Doch keine Altherrenpartie
Aufsichtsrat. Was will das Gremium? Neben dem Dauerbrenner höhere Vergütung wünscht es sich Datenräume in der Cloud. Damit es sich besser vorbereiten kann.
Jedes Jahr veröffentlicht die Managementberatung Kienbaum ihre Aufsichtsratsstudie. In der heurigen findet sich Überraschendes neben allzu Bekanntem.
Mehr Geld bitte. Der Zeitaufwand im Aufsichtsrat steigt, ebenso die Haftungsrisken und die Kompetenzanforderungen. Die Gehälter aber stagnieren auf niedrigem Niveau, vor allem im Mittelstand, weiß Kienbaum-Vergütungsexperte Alfred Berger. Jeder Wirtschaftsprüfer hätte höhere Tagsätze als ein Aufsichtsrat. Dieser bekommt durchschnittlich 1500 Euro pro Tag bei durchschnittlich acht Arbeitstagen im Jahr. Zum Vergleich: Aufsichtsratsvorsitzende werken im Schnitt 18 Tage pro Jahr.
Allerdings: Moniert wird immer nur das allgemein niedrige Vergütungsniveau, nicht das eigene. Und der inzwischen schon alten Forderung nach mehr Geld sind noch keine Taten gefolgt.
Ab in die Cloud. Was würde die Effizienz des Aufsichtsrats steigern?,
IIlautete eine Frage an die 62 Studienteilnehmer, allesamt Aufsichtsräte oder Vorstände.
Die überraschende Antwort: digitale Datenräume für eine geschützte Vor- und Nachbereitung. Das wäre eine Win-win-Situation: Der Vorstand wünscht sich einen besser vorbereiteten Aufsichtsrat, dieser wiederum ärgert sich über „kiloweise Ausdrucke“kurz vor jeder Sitzung. Stattdessen will er orts- und zeitunabhängig auf die Daten in der Cloud zugreifen. So viel virtuelle Affinität verdiene es, meint Berger, das gängige Klischee des Aufsichtsrats als Altherrenpartie gründlich zu überdenken.
Gesamtbild. Läuft ein Aufsichtsratsmandat aus, erstellt die große Mehrheit der Scheidenden ein Anforderungsprofil für ihre Nachfolger. Für das Gremium als Ganzes allerdings existiert kein solches. Gedankenspiel: Nach welchen Kompetenzen sollte ein ausgewogenes Team für die durchschnittliche Vertragslaufzeit von drei bis fünf Jahren zusammengestellt sein?
IDer Wunsch nach mehr Diversity wird hier seit Jahren geäußert. An eine systematische Umsetzung aber haben sich erst zehn Prozent der Befragten herangewagt.
Konkurrenzangst. Auch nicht eben neu ist die Forderung nach mehr Markt- und Branchenerfahrung im Aufsichtsrat. Doch diese hätten meist nur Kandidaten aus dem Mitbewerber, weshalb sich bislang nicht viel bewegt habe.
Bergers Empfehlung: ehemalige statt aktiver Board Members der Konkurrenz ansprechen und den Branchenbegriff weiter fassen.
Wo bleibt der C-HR-O? CIOs und CFOs sind Stammgäste im Aufsichtsrat. Den Chief Human Resources Officer aber gibt es gar nicht. HR sehe sich mehrheitlich noch als Serviceabteilung, meint Berger. Außerdem sehe der Vorstand den Personalprozess als nicht geschäftskritisch an – auch wenn sich der Aufsichtsrat schon lang mehr Personalkompetenz für sein Gremium wünscht.
Schlussfolgerung: Personalisten, positioniert euch besser!
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