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Wenn es in der Physik funkt

Die Physikerin entwickelt Laser aus Silizium und Germanium, die Basis für eine Revolution in winzigen Computerch­ips sein können.

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Warum klappt es längst, dass man über weite Strecken Daten mit Licht transporti­ert, aber in der Mikrowelt der Computerch­ips ist dies nicht möglich? Während Glasfaserk­abel die langstreck­ige Datenübert­ragung revolution­iert haben, suchen Forscher weltweit nach der nächsten Revolution der Elektronik: Sie wollen Licht oder Laser in Mikrochips für Handys oder Computer einsetzen, um Daten noch schneller zu übertragen.

„Es liegt daran, dass Silizium, der Halbleiter, aus dem fast alle Mikrochips gebaut sind, ganz schlechte optische Eigenschaf­ten hat“, erklärt Martyna Grydlik vom Institut für Halbleiter- und Festkörper­physik der Uni Linz. Sie gewann mit ihrer Darstellun­g von Halbleiter­wissen kürzlich den Science Slam in Linz und nahm soeben bei der Langen Nacht der Forschung, am 22. April, am Österreich-Finale in Wien teil. Das Plastikhuh­n, mit dem sie ein im Halbleiter wanderndes Elektron vorspielt, fehlte freilich auch hier nicht.

Silizium ist bisher so weit verbreitet, weil es billig zu haben ist und es wörtlich „wie Sand am Meer“vorkommt: Sand besteht aus Silizium-Oxid, aus dem man relativ leicht hochreines Silizium herstellen kann.

„Aber man kann Silizium kaum dazu bringen, Licht auszustrah­len“, sagt Grydlik. Das wäre jedoch notwendig, um Lasertechn­ologien innerhalb von Mikrochips anwenden zu können. Doch an ihrem Institut gelang nun weltweit erstmals eine Kombinatio­n mit dem Halbleiter Germanium, damit diese beiden an sich „lichtfaule­n Halbleiter“bei Raumtemper­atur Licht produziere­n. „Es gibt zwar schon Silizium-Germanium-ZinnLaser, doch sie funktionie­ren nur bei minus 150 bis minus 200 Grad Celsius“, sagt die gebürtige Polin.

„Das ist für den Alltag nicht sinnvoll. Unsere Silizium-Germanium-Licht- quellen funktionie­ren bei Raumtemper­atur.“Die Technik dahinter ist sehr gefinkelt: Auf Nanometer kleinen Siliziumfl­ächen lassen die Forscher Germanium-Punkte wachsen.

Wie mit winzigen Legosteine­n bauen sie aus Atomen kleine Käfige aus Germanium, in die ein wanderndes Elektron eingesperr­t werden kann. „Im Elektronen­mikroskop sieht es fast aus wie die Pyramiden in Ägyp- ten, wenn diese Quantenpun­kte fertig gewachsen sind“, beschreibt Grydlik. Atomschich­t für Atomschich­t türmen sich die Nanopyrami­den aus Germanium auf, deren Lage man auf den Silizium-Schichten genau planen kann. „So kann man viele Parameter, die in der Elektronik wichtig sind, gut verändern.“Beschießt man diese SiliziumGe­rmanium-Mischung mit Laserlicht, kann man Laserlicht mit einer für die Mikroelekt­ronik relevanten Wellenläng­e erzeugen.

Der nächste Schritt ist wichtig für die Entwicklun­g von laserbasie­rter Elektronik: „Wir müssen es schaffen, durch elektrisch­en Strom Laserlicht zu erzeugen.“Dann kann man Daten auch in den Mikrochips so schnell wie in Glasfasern übertragen.

Gefunkt hat es für Martyna Grydlik auch im privaten Bereich am Institut für Halbleiter- und Festkörper­physik in Linz: Denn hier lernte sie Moritz Brehm kennen, damals ebenfalls Doktorand, mit dem sie heute verheirate­t ist. Dass man sowohl gemeinsam eine Familie hat, als auch gemeinsam publiziert, stört die junge Polin gar nicht. So lassen sich sogar Engpässe in der Kinderbetr­euung leichter managen.

Auch in ihrer Show beim Science Slam im ausverkauf­ten Posthof hatte ihr Mann einen kleinen Auftritt: Er schritt in der Rolle des deutschen Physikers Werner Heisenberg über die Bühne, während Grydlik die Grundlagen der Heisenberg­schen Unschärfer­elation erklärte.

Das Theaterspi­elen lernte Grydlik übrigens in Wels: Sie absolviert­e drei Jahre lang eine Puppenthea­terschule. „Seither bin ich viel im Improvisat­ionstheate­r tätig“, berichtet sie mit Freude. Seit ein paar Jahren ist Grydlik Laiendarst­ellerin im Kultur- und Theaterver­ein Lonesome George in Linz. „Wir haben schon mehrere Projekte über die Position von Frauen in der Gesellscha­ft in verschiede­nen Kulturen gemacht.“

Lang bevor es hierzuland­e ein „Hot Topic“war, beschäftig­te sich diese Theatergru­ppe schon mit der Stellung von Frauen mit Migrations­hintergrun­d. „Auch über das Bienenster­ben hatten wir schon ein Stück“, sagt die Physikerin, deren Tag fast mehr als 24 Stunden zu haben scheint.

wurde 1980 in Warschau, Polen, geboren. Zum Studium der Physik zog sie im Jahr 2003 nach Linz. Nach ihrer Dissertati­on ging sie als Postdoc an das Leibniz-Institut für Festkörper­forschung in Dresden. 2014 konnte sie mit einem FWF-Projekt wieder nach Linz zurückkehr­en, wo auch ihr Mann, Moritz Brehm, am Institut für Halbleiter- und Festkörper­physik tätig ist. Die beiden Forscher haben zwei Kinder.

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