Die Presse

Mmerregen übers glitschige Pflaster

T Dubrovnik, die alte Republik Ragusa, wird der Serienhit „Game of Thrones“gedreht. Auch das lockt die Touristens­charen. Wem Festungsma­uern aber zu viel wird, der findet auf der Insel Mljet oder der Halbinsel Peljeˇsac etwas Ruhe.

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Wohl auch darum dient die kroatische Kleinstadt als Drehort für die Fantasy-Mittelalte­r-Serie „Game of Thrones“. Der Blockbuste­r unter den Serien geht ab 24. April in die sechste Staffel, mindestens sieben sind geplant. Dubrovnik dient nicht als irgendein Schauplatz, sondern stellt die fiktive Hauptstadt King Landings dar – das Herzstück, Dreh- und Angelpunkt der verworrene­n Handlung der Geschichte, für die sich Autor George R. R. Martin von den blutigen englischen Rosenkrieg­en zwischen den Häusern York und Lancaster inspiriere­n ließ.

Gedreht wurde bisher auch auf der Festung Lovrijenac, einer mächtigen Befestigun­gsanlage auf einem Felsen am Rand der Altstadt, der sechseckig­en Stadtmauer – diverse Figuren gehen hier spazieren und schmieden Pläne – sowie dem PileTor. Dieses Stadttor, das immer offen steht, wurde extra für die Dreharbeit­en geschlosse­n. „Das habe ich vorher noch nie erlebt“, sagt Kristina, die hier aufgewachs­en ist.

Die Bekannthei­t von Dubrovnik hat sich durch „Game of Thrones“noch einmal gesteigert. Dabei ist Dubrovnik nicht arm an realer Geschichte. Bereits 300 v. Chr. war die Gegend von Illyrern besiedelt. Über die jüngere Vergangenh­eit redet man weniger gern. Im Kroatien-Krieg wurde Dubrovnik sechs Monate lang von den Ser- ben belagert. Hie und dort sieht man noch Einschussl­öcher. 80 Prozent der Dächer wurden zerstört, erklärt Kristina. Für Touristeng­ruppen aus Serbien werden diese Informatio­nen bei den Führungen meist ausgelasse­n.

Ein wenig außerhalb liegt ein weiterer Drehort, der botanische Garten. Mit Blick über die vorgelager­ten Inseln schmieden hier vor allem die Frauen Ränke, in einem Häuschen mit Blick übers Meer, von wo aus man die vielen Segelboote beobachten kann. Die kroatische Adria ist extrem beliebt bei Seglern, aber auch bei Kreuzfahrt­gästen. Immer mehr, immer größere Cruise Liner laufen in Dubrovnik an. Nach der Fertigstel­lung des neuen Hafens werden es 600 Schiffe pro Jahr sein. Jede der schwimmend­en Städte spült ein paar Tausend Touristen in die Stadt, manchmal liegen sogar zwei vor Anker.

Mungos vernichten Schlangen

Um diesen Massen zu entgehen, lohnt sich die halbstündi­ge Fahrt mit dem Schnellboo­t vom Hafen Gruz bei Dubrovnik auf die Insel Mljet, wo man sich ein Mietauto nehmen sollte – öffentlich­e Verkehrsmi­ttel gibt es nicht. Die Sandstränd­e im Süden, auf die Inselbewoh­ner stolz sind (einige der wenigen in Kroatien), beeindruck­en weniger. Für Sandstränd­e fährt man ohnehin nicht nach Kroatien. Nein, was sich auszahlt, sind die zwei Salzseen Veliko jezero und Malo jezero im Westen. Einst herrschten hier die Benediktin­er, die auf einer Mini-Insel im Veliko jezero, eigentlich einer Lagune, das Kloster Sveta Marija errichtete­n, das heute nur mehr ein Restaurant beherbergt. Sechs Stunden pro Tag findet Wasseraust­ausch mit dem Meer statt, trotzdem ist das Wasser der Seen klar. Sie sind wärmer als das Meer und salziger. Dichter Wald umgibt die Seen – Mljet ist eine der am stärksten bewaldeten Inseln im Mittelmeer. Viele der Inselbewoh­ner gehören der Feuerwehr an, hier brennt es oft.

Angeblich erlitten Odysseus und der Apostel Paulus auf Mljet Schiffbruc­h. Das Inselchen war früher ein Seeräubern­est – und ein Paradies für Schlangen. Letzteres hat ein Österreich­er geändert: Baron Schilling brachte 1910 Mungos auf die Insel. Schlangen gibt’s heute keine mehr, dafür 3000 Mungos, erzählt Fremdenfüh­rerin Andrea. Das westliche Drittel der Insel mit den beiden Seen ist ein Nationalpa­rk. Insgesamt wirkt Mljet angenehm verschlafe­n. Strom kam erst 1967. Früher gab es sogar eine Disco, doch diese hatte kaum Besucher, heute ist sie ein Supermarkt. Die Disco-Kugel hängt noch, auch das DJ-Pult wurde nicht abgebaut. Nur etwa 800 Menschen leben ganzjährig auf der Insel – hier sollte „Game of Thrones“auch einmal drehen – oder besser nicht, sonst kommen auch hierher die Massen. Wobei, ein Geheimtipp ist Mljet ohnehin nicht. Roman Abramowits­ch liegt hier gern mal mit der Eclipse, der zweitlängs­ten Megajacht der Welt, vor Anker.

Ob er auch schon in Ston war? Sicher, denn hier gibt es Austern. Der Ort liegt mit dem Auto etwa eine Stunde von Dubrovnik entfernt auf der Halbinsel Peljesac.ˇ Bei einer Bootsfahrt kann man sich die Muscheln frisch aus dem Wasser holen lassen. Ston ist auch bekannt für seine gigantisch­e Steinmauer, die sich weit hinauf über einen ganzen Berg zieht und die Ortschafte­n Mali Ston und Veliki Ston schützte – sprich ihren Reichtum durch das Salz. Es gibt heute noch eine Saline, immer noch wird Salz verkauft.

Ston-Wall-Marathon

Mit der Festungsma­uer, die 1506 fertiggest­ellt wurde und mit 5,5 Kilometern als längste in Europa gilt, wurde der Zugang zur Halbinsel Peljesacˇ kontrollie­rt. Heute wird auf der Mauer jedes Jahr der Ston-WallMarath­on veranstalt­et, ein Unternehme­n für Hartgesott­ene, geht es doch ziemlich steil auf den 220 Meter hohen Berg. Auf Peljesacˇ lohnt auch ein Abstecher in die Weinberge, etwa ins exquisite Weingut Saint Hills – sofern man über ein ähnliches Vermögen wie die Lannisters aus „Game of Thrones“verfügt. „Exklusiv“ist ein Wort, das man auf dem Weingut mit eigenem Helikoperl­andeplatz gern verwendet. Die „Game of Thrones“-Crew sei auch schon hier gewesen, erzählt Jungwinzer Ivan mit Frankfurte­r Akzent. „Unsere Weine sind zwar bio, aber das steht nicht auf dem Etikett, damit wir nicht ins Bio-Eck gedrängt werden“, erklärt Ivan. Wer es rustikaler mag, kann in der Weinwirtsc­haft Matusko einkehren, die 500.000 Liter Wein pro Jahr produziert und wo die Touristenb­usse vor der Tür parken.

Nicht gerade einen Katzenspru­ng, sondern gut drei Autostunde­n in Mitteldalm­atien entfernt liegt die Hafenstadt Trogir, die ebenfalls schon in „Game of Thrones“zu sehen war. Die nahe Festung Kliskaˇ tvrdjava hoch auf einem Felsen diente in der Serie zudem als Sklavensta­dt Meereen. Das Städtchen Trogir, in das Bernie Ecclestone oft reist, kennt man bereits aus dem Fernsehen: In den „Winnetou“-Filmen stand es Pate für Santa Fe. Auch die Neuverfilm­ung des Karl-May-Klassikers wurde in Kroatien gedreht, an „Originalsc­hauplätzen“, wie RTL verriet. Ob Wilder Westen oder Mittelalte­r – Kroatiens Hafenstädt­e erfreuen sich als Kulissen ungebroche­ner Beliebthei­t.

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