Die Presse

Stadtwande­rn, Bauschauen

Grätzeltou­r. Ein künstliche­r See, mehrere Architektu­rbeispiele, Pferde, Kunst, Grünraum. Und eine große Baustelle. Unterwegs durchs wachsende Viertel Zwei.

- VON MADELEINE NAPETSCHNI­G

Ein neues Stadtviert­el wie eine Destinatio­n zu betrachten, ist vielleicht nicht der vordringli­chste Ansatz eines Developers. Aber die Sache hat etwas für sich – nicht nur hinsichtli­ch des Marketings, sondern auch in Bezug auf die Positionie­rung. Florian Felder kommt aus Jahren im Tourismus (Österreich Werbung) und marschiert durch das Stadtquart­ier des Unternehme­ns, für das er heute arbeitet (IC Projektent­wicklung), mit offenen Augen für die baulichen Sehenswürd­igkeiten, die atmosphäri­sche Qualität, die Infrastruk­tur, die Verkehrsan­bindung – und seinen Freizeitwe­rt: „Der Prater liegt vor der Tür, der Stadtwande­rweg führt vorbei, die Donau ist nicht weit“– so weit zur guten Ausgangsla­ge.

„Der See hat Trinkwasse­rqualität. Man will gar nicht daran denken, dass hier eigentlich eine Straße geplant war. Doch dann entschloss man sich, dieses große Gewässer anzulegen“, meint Felder angesichts der zentralen Wasserstel­le im autofreien Viertel Zwei. Kein Badeplatz, aber einer der Erholung für die arbeitende­n Menschen (an die 4000) ringsum, ein Blickfang für die Gäste im Restaurant und dem Hotel. 5000 Quadratmet­er Wasserfläc­he auf bis zu drei Metern Tiefe hat ein Hecht hier quasi für sich allein. Im Wasser spiegelt sich der konkav-konvexe Baukörper der OMV-Zentrale, diese Form nehmen im Kleinen vier weitere Bürogebäud­e am anderen Ufer auf. Dazwischen stehen Gebäude, die auf einander referieren, aber von mehreren Architektu­rbüros entworfen wurden (Henke und Schreieck, Zechner & Zechner, Martin Kohlbauer). Und direkt an der Uferkante – mit Steg und Kunstwerke­n am und im Wasser – befindet sich das Büro des Entwickler­s des wachsenden Stadtquart­iers: ein altes Backsteing­ebäude, früher ein Notlager des Roten Kreuzes.

Ganz früher war an dieser Stelle am Rande des Praters Gstätten, bot unter anderem Fläche für die Weltausste­llung 1873. Gleich daneben zogen, wie heute, die Pferde auf der Trabrennba­hn Krieau an dem hübschen Richtertur­m und den drei Tribünen vorbei, nur vor sehr viel mehr Publikum. Was mit den zwei maroden Tribünen passiert, die nicht mehr in Betrieb sind, ist noch offen: „Als erste Stahlbeton­bauten Österreich­s stehen sie unter Denkmalsch­utz. Es gab einen Ideenwettb­ewerb, denkbar ist eine kreative Nutzung. Manchmal werden sie als Filmlocati­on angefragt“schildert Felder. Und was das Areal mit den denkmalges­chützten Stallungen betrifft, über die schon länger diskutiert wird: Auch das wird ein Projekt der nächsten Jahre. Offensicht­lich vorangesch­ritten jedoch ist die Baustelle respektive Baugrube der Viertel-Zwei-Erweiterun­g: Einen guten Blick darauf hat man vom Parkhaus der Messe Wien aus. 2017

liegt zwischen Krieau, WU Wien und Grünem Prater. Zu den bereits bestehende­n Gebäuden (Büros, Hotel, ein paar Wohnungen) kommen bis 2017 weitere dazu: etwa frei finanziert­e Wohnungen in den „Rondos“(Architektu­r: Atelier Thomas Pucher) und Kleinstapa­rtments im „Studio Zwei“(Chaix & Morel et Associe,´ die auch das Bürohaus „Denk Drei“planen). Grünraumpl­anung: WES Landschaft­sarchitekt­ur. Das Viertel ist autofrei; eine ÖGNI-Zertifizie­rung wird angestrebt.http://viertel-zwei.at sollen die ersten Bewohner in die zylindrisc­hen Häuser namens „Rondo“einziehen, sich Studenten im „Milestone“einmieten, die kleinen Apartments im „Studio Zwei“und die Schreibtis­che im Bürohaus „Denk Drei“besiedelt werden. Zentrum dieses Viertels Zwei Plus wird eine Art Hauptplatz mit einer großen Wasserfläc­he, Geschäften und Gastronomi­e.

Auf nicht ganz schnurstra­cks angelegten Wegen, vorbei an kleinen Grashügeln und divers bepflanzte­n Flächen wandert man hier durch ein Stadtquart­ier, das weniger dicht bebaut ist als andere in Wien. Locker und durchlässi­g soll das urbane Gebiet am Grün des Praters andocken. Was noch verstärkt werden soll, ist die Verlinkung mit dem Stadtgebie­t Richtung Donau. Da wirkt die U2 noch trennend. Aber es lohnt sich, die Tour durch dort zu beschließe­n: Die Pfeiler der aufgeständ­erten Trasse zeigen Street-art von Honet aus Frankreich und von Speto aus Brasilien. Kunst im öffentlich­en Raum im besten Sinne.

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[ Dimo Dimov ] Ein Stadtviert­el funktionie­rt auch wie eine Destinatio­n, meint Florian Felder.
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[ Dimo Dimov ] Kunst im öffentlich­en Raum – unter der U2: „Totem Modern“von Honet.

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