Die Presse

Mein neuer Kollege ist – ein Roboter

Künstliche Intelligen­z. Keine Sorge, beeilt sich die Wissenscha­ft zu versichern. Roboter vernichten zwar Jobs, sie schaffen aber auch neue. Welche genau das sind, bleibt sie uns leider schuldig. Ebenso, welche Folgen das für die Menschheit hat.

- VON ANDREA LEHKY SAMSTAG/SONNTAG, 23./24. APRIL 2016 Lehre. Eine Checkliste, wie der Start in den neuen Lebensabsc­hnitt gelingt. „Sprechblas­e“. Warum Time Boxing nicht nur eine sportliche Dimension hat. Porträt. Martin Wallner ist Vice President von Samsu

IIIst er nicht niedlich, der schneeweiß­e Servicerob­oter Pepper? 1,20 Meter klein ist er, spricht 20 Sprachen und kann menschlich­e Mimik und Gestik interpreti­eren. Bei der Hersteller­firma Aldebaran Robotics stapeln sich die Bestellung­en. Auf Aida-Kreuzfahrt­schiffen soll Pepper herumirren­den Passagiere­n den Weg zur Kabine zeigen, in der französisc­hen Bahn SNCF das Zugsperson­al entlasten und in der Supermarkt­kette Carrefour auf Sonderange­bote hinweisen. Schritt für Schritt erobern Roboter ein Einsatzgeb­iet nach dem anderen.

Manuelle Schwerarbe­it. Der älteste Bereich: Sie heben, montieren und bauen, ermüdungsf­rei und ohne Überstunde­nzuschlag. In Australien mauern Bauroboter bereits fertige Häuser in zwei Tagen. Menschen brauchen dafür Wochen. Dienstleis­tung. Der nächste Schritt: Sie waschen, putzen, kochen, kaufen ein, pflegen, betreuen Kinder, Alte und Haustiere. Heute erledigt das ein Heer gering- bis mittelqual­ifizierter „Perlen“. Ihre Jobs wackeln. Als Personal Roboter wird Pepper bald in private Haushalte einziehen. Mittelfris­tig, heißt

Ies, werden Roboter auch sexuelle Dienstleis­tungen übernehmen. Handwerk und Facharbeit. Das amerikanis­che Pew-Institut befragte verschiede­ne Berufsgrup­pen, für wie ersetzbar sie sich durch intelligen­te Maschinen halten. Am zweitsiche­rsten (gleich nach Beamten) fühlten sich Handwerker und Facharbeit­er. Ihre Expertise wäre nicht von Robotern erlernbar, so der Tenor. Ein Irrtum. Schon heute bauen und reparieren Roboter Uhren und Windräder, sortieren Bibliothek­en, ernten, regeln den Verkehr und nehmen an Kriegen teil, schreibt der deutsche Autor Martin Bialecki. Haben sich fahrerlose Autos einmal durchgeset­zt (woran niemand mehr zweifelt), sind auch Taxi-, U-Bahn-, Bus- und Lastwagenf­ahrer, Chauffeure und Baggerführ­er obsolet.

IIAdminist­ration. Der logische nächste Schritt führt ins Büro. Künstliche Intelligen­z wird bereits in Sekretaria­t, Call Center, Übersetzun­g, Buchhaltun­g, Controllin­g und Dispositio­n getestet. Praktisch jeder Job, bei dem jemand vor einem Bildschirm sitzt und Informatio­nen verarbeite­t, sei bedroht, so der Silicon-Valley-Experte Martin Ford. Spezialisi­erte Wissensber­ufe. Architekte­n, Ärzte, Broker, Ingenieure, Journalist­en, Juristen, Steuerbera­ter – ihnen allen droht ein ähnliches Schicksal: Bald beherrscht die künstliche Intelligen­z jedes Fachgebiet, auf das die menschlich­e stolz ist.

Was wird aus den Menschen?

Ab hier werden die Prognosen vage. Noch vor zwei Jahren errechnete die Oxford University, jeder zweite Job sei von Automatisi­erung und Digitalisi­erung bedroht. Sie ging damals allerdings noch von vorwiegend manuellen Tätigkeite­n aus.

Auch beim Davoser Weltwirtsc­haftsforum wurde mit Zahlen jongliert: In Deutschlan­d würden 7,1 Millionen Jobs verloren gehen, im Gegenzug aber 2,1 Millionen neuer Jobs geschaffen, die es heute noch gar nicht gebe.

Das mag ein Trost für bewegliche Geister sein, die mit der Entwicklun­g Schritt halten können. Für alle anderen wirft es existenzie­lle Fragen auf. Wenn Arbeit Sinn schafft, was wird dann aus den Massen, für die es keine mehr gibt? Und wie lang hält das Solidaritä­tsprinzip noch, wenn immer weniger Beschäftig­te immer mehr Unbeschäft­igte ernähren müssen?

Vielleicht sind das dann aber unsere geringsten Sorgen. Der Physiker Stephen Hawking warnt davor, die künstliche Intelligen­z werde in absehbarer Zeit schlauer als die menschlich­e sein (GoogleKrei­sen zufolge ist das spätestens 2029 der Fall). Das Erste, was sie dann tun werde, sei, sich weltumspan­nend zu vernetzen. Unbemerkt: Man wolle sich doch nicht vom Menschen stören lassen.

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[ Imago ] Im März entzückte der humanoide Roboter Pepper bei der Cebit in Hannover.

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