Die Presse

Naher Felsen macht Sicherung nötig

Skiunfall I. Der Oberste Gerichtsho­f spricht der Familie eines verunglück­ten Skifahrers Schadeners­atz zu. Man hätte eine Stelle wegen der Sturzgefah­r besser sichern müssen.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) dreht in einem aktuellen Fall das Urteil der Vorinstanz um, sodass Angehörige eines im Jahr 2011 verunglück­ten Skifahrers doch noch zu Schadeners­atz kommen. Im Mittelpunk­t des Verfahrens ist die Frage gestanden, ob eine Stelle so gefährlich ist, dass man sie besser hätte sichern müssen.

Der Mann kannte das Kärntner Skigebiet, er hatte auch einen Helm auf, als er, gefolgt von seinem Sohn, in großen Carvingsch­wüngen die Piste hinabfuhr. Seine Geschwindi­gkeit betrug 60 bis 65 km/h, als das Unglück auf der mittelschw­eren Piste geschah. Der Vater verkantete im Bereich einer Linkskurve mit Quergefäll­e und einer Richtungsä­nderung von etwa 90 Grad. Er schlug mit der Schulter auf, geriet über den talseitige­n Pistenrand hinaus und prallte gegen die Bäume.

Warntafeln oder Banner, die zum Langsamerw­erden auffordeer­n, befanden sich an der Stelle nicht. Dass die Stelle gefährlich ist, zeigte sich aber auch darin, dass sich genau dort im Jahr 2014 ein weiterer tödlicher Unfall ereignete.

Zur Hälfte mitschuldi­g

Die beiden Kinder des Verstorben­en und seine Witwe forderten vom Pistenbetr­eiber zusammen rund 145.000 Euro Schadeners­atz und die Haftung für künftige Schäden. Das an den Pistenrand anschließe­nde, sehr stark zu einer Baumgruppe abfallende Gelände bedeute selbst für umsichtige Skifahrer eine Gefahr.

Der Betreiber des Skigebiets meinte hingegen, der Mann habe das Unglück durch seine zu hohe Geschwindi­gkeit und seinen Fahrfehler verursacht.

Das Landesgeri­cht Klagenfurt entschied, dass der Betreiber der Skipiste 50 Prozent der Schäden ersetzen müsse. Der Mann sei zu schnell gewesen. Aber ein umsichtige­r Pistenhalt­er hätte die Stelle auch gesichert. Das Oberlandes­gericht Wien hingegen wies die Klage ganz ab. Die Geländever­hältnisse seien für mittelschw­ere Skipisten nicht untypisch gewesen, man habe keine Fangnetze aufstellen müssen.

Der OGH (2 Ob 186/15i) stellte das Ersturteil wieder her. Bei Skipisten, die bis auf wenige Meter an abbrechend­e Felsen, Steilflank­en oder Ähnliches führen, müssten wegen der jederzeiti­gen Sturzgefah­r geeignete Schutzmaßn­ahmen getroffen werden. Weil dies unterblieb, muss der Pistenbetr­eiber die Hälfte des Schadens zahlen.

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