„Gekauft wird nur mit dem richtigen Bauchgefühl“
Immobilienmarketing. Die Maklerbranche fremdelt noch mit den digitalen Möglichkeiten. Lieber setzt man auf den persönlichen Kontakt.
Vor zwei Jahren hatte Andreas Hornyik noch eine Vision: Der Inhaber des Maklerbüros Re/Max Welcome in Baden wollte mit seinem Betrieb endlich im 21. Jahrhundert ankommen. Dafür eröffnete er im Februar 2014 in Wien einen aufwendigen Showroom mit einer RundumPanorama-Simulation, der die virtuelle Besichtigung sowohl von Bestandsimmobilien als auch von Planungsobjekten im Größenverhältnis 1:1 möglich machen sollte. Die Immomagine getaufte Präsentationsplattform war zum einen für den eigenen Maklerbetrieb gedacht, zum anderen sollte sie Maklerkollegen und Bauträgern für ihre eigenen Präsentationen zur Verfügung gestellt werden.
Zu teuer, zu aufwendig
Heute gibt sich Hornyik ernüchtert: „Das Projekt ist gestorben. Es gab einfach keine Interessenten.“Hat das mit einer gewissen Innovationsresistenz seiner Branche zu tun? „Nicht unbedingt“, verneint Hornyik. „Das Interesse an den neuen digitalen, multimedialen Möglichkeiten ist grundsätzlich da. Aber das Geschäftsmodell eines Maklers beruht auf Schnelligkeit und niedrigen Kosten. Der Showroom hat nicht funktioniert, weil die Präsentationen zu aufwendig und zu teuer waren.“
Ähnliches weiß Stan Hana von Cordes Consulting zu berichten. Der Geschäftsführer des auf die Immobilienvermarktung spezialisierten Unternehmens verweist auf die oft eingeschränkten Budgets in der Maklerbranche, die große Sprünge verhinderten. „Bauträger von großen Projekten, die mit den nötigen Geldmitteln ausgestattet sind, haben sicher mehr finanziellen Spielraum und nutzen diesen auch für ihre Marketingkampagnen“, erzählt der Consulter aus seiner Erfahrung.
Das heißt aber nicht, dass man in der Branche gänzlich auf digitale Marketing-Tools verzichtet. Zaghafte Schritte in diese Richtung hat man beispielsweise bei EHL Immobilien unternommen, wie Sandra Bauernfeind, Leiterin des Bereichs Wohnimmobilien, berichtet. „Wir waren die Ersten, die einen QR-Code auf Transparente druckten. Außerdem haben wir eine ei- gene App entwickelt, mit der sich viele nützliche Infos rund um den Immobilienkauf oder -verkauf abrufen lassen.“
Eine dezidierte Digitalisierungsstrategie verfolgt das Unternehmen aber nicht, selbst von den QR-Codes ist man inzwischen wieder abgekommen. „Oft stimmt bei solchen Tools der Mehrwert einfach nicht“, sagt Bauernfeind. Nicht so beim Online-Auftritt: „Die eigene Website ist schließlich gleichbedeutend mit der Visitenkarte eines Unternehmens.“Für die Vermarktung genutzt werden aber auch gängige Online-Immobilienplattformen, eine Einrichtung, die Bauernfeind mit einem weinenden und einem lachenden Auge sieht: „Einerseits hat sich dadurch der Kundenkreis deutlich erweitert, andererseits leidet darunter aber die Kundenbindung.“Zumal Letztere auch einen Qualitätsaspekt beinhalte: „Im direkten, persönlichen Kontakt sind Beratungsleistungen möglich, die das Internet so nicht zu leisten vermag.“
Digital und analog
Eine ähnliche Skepsis schwingt bei Richard Buxbaum, Prokurist und Leiter der Abteilung für Wohnimmobilien und Zinshäuser bei Otto Immobilien, mit: „Es gab in der Vergangenheit schon einige Versu- che für digitale Vermarktungsmethoden. Oftmals scheiterte dies an der Qualität und an dem wahrnehmbaren Mehrwert – manches Mal auch sicher an den hohen Kosten“, sagt er. Grundsätzlich komme aber auch die Maklerbranche heute nicht mehr an den digitalen Kanälen vorbei, betont er: „Wir setzen derzeit vor allem auf die Suchmaschinenoptimierung auf diversen Kanälen und eine optimale Präsentation unseres Unternehmens und der zu vermarktenden Immobilien auf den einschlägigen Immobilienplattformen – neben unserer eigenen Website.“
Man setzt in der Branche also nach wie vor eher auf Altbewährtes. Daran werden auch die neuen Virtual-Reality-Brillen, mit denen man sich nahezu körperlich in eine künstliche Umgebung hineinversetzen und mit ihr interagieren kann, nichts ändern, meint Buxbaum: „Die digitale Brille wird zwar einen guten Eindruck verschaffen und Appetit machen können, das richtige Bauchgefühl geht aber nur durch den analogen Rundgang.“Zumindest im Luxusimmobilienbereich experimentiert man dennoch bereits damit. Ein Vorreiter ist Avantgarde Properties: Dort können Kunden seit Kurzem potenzielle Kaufobjekte auch mittels der Hightech-Brillen virtuell besichtigen.