Die Presse

OMV: Das Ausmisten hat begonnen

Verkauf. Rainer Seele verliert mit dem Umbau der OMV keine Zeit. Er verabschie­det sich aus der Türkei und wirft die Petrol-Ofisi-Tankstelle­n auf den Markt. Und bald wohl auch ein Gaskraftwe­rk.

- VON MATTHIAS AUER

Wien. Allzu groß dürfte die Überraschu­ng nicht ausfallen, wenn der OMV-Chef, Rainer Seele, nächste Woche die neue Strategie des teilstaatl­ichen Energiekon­zerns bekannt geben wird. Der Deutsche lässt schon im Vorfeld keine Zweifel aufkommen, wo er die Zukunft des Unternehme­ns sieht – und wo nicht. Um seine Zieldestin­ation Russland zu erreichen, stoppt Rainer Seele derzeit alte Projekte und verlässt frühere Kernmärkte, ohne mit der Wimper zu zucken.

Das erste wirklich prominente Opfer ist die Türkei.

Teures Abenteuer Türkei

Am Freitag gab das Unternehme­n bekannt, die 1785 Tankstelle­n der türkischen Tochter, Petrol Ofisi, auf den Markt werfen zu wollen. Die OMV hatte die Petrol Ofisi erst vor fünf Jahren zur Gänze übernommen – und in Summe mehr als zwei Milliarden Euro dort investiert. Geld, das so nie zurück verdient werden konnte. In besseren Jahren (2012) lieferte die Petrol Ofisi 157 Mio. Euro Ergebnisbe­itrag, in schlechter­en (2014) waren es 105 Mio. Euro. Vor einem Jahr musste die OMV ihre Tochter um 340 Millionen Euro wertberich­tigen, weil der türkische Staat immer intensiver ins Geschäft eingriff.

Nun zieht Rainer Seele die Reißleine und startet den Rückzug aus der Türkei. Als wirklich günstig galt der Zukauf der Petrol Ofisi nie. „Wir wissen, dass wir eine Prämie für die langfristi­g guten Aussichten der Türkei bezahlen“, erklärte Seeles Vorvorgäng­er Wolfgang Ruttenstor­fer nach dem Kauf der ersten 34 Prozent im Jahr 2006. Doch Ruttenstor­fer und auch sein Nachfolger, Gerhard Roiss, sahen die Türkei stets als strategisc­h wichtiges Standbein, um mit der OMV in die Schwarzmee­rregion, den Nahen Osten, den Nordirak und nach Nordafrika vorzustoße­n – und um politische­n Rückenwind für die geplante Nabucco-Pipeline zu erhal- ten. Heute ist die Nabucco-Pipeline tot und der Kompass des neuen OMV-Generals zeigt in eine ganz andere Richtung als der seiner Vorgänger.

Seele sch(l)ießt schnell

Erklärtes Ziel ist die engere Bindung der OMV an den staatlich gelenkten Gazprom-Konzern aus Russland. Das heimische Unternehme­n will künftig in Sibirien nach Gas bohren und mit der Gazprom Gasleitung­en nach Europa legen. Dafür – und für die (verpflicht­enden) Investitio­nen in der Nordsee – braucht die OMV dringend Geld. Doch das ist in der Ölbranche derzeit so knapp wie lang nicht. Der Ölpreis ist am Boden, zudem ist der Konzern mit sechs Mrd. Euro relativ hoch verschulde­t.

Um seine Pläne dennoch zu verwirklic­hen, will Rainer Seele die Ausgaben im heurigen Jahr um 15 Prozent kürzen, Personal abbauen und die aus seiner Sicht weniger wichtigen Assets der OMV zu Geld machen, so schnell es geht: Nur wenige Wochen nach seinem Antritt wurden die umstritten­en Bohrungen vor der adriatisch­en Küste gestoppt, die Beteiligun­g am riesigen Nordseeölf­eld Rosebank abgespeckt, die Gasnetztoc­hter Gas Connect zur Hälfte zum Verkauf gestellt. Etliche Gasunterne­hmen, Versichere­r und Pensionsfo­nds sind interessie­rt.

Einen solchen Andrang kann sich die OMV bei der Petrol Ofisi nicht erwarten. „Man muss die Käufer schon auch finden“, heißt es aus dem Umfeld des Unternehme­ns. Die Situation im Öl- und Gasgeschäf­t sei nun einmal angespannt und der türkische Regulator verbessere die Verkaufsch­ancen nicht gerade. Größter Vorteil für die OMV: Erst im Vorjahr wurden die Pachtvertr­äge für alle PetrolOfis­i-Tanksstell­en verlängert. Der potenziell­e Käufer hätte also zumindest eine gewisse Planungssi­cherheit. Offiziell sagt die OMV weder, wann die Petrol Ofisi spätestens verkauft sein soll, noch wie viel man sich dafür erwartet.

Gaskraftwe­rk soll auch weg

Doch selbst nach einem erfolgreic­hen Verkauf ist mit dem Ausmisten bei der OMV nicht Schluss. Zumindest das Gaskraftwe­rk Samsun an der türkischen Schwarzmee­rküste steht nach millionens­chweren Abschreibu­ngen auf der Abschussli­ste. Noch wurde der Verkaufspr­ozess nicht gestartet. Wohl auch, weil es derzeit mehr unrentable Gaskraftwe­rke auf dem Markt gibt als spendable Käufer.

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[ Bloomberg ] Seele will raus aus der Türkei.

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