Die Presse

Schimpfen über Chefin: OGH kippt Entlassung

Es sei nur eine einmalige Entgleisun­g gewesen.

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Wien. Es war ein Gespräch unter ehemaligen Arbeitskol­legen, es ging um die Zukunft des Unternehme­ns, in dem sie früher gemeinsam werkten. Der eine, immer noch als Prokurist dort angestellt, zeichnete kein sehr rosiges Bild. In der Kombinatio­n mit der (zweiten) Geschäftsf­ührerin – der Tochter des Chefs – werde das Unternehme­n an die Wand gefahren, meinte er.

Das Dumme an der Sache: Sein Ex-Kollege arbeitete inzwischen bei einem wichtigen Kunden des Unternehme­ns. So kam es, dass sich der Oberste Gerichtsho­f (OGH) mit folgender Frage befassen musste: Ist es ein Entlassung­sgrund, wenn man einem Kunden gegenüber schlecht über die eigene Chefin spricht? Der OGH verneinte das in diesem Fall (9ObA12/16d): Die unternehme­rischen Fähigkeite­n der Geschäftsf­ührerin infrage zu stellen sei zwar herabsetze­nd gewesen. Es habe sich jedoch um eine bloß einmalige abfällige Bemerkung gehandelt.

Keine „Untreue im Dienst“

Der Prokurist sei fast 22 Jahre in dem Unternehme­n beschäftig­t gewesen und früher nie wegen einer Pflichtwid­rigkeit ermahnt worden. Aufgrund einer einzigen verbalen Entgleisun­g in einem Gespräch mit einem ehemaligen Kollegen müsse man noch nicht befürchten, dass er künftig seinen Pflichten nicht mehr nachkommen werde.

Auch „Untreue im Dienst“sei nicht gegeben, entschied das Gericht: Dazu müsste man vorsätzlic­h gegen Interessen des Arbeitgebe­rs verstoßen. Es sei aber kein Grund ersichtlic­h, warum dem Prokuriste­n daran gelegen sein sollte, die Geschäftsb­eziehungen seines Arbeitgebe­rs zu dem Kunden zu gefährden. Denn schließlic­h hatte er durch seinen Anspruch auf Bilanzgeld selbst Anteil am Erfolg des Unternehme­ns. (cka)

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