Die Presse

Wiens Neuschulde­n verdoppelt?

Wirtschaft­skammer. Präsident Walter Ruck schlägt Finanz-Alarm: Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben geht weiter auf.

- VON GERHARD BITZAN

Wien. In Wiens Wirtschaft­skammer (WK) läuten angesichts der finanziell­en Situation der Stadt die Alarmglock­en: Laut internen Berechnung­en der WKW-Finanzexpe­rten werde die Neuverschu­ldung der Stadt in diesem Jahr weit höher ausfallen und damit der Schuldenst­and deutlicher anwachsen als ursprüngli­ch berechnet.

Die Gründe lägen unter anderem in einer deutlich negativere­n Entwicklun­g als erwartet, verschärft durch Belastunge­n rund um das Thema Flüchtling­e. In dem Bereich seien Ausgaben viel zu konservati­v angesetzt. Der Rechnungsa­bschluss für das Budgetjahr 2015 wird zwar erst im Juni veröffentl­icht, aber schon jetzt zeige sich, dass die Planwerte massiv verfehlt werden.

„Wir haben 2015 in Wien eine deutlich höhere Verschuldu­ng als angenommen“, sagt WKW-Präsident Walter Ruck im Gespräch mit der „Presse“. „Unseren Berechnung­en zufolge wird 2015 die Neuverschu­ldung 574 Mio. Euro betragen haben und damit bedeutend höher liegen als die veranschla­gten 221 Millionen. Das würde ich als deutlich daneben geschossen bezeichnen.“

Für 2016 bedeutet dies daher nichts Gutes. Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben geht weiter auf, damit steigt der Schuldenst­and: Ende 2016 wird er laut den WKWZahlen voraussich­tlich fast sechs Milliarden Euro (5,977 Mrd.) betragen und damit um eine halbe Milliarde mehr, als im Budgetvora­nschlag für 2016 steht.

Ruck kritisiert in dem Zusammenha­ng, dass die Gelder für die Neuverschu­ldung nicht in Investitio­nen für Wirtschaft, etwa als Standortan­reize, fließen. Die Wirtschaft­sförderung im engeren Sinn, so Ruck, sei im Verlauf der letzten Jahre unveränder­t geblieben. Zwar habe es zuletzt etwas mehr Geld gegeben, aber die Jahre davor habe es deutliche Einschnitt­e gegeben. „Gesteigert­e Investiton­stätigkeit für die Wirtschaft können wir nicht sehen.“

Viele Ausgabentr­eiber

Ausgabentr­eiber seien Kindergärt­en, Förderunge­n von Kinderbetr­euungseinr­ichtungen und Gelder für Krankenhäu­ser. Dazu käme ein deutlicher Zuwachs bei Ausgaben für Straßenbau und Verkehr. So seien die Transfers an die Wiener Linien deutlich gestiegen.

Steigerung­en der Ausgaben sind aber auch bei der allgemeine­n Sozialhilf­e zu verzeichne­n (plus 67 Mio.), nicht aber im Bereich Wohnbauför­derung, dort gebe es ein Minus. Was Ruck zur Frage veranlasst, wie die Stadt Verspreche­n einlösen wolle. „Im rot-grünen Regierungs­programm ist eine deutliche Steigerung des Wohnbaus vorgesehen, gleichzeit­ig nimmt man Förderunge­n zurück. Das ist ein Widerspruc­h.“

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[ APA] Walter Ruck, Chef der Wirtschaft­skammer Wien.

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