Nützlinge und Mist: Gemischte Kost im Weizenfeld
Ökologie. Innsbrucker Forscher testen auf Getreidefeldern in Tirol, wie die Art der Düngung das Netzwerk von Schädlingen und Nützlingen beeinflusst. DNA-Analysen zeigen, wer wen wann gefressen hat.
Nicht nur Hobbygärtner stehen im Frühling vor der Entscheidung, ihre Pflanzen mit Kompost, also organisch, oder mit anorganischem Handelsdünger zu düngen. In der Landwirtschaft hat diese Entscheidung weitreichende Folgen. „Wir untersuchen in einem FWF-Projekt, welchen Einfluss der Dünger auf die Nahrungsnetze der Schädlinge und Nützlinge auf Getreideanbauflächen hat“, erklärt Michael Traugott vom Institut für Ökologie der Uni Innsbruck.
Sein Team ist auf biologische Kontrolle in der Landwirtschaft spezialisiert und erforscht, welche Tiere dafür sorgen, dass es zu weniger Schädlingsbefall kommt. Typische Schädlinge auf Getreide sind Blattläuse, die Pflanzensaft saugen und Pflanzenkrankheiten übertragen können, und die Larven des Getreidehähnchens, das ist ein kleiner Blattkäfer. „Die Käferlarven sehen aus wie kleine Nacktschnecken und fressen die Pflanzenblätter stark ab“, so Traugott.
Nützlinge, die sich von solchen Schädlingen ernähren, sind räube- rische Spinnen und Laufkäfer. Die Innsbrucker testen seit zwei Jahren, wer wen wie häufig frisst, je nachdem, ob ein Feld ungedüngt bleibt oder es mit organischem oder anorganischem Dünger behandelt wird (siehe Lexikon).
Dazu haben sie auf drei Weizenfeldern je 20 Versuchsflächen zu acht mal acht Metern abgesteckt und beobachtet, wo welche Schädlinge und Nützlinge vorkommen. Auch die Population der Zersetzer im Boden wurde erfasst: Denn Nahrungsnetze sind nicht auf Pflanzen beschränkt, sondern schließen den Boden ein. „Organischer Dünger gibt Zersetzern wie Regenwürmern und Springschwänzen eine Lebensgrundlage: Sie ernähren sich von Mist oder Kompost“, erklärt Traugott.
Nützlinge fressen Zersetzer
Wie kann der Dünger das Nahrungsnetz um die Pflanze verschieben? „Nützlinge wie Laufkäfer, die auch andere Nützlinge fressen, könnten beim Einsatz von organischem Dünger mehr Spring- schwänze vertilgen und hätten weniger Appetit auf nützliche Spinnen, sodass insgesamt mehr Nützlinge die Pflanzen schützen.“Auch Negatives könnte folgen: Wenn Nützlinge bei Mistdüngung anstatt der Blattläuse Regenwürmer fressen, könnten sich Schädlinge vermehren, weil sich die Nützlinge an Zersetzern satt gegessen haben.
Die Analysen, wer wen wie oft frisst, gelingen mit dem Nachweis der Beute-DNA. Ähnlich wie bei Vaterschaftstests kann man aus dem Mageninhalt der Nützlinge erkennen, welche Tierart sie in den letzten drei Tagen verspeist haben. „Eine Spinne frisst den Springschwanz ja nicht wie ein Stück Schnitzel“, sagt Traugott. Sondern sie verdaut außerhalb des Körpers und saugt den Fraß in flüssiger Form auf. Da kann man nur mit DNA-Methoden erkennen, was ihre Nahrung war.
Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Nahrungsnetze durch organischen Dünger widerstandsfähiger gegen Störungen sind. Wird anorganischer Handelsdünger ein- gesetzt, spezialisieren sich die Nützlinge entweder auf Zersetzer oder auf Schädlinge. Fällt dann eine Nützlingsart aus, die z. B. vermehrt Blattläuse konsumiert hat, kann es für das Getreide schädliche Folgen haben.
Doch bei organischem Mistdünger werden die Nützlinge Gemischtköstler, fressen mal einen Regenwurm, mal eine Blattlaus. Fällt hier eine Nützlingsart aus, können andere Nützlinge einspringen und eine stabile biologische Kontrolle gewährleisten. (vers)
ist synthetisch hergestellt und enthält z. B. Stickstoff, Phosphor und Kalium in Reinform. Pflanzen können diese Nährstoffe sofort verwerten und wachsen daher schneller.
wie Mist oder Kompost muss erst von tierischen Zersetzern und Mikroorganismen im Boden abgebaut werden. Dabei werden Nährstoffe abgegeben und sind daher langsamer für Pflanzen verfügbar.