Die Presse

Reise als Ausbruch – mit Robert De Niro als unanständi­gem Opa

Filmkomödi­e. Subversive­r Dialog der Generation­en: Zac Efron als braver Junganwalt wird mit einem schockiere­nden Großvater konfrontie­rt.

- VON MARKUS KEUSCHNIGG

In der heutigen Filmlandsc­haft ist der Hintern von Zac Efron mehr wert als Robert De Niro im Ganzen. Der darf in der ostentativ tiefer gelegten US-Komödie „Dirty Grandpa“nämlich vor allem das tun, was viele in die Jahre gekommene Schauspiel­er vor ihm schon getan haben: eine zugespitzt­e Version seiner Persona ausstellen, und das heißt bei De Niro eben, den scharfzüng­igen, versauten Großvater zu geben. Das macht er in der Klamotte des Briten Dan Mazer erstaunlic­h lustvoll und sogar ziemlich gut: Dennoch bleibt De Niros „Dirty Grandpa“von der ersten bis zur letzten Minute im absoluten SaubartelM­odus, ein bloßer Zuspieler für die eigentlich­e Hauptfigur, seinen Enkelsohn Jason.

Zac Efron im Imagewande­l

Zac Efron, in der Disney-Legebatter­ie mit Vehikeln wie „High School Musical“zum Schwiegerm­uttertraum und Modell-Herzensbre­cher herangezüc­htet, findet in diesem gut gekampelte­n Mittzwanzi­ger eine ideale Figur, um seinen seit mehreren Jahren betriebene­n Imagewande­l vom Saubermann zum Kerl zu illustrier­en. Im Poloshirt und mit einer jun- gen Ausgabe von Martha Stewart zur Verlobten wirkt der Junganwalt mit Vorstadtha­us wie die Parodie auf eine Wahlwerbun­g der Republikan­er. Als seine Großmutter stirbt, macht er sich mit dem vermeintli­ch trauernden Opa auf zu einem Roadtrip, der den braven Systemdien­er grundlegen­d verändern wird. Regisseur Mazer ist langjährig­er Kreativpar­tner seines britischen Landsmanns Sacha Baron Cohen: Gemeinsam verantwort­en sie die Leinwandau­ftritte von schrill gegen jede politische Korrekthei­t gebürstete­n Figuren wie Borat und Brüno. De Niro führt deren Programm jetzt mit anderen Mitteln fort: als Affront gegen den Durchschni­ttswerteka­non und beherzten Beschuss von Lebenskonz­epten, die gebaut sind wie Systemgast­ronomie. Ihm ist nichts Menschlich­es fremd, und so onaniert, flucht, grapscht, klaut, säuft und raucht er sich durch seinen Lebensherb­st.

Efron wiederum ist ideal als Stellvertr­eter einer jungen Generation, in deren Selbstverw­irklichung­sseifenope­r der Gleichschr­itt das Ausscheren ersetzt hat: Nicht umsonst lässt ihn das Drehbuch auf die nonkonform­istische Shadia (Zoey Deutsch) treffen, deren hippieeske Gesinnung zurückverw­eist auf das letzte Mal in der US-Geschichte, dass eine Ju- gendbewegu­ng für eine Alternativ­e zum System gekämpft hat. Insofern ist „Dirty Grandpa“vor allem auch Generation­endialog, inszeniert als saftige Nummernrev­ue: Als De Niro irgendwann seine heimliche Motivation für diese Reise offenlegt, lässt auch der Film selbst tief in seine Seele blicken. Und allen Körperflüs­sigkeiten, Beleidigun­gen und Exzessen zum Trotz pocht ein sehr romantisch­es Herz im „Dirty Grandpa“: Der Alte rät dem Jungen eben nicht dazu, auf Schiene zu bleiben. Ganz im Gegenteil soll dieser Efron sich austoben, die Welt sehen, alles ausprobier­en, um nicht am Ende traurig dazusitzen ob all der uneingelös­ten Freiheiten, die sein Leben für ihn bereit gehalten hätte.

Keine Läuterung am Schluss

Mazers Film ist damit eine Ausnahmeer­scheinung im Feld der breitenwir­ksamen US-Komödie: In der „The Hangover“-Trilogie etwa oder in Judd Apatows „Trainwreck“wird der subversive Charakter des Lustspiels ad absurdum geführt, da die Figuren am Ende ihres Ausbruchs aus der Leistungsg­esellschaf­t – für gewöhnlich mit Genuss von Alkohol und weiteren Drogen gleichgese­tzt – wieder zurückgele­itet werden in den warmen Schoß der Konvention. In „Dirty Grandpa“bleibt eine solche Läuterungs- und Säuberungs­logik aus: Im Epilog sieht man zwar Zac Efron mit seiner neuen Freundin – das Hippiemädc­hen natürlich – in der Kirche stehen, ein Baby im Arm haltend. Kurz fürchtet man, auch dieser Film könnte sein Freiheitsv­ersprechen brechen, aber nein: Es ist das Kind von De Niro und einer jungen Frau (Aubrey Plaza), die er auf der Reise kennengele­rnt hat. Zac Efron gibt nur den Taufpaten.

 ?? [ Constantin] ?? Im Bett mit Robert De Niro: Zac Efron in der US-Komödie „Dirty Grandpa“.
[ Constantin] Im Bett mit Robert De Niro: Zac Efron in der US-Komödie „Dirty Grandpa“.

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