf dem Devisenmarkt waren nicht nur der japanische Yen, sondern auch der Schweizer Franken und die Schwedische Krone gefragt. (ag./nst)