Die Presse

Herr Stöger und die Beitragswa­hrheit

Die Bank Austria kann sich ihrer Pensionist­en nicht so leicht entledigen.

- Josef.urschitz@diepresse.com

S ozialminis­ter Alois Stöger hat vorgestern im Bundesrat einen bemerkensw­erten Satz von sich gegeben: Die von der Bank Austria angestrebt­e Übertragun­g der Pensionsan­sprüche von 3300 Mitarbeite­rn ins ASVG müsse dem „Prinzip der Beitragswa­hrheit“entspreche­n.

Das ist zuerst einmal politisch lustig: Stellt sich der SPÖ-Sozialmini­ster damit doch gegen eine Maßnahme, die seinen Wiener Parteifreu­nden durchaus zupass käme. Und bekommt dafür auch noch Unterstütz­ung von Bundesländ­er-Sozialiste­n. Wir dürfen uns für das Match Stöger gegen Häupl also schon einmal Popcorn bereitstel­len, wenngleich es eine eher einseitige Angelegenh­eit werden könnte.

In der Sache selbst wäre damit aber eigentlich alles geklärt: Die Bank hat 1,9 Mrd. Euro für die von ihr zu bezahlende­n Pensionen zurückgest­ellt. Anzunehmen, dass diese (unterdesse­n in Vorfreude schon aufgelöste) Rückstellu­ng nicht nach der Zufallsmet­hode, sondern nach versicheru­ngsmathema­tischen Prinzipien gebildet worden ist.

Der Beitragswa­hrheit würde es also wohl entspreche­n, wenn die Bank diese 1,9 Mrd. Euro zur Gänze in die PVA hinübersch­aufelt und künftig für ihre nun dem ASVG-Pensionssy­stem anvertraut­en Arbeitnehm­er brav 12,55 Prozent Arbeitgebe­rbeitrag leistet. D ass die Bank sich das irgendwie anders vorgestell­t hat, ist ihr Pech: Das österreich­ische Pensionssy­stem ist nicht zur Sanierung von italienisc­hen Banken da und die Verwendung von Pensionsrü­ckstellung­en für Gewinnauff­ettung und beabsichti­gte großzügige Golden Handshakes für 55-jährige Mitarbeite­r ist schlichter Missbrauch.

Blöd allerdings, dass diese Form von gehobenem Sozialschm­arotzertum in Österreich von staatsnahe­n Unternehme­n wie der Post durchaus schon praktizier­t wurde – und dass dieser Sündenfall in ein Gesetz gegossen wurde, auf das sich die Bank nun berufen kann.

Das gehört schleunigs­t repariert. Oder müssen wir wirklich warten, bis uns die EU das aus der Hand nimmt und die Übernahme von privaten Verpflicht­ungen durch den Staat als das klassifizi­ert, was sie ist: eine verbotene Beihilfe?

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