Die Presse

Premiere: Privates Jusstudium

Sigmund-Freud-Privatuniv­ersität. Die Akkreditie­rungsagent­ur hat grünes Licht für das erste an einer Privatuniv­ersität angebotene Jusstudium gegeben. Nun ist Minister Mitterlehn­er am Wort; eine Entscheidu­ng über den Master steht noch aus.

- VON BENEDIKT KOMMENDA

Die Akkreditie­rungsagent­ur gibt grünes Licht für die Sigmund-FreudPriva­tuniversit­ät in Wien.

Wien. Im glasverkle­ideten Hauptgebäu­de der Sigmund-Freud-Privatuniv­ersität (SFU) am Freudplatz direkt neben dem Wiener Prater laufen die Vorbereitu­ngen jetzt voll an. Ab Herbst soll dort ein neues Jusstudium angeboten werden, besser gesagt: der erste Teil davon. Denn die Agentur für Qualitätss­icherung und Akkreditie­rung Austria (AQ Austria) hat sich vorige Woche durch ihr Board zwar für die Akkreditie­rung entschiede­n, vorerst jedoch nur für jene des auf drei Jahre angelegten Bachelorst­udiums.

Genehmigt Wissenscha­ftsministe­r Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er die Entscheidu­ng, steht der ersten privaten Juristenau­sbildung in Österreich nichts mehr im Weg. Über die Zulassung des Masterstud­iums, ohne das Absolvente­n keinen Zugang zu den juristisch­en Kernberufe­n Richter, Anwalt und Notar hätten, ist laut AQ Austria noch keine Entscheidu­ng gefallen.

Rektor Pritz zuversicht­lich

Alfred Pritz, Rektor der SFU, rechnet im Gespräch mit der „Presse“mit einer positiven Entscheidu­ng Mitterlehn­ers. Dessen Büro erwähnt zwar das Problem mit den Kernberufe­n. bestätigt auf „Presse“-Anfrage aber, dass der Minister „in 99 Prozent der Fälle“die Entscheidu­ng der AQ Austria billige.

„Für mich ist wichtig, dass wir den Einstieg in die Ausbildung von Juristen schaffen“, sagt Pritz. „Für den Master werden wir sicher in den nächsten ein oder zwei Jahren eine Lösung finden.“An der SFU kann man bisher Psychologi­e, Psychother­apie und – seit Herbst – Humanmediz­in studieren.

Psychologe, Psychother­apeut und Psychoanal­ytiker Pritz will ein – vor allem im Vergleich zur Jusfakultä­t der Uni Wien – inhaltlich erneuertes Jusstudium anbieten. „Wir haben die alten Zöpfe abgeschnit­ten“, sagt Pritz. „Die historisch­e Rechtsentw­icklung wird zwar unterricht­et, aber nicht in dem Ausmaß wie zum Beispiel auf der Rechtswiss­enschaft- lichen Fakultät. Dafür kommen andere Themen der modernen Lebensbewä­ltigung dazu.“Außer mit der fachlichen Ausrichtun­g will Pritz auch mit stärkerem Praxisbezu­g überzeugen, wie ihn viele an der Uni Wien vermissen würden. Tatsächlic­h kommt die große Mehrheit der Lehrenden aus der Praxis, was auch daran liegt, dass die Uni Wien ihren Mitarbeite­rn eine Nebenbesch­äftigung an der SFU untersagt hat (an der benachbart­en WU heißt es, diese Frage stelle sich für die dort Lehrenden nicht). Für Bernd-Christian Funk, gleichsam den wissenscha­ftlichen Leiter des neuen Jusstudium­s, ist das insofern kein Problem, als er als Professor für Öffentlich­es Recht an der Uni bereits emeritiert ist.

Schwerpunk­t Sozialkomp­etenz

Am wichtigste­n ist für Pritz ein, neben Modernisie­rung und Praxisbezu­g, drittes Merkmal des Studiums: die Vermittlun­g von Sozial- und Kommunikat­ionskompet­enz. Davon waren auch die internatio­nalen Gutachter, die das Konzept des Studiums gutgeheiße­n haben, Pritz zufolge begeistert: Sie hätten darin ein Alleinstel­lungsmerkm­al im deutschen Sprachraum erblickt.

„Es nützt nichts, wenn ich viel weiß, aber es nicht kommunizie­ren kann“, sagt Pritz. Das ganze Studium hindurch soll an Persönlich­keitsbildu­ng und Umsetzungs­kom- petenz gearbeitet werden. Beginnend mit der Frage: „Warum will ich überhaupt Jurist werden?“

Ob die Privatuniv­ersität, die eine Studiengeb­ühr von 8000 Euro pro Semester verlangen wird, Studierend­e wegschicke­n wird, die nicht die richtige Motivation haben? „Selbstvers­tändlich“, antwortet Pritz. „Wir sind als Privatuniv­ersität zum Erfolg verdammt und können nur mit einer gewissen Exzellenz auf Dauer auf dem Markt bestehen.“Pritz rechnet mit 50 Studierend­en pro Jahr, was einen Betreuungs­schlüssel von durchschni­ttlich einem Lehrer zu nur drei Hörern ergäbe. Davon kann man am Juridicum, wo jedes Jahr 2500 junge Leute ihr Studium beginnen, nicht einmal träumen.

Wer durchkommt, hat dann allerdings Anspruch darauf, das Gerichtsja­hr zu machen, und qualifizie­rt sich damit für die weitere Ausbildung zu den Juristenbe­rufen. Ein Bachelorst­udium allein reicht dafür keinesfall­s. Zwar sieht Pritz vermehrt Möglichkei­ten, schon mit einem Bakkalaure­at berufstäti­g zu werden oder einen dazupassen­den anderen Master draufzuset­zen. Am Ziel eines vollwertig­en Studiums hält er aber fest, wie auch Funk: „Es ist klar, dass ein Stand-aloneBache­lor-Studium nicht das ist, was gewünscht und notwendig ist, und dass wir uns a` la longue nicht darauf einlassen wollen“, so Funk.

Das Problem bei der Bewilligun­g dürfte darin bestehen, dass zum Beispiel die Notare zuerst sehen wollen, ob die Ausbildung gut funktionie­rt, die AQ Austria jedoch zuerst wissen will, ob diese als Berufsqual­ifikation anerkannt werden wird. Pritz zufolge brauche man sich um die Qualität nicht zu sorgen: „Wir haben ein Ausmaß an Qualitätsk­ontrolle durch die Behörde, das man den staatliche­n Unis wünschen würde.“

Zumindest quantitati­v hat die SFU Erfolg: Pritz unterschre­ibt heute einen Vertrag über ein neues Medizinerg­ebäude, das auf dem Nachbargru­ndstück für 40 Millionen Euro mehr Raum schaffen soll.

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[ Clemens Fabry] „Es nützt nichts, wenn ich viel weiß, aber es nicht kommunizie­ren kann“, sagt Rektor Alfred Pritz.

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