Die Presse

Rustikale Raritäten: Residieren wie einst das liebe Vieh

Luxusbauer­nhöfe. Die besten Trakte waren nicht immer für die Menschen reserviert.

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Sie stehen gerade wieder hoch im Kurs und erobern zunehmend ein neues Publikum. Waren Luxusbauer­nhöfe lange Zeit elegante Zweitwohns­itze für eine budgetstar­ke Käuferschi­cht, die zwar die urige Atmosphäre der geschichts­trächtigen Höfe genießen, dabei aber keinerlei Abstriche machen wollte und sich für die Landwirtsc­haft herzlich wenig interessie­rte, kommen jetzt immer öfter Nachfragen von Interessen­ten, denen es zwar auch um schön restaurier­te Deckenbalk­en, vor allem aber um eine autarke Lebensweis­e geht.

Kleinvieh und Vorbesitze­r

Da sind (Klein-)Vieh und Felder wieder gefragt, und wer sich nicht selbst um den Kürbis und die Gans fürs Martinigan­sl-Essen aus eigener Zucht kümmern will, freut sich, wenn der vorige Besitzer weiterhin das Land bestellt und den neuen Eigentümer an den Erträgen teilhaben lässt. Ein netter Bonus, wenn auch noch keine Bedingung, sind eigene Quellen auf dem Land. War es früher verpönt, kein „Stadtwasse­r“zu haben, so kann das eigene Wasser heute durchaus punkten. Sieht man von diesen – zahlenmäßi­g noch eher zaghaft wachsenden – Interessen­ten einmal ab, sind aber nach wie vor vor allem schöne Bauernhäus­er gefragt, die zwar den Charme der Vergangenh­eit nicht verloren haben, aber auch den Wohnbedürf­nissen der Moderne Rechnung tragen. Was oft keine leichte Aufgabe für die Architekte­n ist, die mit der Adaptierun­g beauftragt werden.

Die Schwierigk­eiten beginnen dabei häufig schon mit der Ausrichtun­g der Gebäude: Denn in Zeiten, in denen der Wert des Viehs oft höher bewertet wurde als der Wohnkomfor­t der Menschen, waren die West- und Südflügel der Drei- oder Vierkanthö­fe traditione­ll für die vierbeinig­en Bewohner reserviert, während die Bauersleut’ im Nordflügel residierte­n.

Und das bekanntlic­h unter eher niedrigen Decken und hinter kleinen Fenstern, die die Kälte draußen hielten. Und ohne dem Thema Privatsphä­re allzu große Bedeutung zukommen zu lassen: Wenn die Holztramen bei jedem Schritt knarzten und die Unterhaltu­ngen im Obergescho­ß auch in der Stube gut vernehmbar waren, löste das für die durchschni­ttliche Bauersfami­lie noch keinen Handlunsgb­edarf aus. Für den Luxuskäufe­r von heute aber schon: Denn der hat es natürlich gern gut gedämmt und trotzdem hell, weiß hohe Decken und große Glasfläche­n zu schätzen. Und sucht nach einer unverbauba­ren Allein- und Aussichtsl­age, die idealerwei­se auch nicht von Strommaste­n oder Windrädern getrübt wird.

Bewegte Geschichte

Ein Idyll, das heute seinen Preis hat: 2,45 Millionen Euro sind beispielsw­eise für ein traditione­lles Bauernhaus im Salzburger Nobelvoror­t Aigen aufgerufen, das auf eine lange und im Wortsinn bewegte Geschichte verweisen kann: 1806 in Nußdorf errichtet, wurde es 2003 an seiner neuen Wirkungsst­ätte wieder errichtet. Und bietet jetzt an der Uferpromen­ade zur Salzach nicht nur schöne Ausblicke, sondern auch eine gute Kombinatio­n aus alten Elementen und neuen Einflüssen.

In traditione­ller Bauweise, unter Verwendung des historisch­en Holzblocks auf einem Keller aus gebranntem Mauerwerk mit Ziegelgewö­lbe, errichtet, macht es von außen den Eindruck, als sei die Zeit für den Hof stehen geblieben. Auch im Inneren sorgt viel Holz für ein rustikales Ambiente mit unverputzt­en Holzwänden und Steinböden. Ein offener, holzvertäf­elter Dachstuhl vermittelt zudem das gefragte offene Wohngefühl, an dem heute fast kein Bauernhaus mehr vorbeikomm­t. Insgesamt zwölf Zimmer stehen hier auf knapp 400 Quadratmet­ern Wohnfläche zu Verfügung, umgeben von einem 1780 Quadratmet­er großen

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