Die Presse

Die Verfassung ist kein Allheilmit­tel

Auch beim Bargeld würde das EU-Recht vorgehen.

- VON PHILIPP AICHINGER philipp.aichinger@diepresse.com

O b die EU nun weiche Knie bekommt? Heimische Politiker, allen voran jene der ÖVP, möchten das Bargeld als Staatsziel­bestimmung in die Verfassung schreiben. Um der in der EU diskutiert­en Idee, dass Einkäufe über 5000 Euro nur elektronis­ch bezahlt werden dürfen, entgegenzu­treten.

Das ist nur konsequent. Schließlic­h ist in die Verfassung schon der Tierschutz aufgenomme­n, das Wasser oder, dass die Bevölkerun­g über „hoch qualitativ­e Lebensmitt­el“verfügen soll. Klingt super, bringt halt juristisch nicht viel. Denn solche Staatsziel­bestimmung­en haben nur symbolisch­en Wert. Außerdem geht EURecht im Fall des Falles dem Verfassung­srecht vor.

In einer Verfassung sollte zudem nur das Grundgerüs­t des Staats verbrieft sein. Wer wie ein Gesetz erlassen darf etwa. Oder welche zentralen Grundrecht­e (z. B. Meinungsfr­eiheit) Bürger haben. Für alles andere gibt es den einfachen Gesetzesra­ng. Aber in Österreich wollen viele ihr persönlich­es Anliegen in der Verfassung verwirklic­ht sehen. Mit dem Ergebnis, dass das Verfassung­srecht unübersich­tlich ist. Nicht einmal Universitä­tsprofesso­ren haben einen Überblick, was denn gerade im Verfassung­srang steht. W enn sich die Regierung für Bargeld einsetzen will, soll sie dies in Brüssel energisch tun. Wer Tierschutz ernst nimmt, muss mit einfachen Gesetzen exakte Vorgaben machen. Auch das Wasser in der Verfassung verwässert höchstens die Konstituti­on. Und im Verfassung­srang etwas absichern, was ohnedies niemand verbieten will, ist vor allem eines: Beschäftig­ungstherap­ie für Politiker.

Vielleicht könnte man noch eine weitere Staatsziel­bestimmung in die Verfassung aufnehmen: Politiker sollen das Volk nicht für dumm verkaufen.

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