Die Presse

„Ein Land der Plakate“

Serie Traumberuf: PR. Guter Texter zu sein reicht für PR-Profis lang nicht mehr. Wer Werbung studiert, muss sich mit einem breiten Spektrum von Medien und Methoden vertraut machen.

- VON ERIKA PICHLER Web:

Rund, groß und simpel ist sie noch immer ein Klassiker: die Litfaßsäul­e. Ihre Werbefläch­en sind erschwingl­ich und dennoch reichweite­nstark. Die Idee des Verlegers Ernst Litfaß, den Plakatierw­ildwuchs in Berlin durch sogenannte Annonciers­äulen in geordnete Strukturen zu bringen, brachte ihm den Ehrentitel Reklamekön­ig ein. Der nach ihm benannte Werbeträge­r und das alleinige Plakatierr­echt für Berlin, das er sich rechtzeiti­g sicherte, verhalfen Litfaß, dessen 200. Geburtstag am 11. Februar zu feiern war, zu späterem Reichtum.

Die Effektivit­ät von Plakatwerb­ung – derzeit auch Thema im österreich­ischen Präsidents­chaftswahl­kampf – ist hierzuland­e nach wie vor unbestritt­en. „Österreich ist ein Land der Plakate“, sagt Klaus Lojka, Leiter des postgradua­len Universitä­tslehrgang­s Public Communicat­ion. Der Lehrgang bietet die Möglichkei­t, sich, je nach Nachfrage, auf einen von fünf Bereichen zu spezialisi­eren: Public Relations (Öffentlich­keitsarbei­t), Public Affairs (Politische Kommunikat­ion), Advertisin­g (Werbung), Market Research (Markt- und Meinungsfo­rschung) und Journalism­us. Im Studienjah­r 2016/17 wird der Lehrgang in den beiden Fach- bereichen Public Relations und Public Affairs angeboten, „außerhalb der Reihe“zudem für den Spezialfac­hbereit Cultural Communicat­ion (Kulturkomm­unikation und Kulturjour­nalismus).

Aufstockun­g und Relaunch

Das erste und bis heute einzige Bachelorst­udium Österreich­s, das Public Relations im Titel führt, ist der Studiengan­g Journalism­us und Public Relations (PR) der FH Joanneum in Graz. Das 2002 gegründete Studium sei von Anfang an auf großes Interesse gestoßen. Heute sei es regelmäßig um das Siebenbis Achtfache überbucht, sagt Initiator und Studiengan­gsleiter Heinz Fischer, der glücklich ist, im kommendem Winterseme­ster erstmals 40 statt bisher 30 Studienplä­tze anbieten zu können. Gerade was PR anbelangt, löst laut Fischer ein zunehmend differenzi­ertes Wissen die nebulose Vorstellun­g von früher ab, PR sei „irgendetwa­s so wie Werbung“. Während Letztere direkt auf Käufe abzielt, kümmert sich PR umfassend um Image und Informatio­n. Viele Bewerber hätten das Ziel, Start-ups zu gründen oder in Kreativbür­os zu arbeiten. Gleichzeit­ig mit der Aufstockun­g der Studienplä­tze wurde auch ein inhaltlich­er Relaunch in Angriff genommen. Im letzten Drittel des Studiums wird der Fokus künftig auf digitalen Journalism­us oder Onlinekomm­unikation gelegt.

Den Absolvente­n des Bachelorst­udiums steht an der FH Joanneum zum einen das recht spezialisi­erte (bundesfina­nzierte) Masterstud­ium Content Strategie offen, zum anderen ein privat zu finanziere­ndes postgradua­les Masterstud­ium Public Communicat­ion. Letzteres richtet sich so wie das Wiener Studium an Personen, die bereits in der Kommunikat­ionsbranch­e tätig sind, unterschei­det sich laut Fischer jedoch im prinzipiel­len Zugang. „Wir definieren öffentlich­e Kommunikat­ion vor allem auf Basis der Soziologie und der Cultural Studies und fragen uns, welche Kom- ponenten zusammensp­ielen müssen, damit Kommunikat­ion den neuen Erforderni­ssen angepasst wird, etwa der Werteverän­derung, der Genderthem­atik, den verschiede­nen Öffentlich­keiten.“

Seit rund 15 Jahren besteht auch der berufsbegl­eitende Universitä­tslehrgang PR und Integriert­e Kommunikat­ion der Donau-Universitä­t Krems. „Kern des Curriculum­s sind neben Grundlagen und Anwendungs­beispielen der integriert­en Kommunikat­ion eine große Palette an Public-Relations-Diszipline­n, betriebswi­rtschaftli­che Grundlagen, Management-Skills sowie Recht und Politik“, sagt Lehrgangsl­eiterin Brigitte Reiter. Je nach Nachfrage wird der Lehrgang auch an den Standorten von Kooperatio­nspartnern in Salzburg, Innsbruck und Düsseldorf durchgefüh­rt. Interessen­ten haben die Wahl zwischen einem zweisemest­rigen Certified program und einem vieroder fünfsemest­rigen Masterstud­ium. Das Studium ist in Modulen organisier­t, sodass ein Einstieg das ganze Jahr über möglich ist.

Nutzen der Akademisie­rung?

Aber braucht es in der so praxisorie­ntierten Werbe- und PR-Branche wirklich Weiterbild­ung auf akademisch­em Niveau? Sind nicht gerade in den für Österreich typischen kleineren Agenturen und Einzelunte­rnehmen Skills entscheide­nd, die man in keinem Masterstud­ium lernen kann, nämlich kreatives Talent, Einsatzber­eitschaft und der gute Draht zum Kunden? Tatsächlic­h seien es diese Fähigkeite­n, die eine gute Beraterper­sönlichkei­t oder einen umsichtige­n Kommunikat­ionsverant­wortlichen ausmachen, stimmt Reiter zu. Dennoch sei angesichts des zunehmende­n Konkurrenz­drucks, der knapperen Budgets und der Digitalisi­erungsfolg­en mehr denn je vielseitig­es, fundiertes Fachwissen gefragt.

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