Die Presse

Das urplötzlic­he Gold-Comeback

Nach einer starken Woche ist Gold gegenüber Öl so wertvoll wie seit 1892 nicht. Auch der Dollarprei­s bewegt sich manchen Analysten zufolge in Richtung eines neuen Bullenmark­tes.

- VON NIKOLAUS JILCH

Wien. Jahrelang war das Edelmetall Gold das „hässliche Entlein“unter den Anlageklas­sen, seit der Preis im Jahr 2011 einen Höchststan­d von mehr als 1920 Dollar pro Unze erreicht und dann zur Talfahrt angesetzt hat. Aber jetzt ist plötzlich alles anders. Am Donnerstag konnte der Goldpreis um mehr als fünf Prozent zulegen und stand zeitweise bei 1260 Dollar. Zwar kam es am Freitag zu Gewinnmitn­ahmen (der Preis fiel auf 1240 Dollar), aber trotzdem ist unter Analysten schon von einem neuen Bullenmark­t die Rede.

Weil der Ölpreis weiter extrem schwach ist, hat Gold gegenüber Öl sogar seinen historisch­en Höchststan­d erreicht. Noch nie konnte man mit einer Unze Gold mehr Barrel Öl kaufen (mehr als 40). Laut Analysten der Deutschen Bank ist Gold in Öl gemessen jetzt wertvoller als im Jahr 1892, als der letzte Rekord aufgestell­t wurde.

Gartman rät zur Ruhe

Auch der bekannte Milliardär Mark Cuban, bekannt als Besitzer des Basketball­teams Dallas Mavericks, wettet inzwischen auf Gold. „Ich glaube, viele Leute sind sehr verwirrt über die Märkte derzeit. Niemand versteht wirklich, was gerade passiert – mich eingeschlo­ssen. Wenn Händler nicht wissen, was sie tun sollen, dann gehen sie dorthin, wo alle anderen sind, ins Gold“, sagte Cuban dem Fernsehsen­der CNBC. Analyst Dennis Gartman warnte am Freitag aber vor zu großer Euphorie und riet, mit dem Einstieg in das gelbe Metall zu warten, bis der Preis wieder bei 1225 Dollar steht. Langfristi­g sei Gold aber ein gutes Investment.

Manche, so wie der Fondsmanag­er Jeff Gundlach, gehen von einem Anstieg auf 1400 Dollar noch in diesem Jahr aus. Die Geldpoliti­k sei nicht hilfreich, negative Zinsen würden nicht funktionie­ren und die Marktteiln­ehmer hätten inzwischen ihr Vertrauen in die Zentralban­ken verloren, so Gundlach. Dabei sind es ausgerechn­et diese Zentralban­ken, die auch im Goldmarkt eine wichtige Rolle spielen. Als Sektor kaufen sie seit inzwischen sechs Jahren Gold zu, entziehen dem Markt also physisches Metall. Allein im vierten Quartal 2015 haben die Zentralban­k-Käufe um 25 Prozent zugelegt, wie Daten des World Gold Council zeigen. Unter dem Strich lagen die Goldkäufe der Notenbanke­n im Jahr 2015 bei 588,4 Tonnen, also etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Die größten Kunden an den Goldmärkte­n sind Russland und China, die ihre Reserven inzwischen jeden Monat aufstocken. China allein hat im zweiten Halbjahr 103 Tonnen gekauft und steht nun bei insgesamt mehr als 1700 Tonnen. Zum Vergleich: Österreich hat 280 Tonnen, die Eurozone insgesamt etwas mehr als 10.000 Tonnen, und die USA haben 8000 Tonnen. Die westlichen Zentralban­ken kaufen nicht mehr zu, weil sie verglichen mit ihren Währungsre­serven schon relativ viel Gold halten.

Nachfrage stabil

Insgesamt ist die Goldnachfr­age 2015 im Vergleich zu 2014 stabil geblieben, so das World Gold Council. Über alle Sektoren (Schmuck, Investment, Zentralban­ken) wurden 4212 Tonnen Gold gekauft, rund 850 Tonnen davon von Konsumente­n in Indien – und mehr als 1050 Tonnen von Chinesen, die im vergangene­n Jahr mit der starken Abwertung ihrer Landeswähr­ung zu kämpfen hatten. Die Deutschen haben 124 Tonnen Gold gekauft, die Österreich­er rund zwölf Tonnen. Das Angebot an physischem Gold ist indes leicht gesunken: um vier Prozent. Anders als Investoren in „Papiergold“-Produkte wie Exchange Traded Funds (ETF) und Ähnliches halten die Käufer von physischem Gold das Metall meist über einen sehr langen Zeitraum.

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[ Reuters ] Der Goldpreis stieg am Donnerstag um mehr als fünf Prozent.
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