Die Presse

Strafproze­ss: Kein voller Kostenersa­tz

VfGH. Der Verfassung­sgerichtsh­of kippt das Gesetz, das nur einen Pauschalbe­itrag bei Freisprüch­en vorsieht, nicht. Das Thema könnte aber bald wieder anhängig werden.

-

Wien. Rund 447.000 Euro hatte sie für den Schöffenpr­ozess aufwenden müssen. Vom Staat erhielt sie aber nur 5000 Euro für die Verteidigu­ngskosten. Dabei war die Frau vom Vorwurf der Untreue freigespro­chen worden. Doch das Gesetz sieht bloß diesen Pauschalbe­itrag vor. Und der Versuch, dieses Gesetz vor dem Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) per Gesetzesbe­schwerde zu Fall zu bringen, ist nun zumindest vorerst gescheiter­t.

Die Höchstrich­ter wiesen den Antrag aus formalen Gründen zurück. So habe man darin zu wenige Gesetzesst­ellen angefochte­n, um eine etwaige Verfassung­swidrigkei­t zu beseitigen, erklärte der VfGH (G 177/2015).

Eine Argumentat­ion, die den Anwalt der Frau, Norbert Wess, ein wenig verwundert, wie er betont. „Der Entscheidu­ng des VfGH scheinen intensive Beratungen vorangegan­gen zu sein, zumal dieser Fall gleich in zwei Sessionen (Herbstund Winter-Session) behandelt worden ist und auch ein mündlicher Verhandlun­gstag hiezu stattgefun­den hat“, sagt er. Das Ergebnis sei nun nur die Zurückweis­ung.

Zu viele Gesetzesst­ellen kann man übrigens nicht anfechten, zu wenige schon. Die Frau kann sich nun nicht noch einmal mit einem neuen Antrag an den VfGH wenden. Allerdings wäre jetzt noch das Oberlandes­gericht Graz, bei dem der Fall spielt, verpflicht­et, sich bei Vorliegen verfassung­srechtlich­er Bedenken an den VfGH zu wenden, sagt der Anwalt. Diesfalls mit einem weitergehe­nden Anfechtung­sbegehren, denn dass es verfassung­srechtlich­e Bedenken gebe, bringe der VfGH ja zum Ausdruck, betont Wess.

„Endgültig entschiede­n ist der konkrete Fall daher noch nicht“, sagt Wess. Die Frage des Kostenersa­tzes wird seit Jahren diskutiert. Das Thema gilt als politisch heikel, würden mit dem Kostenersa­tz doch auch die Staatsausg­aben steigen. „Mittelfris­tig betrachtet scheint die derzeitige Regelung aus rechtsstaa­tlicher Sicht bedenklich und wird meines Erachtens auch nicht haltbar sein“, meint Wess. (aich)

Newspapers in German

Newspapers from Austria