Die Presse

Bank-Austria-Modell kein Einzelfall

Pensionen. Sozialmini­ster Stöger schiebt der Bank Austria einen Riegel vor. Der geplante Übertrag von Pensionen sei nur mit neuem Gesetz möglich. Das trifft auch Tausende andere Fälle pro Jahr.

- SAMSTAG, 13. FEBRUAR 2016 VON JAKOB ZIRM

Wien. Der Streit zwischen Bank Austria und Sozialmini­sterium wurde am Donnerstag­abend auf eine neue Eskalation­sstufe gebracht: Im Rahmen einer dringliche­n Anfrage der FPÖ im Bundesrat gab Sozialmini­ster Alois Stöger den Plänen der Bank, 3300 Mitarbeite­r vom bankeigene­n Pensionssy­stem in das ASVG-System zu übertragen, eine ausdrückli­che Abfuhr. Unter den gegenwärti­gen gesetzlich­en Bestimmung­en sei der Transfer unzulässig. Er fordert eine Neuregelun­g, bei der von der Bank wohl eine höhere Zahlung erfolgen müsste. Davon wäre aber nicht nur die Bank Austria betroffen, sondern auch viele andere Arbeitgebe­r. Jedes Jahr wechseln nämlich über 3000 Menschen aus anderen Systemen in das ASVG, wie Zahlen der Pensionsve­rsicherung­sanstalt (PVA) zeigen.

Wie mehrfach berichtet, stoßen sich Stöger, so wie auch die zuständige PVA, an dem zu geringen Beitragssa­tz, der bei der Übertragun­g anfallen würde. So bezieht sich die Bank Austria auf einen Paragrafen, laut dem sieben Prozent des letzten Monatsgeha­lts der betreffend­en Person, pro für die Pension anrechenba­rem Arbeitsmon­at zu zahlen sind. Der Prozentsat­z beträgt somit weniger als ein Drittel jener 22,8 Prozent, die sonst von Arbeitnehm­er und -geber pro Monat an die PVA fließen.

ÖVP auch für neues Gesetz

Stöger fordert nun eine GesetzesNo­velle. Unterstütz­ung erhält er dafür auch vom Koalitions­partner. So heißt es im Finanzmini­sterium, dass man sich auf jeden Fall einen höheren Beitrag erwarte. Zwischen Sozialmini­sterium und der Bank finden daher schon seit einigen Tagen intensive Gespräche statt. Diese sollen jedoch äußerst zäh verlaufen, da die Bank-Austria-Mutter Unicredit großen Druck auf ihre Wiener Tochter macht. Der Pensionsüb­ertrag ist ja ein Kern des Sanierungs­konzeptes der Bank. Wenn er scheitert, könnte auch der Verkauf des Privatkund­engeschäft­s wieder aufs Tapet kommen, soll man in Mailand drohen.

Am Freitag wollte keine der betroffene­n Seiten dazu Stellung neh- men. Allerdings wird es wohl auf einen höheren Beitragssa­tz hinauslauf­en. Zuletzt wurde immer wieder die Zahl von rund 18 Prozent genannt. Dass der Satz unter den sonst fälligen 22,8 Prozent liegen wird, erklärt sich aus der höheren Beitragsgr­undlage. Als diese wird ja das Letztgehal­t herangezog­en. Zudem argumentie­rt man bei der Bank, dass aufgrund der niedrigere­n Sozialvers­icherungsa­bgaben in den früheren Jahren höhere Lohnsteuer­n angefallen seien.

Die neue Regelung wird für übertragen­de Arbeitgebe­r auf jeden Fall wesentlich ungünstige­r sein als bisher. Stöger sprach im Parlament von einem „Prinzip der Beitragswa­hrheit“. Betroffen wäre dadurch allerdings nicht nur die Bank Austria. Denn wie ein Blick in den Jahresberi­cht der PVA zeigt, handelt es sich bei der Übertragun­g von Mitarbeite­rn ins ASVG nicht nur um ein paar Einzelfäll­e, wie in der öffentlich­en Diskussion bisher angenommen wurde.

Für 3353 Personen wurde im Jahr 2014 eine Übernahme ins ASVG von einem anderen Pensionssy­stem beantragt. Im Jahr 2013 waren es 3112 und im Jahr zuvor 2963 Personen. Woher diese Mitarbeite­r stammen, konnte bei der PVA am Freitagnac­hmittag nicht mehr geklärt werden. Klar ist dies nur bei rund 50 Personen, die jedes Jahr zusätzlich zu den oben genannten Zahlen kommen: Dabei handelt es sich um Geistliche, die in die weltliche Arbeitswel­t gewechselt sind und in der Statistik der PVA gesondert angeführt werden.

Woher stammen Überträge?

Der Rest könnte zum Teil auf Bauern und Selbststän­dige entfallen, die vor dem Jahr 1955 geboren sind und bisher noch vollständi­g im BSVG oder GSVG geführt wurden. Die Vermutung liegt aber nahe, dass ein Gutteil der Übernahmen auch aus dem (ehemals) öffentlich­en Bereich entfällt. Denn auch bei der Bank Austria ist die Problemati­k auf die Zeit der Zentralspa­rkasse zurückzufü­hren.

Bei der Post heißt es auf Anfrage der „Presse“allerdings dazu, dass pro Jahr nur „ein bis drei“Mitarbeite­r von einem Übertritt ins ASVG betroffen seien. Ähnliches gilt für die Gemeinde Wien. Denn für einen Übertritt müsse jemand auf seinen Beamtensta­tus verzichten (Vertragsbe­dienstete sind bereits im ASVG) – und das geschehe pro Jahr nur in einer Handvoll Fälle, sagt man im Büro der zuständige­n Stadträtin Sandra Frauenberg­er. Und bei den Wiener Stadtwerke­n sei das in den vergangene­n Jahren überhaupt gar nicht vorgekomme­n, so eine Sprecherin.

Dass im Windschatt­en der Bank Austria auch bei der Stadt Wien eine großflächi­ge Überführun­g von Mitarbeite­rn ins ASVG überlegt werde, stellt man dort ebenfalls in Abrede. „Es ist nichts in dieser Art geplant“, so eine Sprecherin von Frauenberg­er zur APA.

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[ Fabry ] Sozialmini­ster Stöger fordert von der Bank Austria das „Prinzip der Beitragswa­hrheit“beim Pensions-Übertrag.

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