Die Presse

Kunstmäzen, Sammler und Retter des Riesentors

Editionsre­ihe. Graf Lanckorons­ki,´ Pole und fast ein Österreich­er, war über mehrere Jahrzehnte einer der bestimmend­en Kulturrepr­äsentanten Wiens. Jetzt wurde sein Nachlass aus der Nationalbi­bliothek veröffentl­icht.

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Dem Kunstsamml­er und Mäzen Karl (Karol) Lanckoron´ski (1848–1933) war in dieser Woche in der Polnischen Akademie in Wien ein Symposium gewidmet, bei dem unter anderem die eben fertiggest­ellte Editionsre­ihe „Lanckoroni­ana“präsentier­t wurde. Dabei kam auch der – in Wien bisher kaum beachtete – Einsatz Lanckoron´skis für den Wiener Stephansdo­m bzw. für den Erhalt der ursprüngli­chen Gestaltung des Doms zur Sprache.

Der Salon des polnischen Grafen, der in Wien geboren wurde, das Schottengy­mnasium besuchte und an der Wiener Universitä­t das Jusstudium absolviert­e, war in der Residenzst­adt der Habsburger einer der Treffpunkt­e der kulturinte­ressierten Gesellscha­ft. Er selbst bekämpfte vehement beabsichti­gte Änderungen im gewachsene­n Stadtbild Wiens, so gilt er auch als einer der Retter des Riesentore­s.

Dieser romanische Kernbereic­h des Stephansdo­ms sollte ein neuromanis­ches Antlitz erhalten, wobei als prominente­ster Unterstütz­er für eine Neuformung einer der Architekte­n der Wiener Ringstraße, Friedrich Schmidt, auftrat. Lanckoron´ski finanziert­e wiederum Broschüren der Gegner jeder Umgestaltu­ng. 1902 war schließlic­h der Streit beendet, die Umgestaltu­ng abgesagt. In einer weiteren Kampagne trat er gegen die Verbauung des Karlsplatz­es und für die Erhaltung dieser großzügige­n freien Fläche ein.

1911 wurde Lanckoron´ski Vizepräsid­ent des neu gegründete­n Denkmalamt­es (der Vorläuferi­nsti- besteht aus vier Bänden. Die Quellenedi­tion beruht auf dem handschrif­tlichen Nachlass von Graf Karl Lanckorons­ki,´ der in der Handschrif­tensammlun­g der Österreich­ischen Nationalbi­bliothek aufbewahrt wird. Unter anderem sind die Forschungs­reisen des Autors in die Städte Pamphylien­s und Pisidiens (Band zwei: Reisebüche­r Kleinasien­s) und die kunsthisto­rischen Eindrücke seiner Reisen nach Italien (Band drei) darin dokumentie­rt. tution des heutigen Bundesdenk­malamtes). Im Besonderen engagierte er sich auch für die Freilegung und Erforschun­g der Römerstadt Carnuntum.

Schriften in deutscher Sprache

Der nun im Wissenscha­ftlichen Zentrum der Polnischen Akademie der Wissenscha­ften in Wien publiziert­e handschrif­tliche Nachlass stammt aus den Beständen der Österreich­ischen Nationalbi­bliothek. „Dabei handelt es sich um seine Tagebücher und seine umfangreic­he Korrespond­enz mit zahlreiche­n bedeutende­n Persönlich­keiten seiner Zeit“, sagt die Übersetzer­in und Mitarbeite­rin im Polnischen Institut, Irmgard Nöbauer.

Zum Personenkr­eis rund um den polnischen Adeligen zählten die Dichterin Marie von EbnerEsche­nbach, der tschechisc­h-österreich­ische Kunsthisto­riker Max Dvorˇak,´ die Schauspiel­erin Hansi Niese, der Architekt Joseph Maria Olbrich, der Dichter Rainer Maria Rilke und der Bildhauer Caspar Zumbusch.

In seinem 1895 neu erbauten Palais in der Wiener Jacquingas­se empfing Lanckoron´ski seine Gäste, er baute auch eine umfangreic­he Kunstsamml­ung auf. Objekte von seinen archäologi­schen Forschungs­reisen fanden hier Platz. In erster Linie waren es die frühen Kulturen Kleinasien­s, denen er sich widmete, aber auch Ostasien und die Mittelmeer­länder. Infolge der Besitztüme­r seiner Familie musste sich der polnische Graf keinem Erwerbsber­uf widmen. 1914 wurde er mit dem Titel Oberstkämm­erer zum Chef der kaiserlich­en Sammlungen ernannt.

In der polnischen Kulturgesc­hichte ist Lanckoron´ski bis heute fest verankert, sagt Irmgard Nöbauer. Er war Mitglied der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften und auch der Polnischen Akademie der Wissenscha­ften, weiters wurden ihm Ehrendokto­rate der Universitä­t Krakau und der Universitä­t Berlin verliehen. Die neue Editionsre­ihe „Lanckoroni­ana“ist in deutscher und in polnischer Sprache aufgelegt. (ewi)

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