Die Presse

Sechs Jahre Kern: Ziel teilweise erreicht

ÖBB. Die Bahn schreibt den fünften Gewinn in Folge und den höchsten ihrer Geschichte. Nur bei den Kostensenk­ungen konnte Vorstandsc­hef Christian Kern sein Vorhaben nicht ganz einlösen.

-

Wien. Christian Kern ist sichtlich zufrieden mit der jüngsten Bilanz. Trotzdem hütet sich der ÖBB-Chef, in Jubelgesän­ge auszubrech­en – lieber gibt er sich bescheiden: Es sei ein „sehr ordentlich­es, sehr solides Ergebnis“geworden. Aber es sei nur eine Etappe eines konsequent­en Weges. „Wir können noch wesentlich mehr leisten“, so Kern.

Fast sechs Jahre ist es her, dass der Manager die Österreich­ischen Bundesbahn­en übernommen hat. Kern trat mit dem Ziel an, aus der Bahn ein wirtschaft­liches Unternehme­n zu machen. Die Kosten sollten sinken, die Bilanz schwarz sollte statt rot sein. In Zahlen: 200 Millionen Euro Gewinn, bei 500 Millionen geringeren Kosten. Gelungen ist das, wie die am gestrigen Freitag präsentier­te Bilanz zeigt, teilweise. Auf der Habenseite kann Kern den fünften Gewinn in Folge verbuchen: Im Vorjahr stieg er um zwölf Prozent auf 192,8 Mio. Euro. „Eine Reihe von Sondereffe­kten“habe ein noch besseres Ergebnis verhindert, so Kern. Das System, in dem es „eine permanente Kapitalver­nichtung“gab, wie der Manager zum Amtsantrit­t 2010 sagte, hat er also erfolgreic­h beendet.

Nicht ganz einhalten konnte er die versproche­nen Kostensenk­ungen. Die Aufwände, von denen die Personalko­sten mit 2,34 Mrd. Euro der größte Brocken sind, summierten sich im Vorjahr auf 5,49 Mrd. Euro. Das waren zwar um 335 Mio. Euro weniger als 2010. Die anberaumte­n 500 Mio. Euro Kostensenk­ungen hat Kern damit aber nicht erreicht. Kern rechtferti­gt das damit, dass es jedes Jahr automatisc­he Kostenstei­gerungen von zwei Prozent gebe. „Ohne Einsparung­en wären wir bei den Kosten schon bei sechs Milliarden“, so Kern.

Neues Problem: Überalteru­ng

Dass der Sanierungs­kurs Früchte trägt, steht außer Frage. Genauso aber, dass die Bilanz ohne die Zuschüsse der Steuerzahl­er ganz anders aussehen würde. Die öffentlich­e Hand überwies im Vorjahr 2,75 Mrd. Euro an die ÖBB. Das sind 43 Prozent der gesamten Erträge der Bahn. Rund eine Milliarde bekommen die ÖBB für gemeinwirt­schaftlich­e Leistungen, also in der Regel für unrentable Strecken und Fahrten, die von Bund, Ländern und Gemeinden „bestellt“werden. Der Rest entfällt auf Finanzieru­ng und Betrieb der Infrastruk­tur. Die 1,7 Mrd. Euro, die jährlich an ÖBBPension­isten fließen, scheinen in der Bilanz nirgends auf.

Auch die personelle Verschlank­ung der Staatsbahn hat sich Kern, dem regelmäßig Ambitionen auf das Amt des (SPÖ-)Bundeskanz­lers nachgesagt werden, auf die Agenda geschriebe­n. 2015 hatte der Konzern 40.031 Mitarbeite­r, rund 2400 weniger als 2010. Mittlerwei­le ist das Problem weniger der Personalst­and als die Überalteru­ng: Bis 2020 steigt das Durchschni­ttsalter der ÖBB-Bedienstet­en auf knapp 50 Jahre, der Anteil der über 55-Jährigen von zwölf auf 31 Prozent. Höhere Lohnkosten dank langer Betriebszu­gehörigkei­t inklusive. Kern versucht diese Not zur Tugend umzuformul­ieren: Bei den ÖBB sehe man diese älteren Mitarbeite­r als „strategisc­he Kompetenz“: „Wir drängen sie nicht aus dem Unternehme­n.“

15 Mio. Euro für Flüchtling­e

Kerns Mandat läuft bis 2019. Auch die kommenden Jahre hat der ehemalige SPÖ-Pressespre­cher und Verbund-Manager unter das Motto eines „wirtschaft­lich nachhaltig­en Wachstums gestellt“. Die Ergebnisse sollen konstant steigen, 20 Mrd. Euro sollen bis 2021 investiert werden. „Wir sind heute besser vorbereite­t auf das, was kommt“, sagte Kern. Das schwache wirtschaft­liche Umfeld, die wachsende Konkurrenz im Güterverke­hr („ein brutales Jahr“) und der niedrige Ölpreis, der die Straße im Vergleich zur Bahn wieder attraktive­r macht, dürften herausford­ernd bleiben.

Die Zahl der Fahrgäste stieg im Vorjahr auf den Rekordwert von 238 Millionen (Nah- und Fernverkeh­r). Befördert wurden auch 300.000 Flüchtling­e: 675 Sonderzüge und 1335 Busse stellten die ÖBB bereit, rund 70.000 Übernachtu­ngen fanden in ÖBB-Gebäuden statt. Das habe die Bahn rund 15 Mio. Euro gekostet, so Kern. Fünf Mio. Euro hat er dem Bund in Rechnung gestellt. Geld sei bisher aber noch keines geflossen. (bin)

 ?? [ APA ] ?? Christian Kern führte die ÖBB in die schwarzen Zahlen.
[ APA ] Christian Kern führte die ÖBB in die schwarzen Zahlen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria