Mein neuer Kollege ist – ein Roboter
Künstliche Intelligenz. Keine Sorge, beeilt sich die Wissenschaft zu versichern. Roboter vernichten zwar Jobs, sie schaffen aber auch neue. Welche genau das sind, bleibt sie uns leider schuldig. Ebenso, welche Folgen das für die Menschheit hat.
IIIst er nicht niedlich, der schneeweiße Serviceroboter Pepper? 1,20 Meter klein ist er, spricht 20 Sprachen und kann menschliche Mimik und Gestik interpretieren. Bei der Herstellerfirma Aldebaran Robotics stapeln sich die Bestellungen. Auf Aida-Kreuzfahrtschiffen soll Pepper herumirrenden Passagieren den Weg zur Kabine zeigen, in der französischen Bahn SNCF das Zugspersonal entlasten und in der Supermarktkette Carrefour auf Sonderangebote hinweisen. Schritt für Schritt erobern Roboter ein Einsatzgebiet nach dem anderen.
Manuelle Schwerarbeit. Der älteste Bereich: Sie heben, montieren und bauen, ermüdungsfrei und ohne Überstundenzuschlag. In Australien mauern Bauroboter bereits fertige Häuser in zwei Tagen. Menschen brauchen dafür Wochen. Dienstleistung. Der nächste Schritt: Sie waschen, putzen, kochen, kaufen ein, pflegen, betreuen Kinder, Alte und Haustiere. Heute erledigt das ein Heer gering- bis mittelqualifizierter „Perlen“. Ihre Jobs wackeln. Als Personal Roboter wird Pepper bald in private Haushalte einziehen. Mittelfristig, heißt
Ies, werden Roboter auch sexuelle Dienstleistungen übernehmen. Handwerk und Facharbeit. Das amerikanische Pew-Institut befragte verschiedene Berufsgruppen, für wie ersetzbar sie sich durch intelligente Maschinen halten. Am zweitsichersten (gleich nach Beamten) fühlten sich Handwerker und Facharbeiter. Ihre Expertise wäre nicht von Robotern erlernbar, so der Tenor. Ein Irrtum. Schon heute bauen und reparieren Roboter Uhren und Windräder, sortieren Bibliotheken, ernten, regeln den Verkehr und nehmen an Kriegen teil, schreibt der deutsche Autor Martin Bialecki. Haben sich fahrerlose Autos einmal durchgesetzt (woran niemand mehr zweifelt), sind auch Taxi-, U-Bahn-, Bus- und Lastwagenfahrer, Chauffeure und Baggerführer obsolet.
IIAdministration. Der logische nächste Schritt führt ins Büro. Künstliche Intelligenz wird bereits in Sekretariat, Call Center, Übersetzung, Buchhaltung, Controlling und Disposition getestet. Praktisch jeder Job, bei dem jemand vor einem Bildschirm sitzt und Informationen verarbeitet, sei bedroht, so der Silicon-Valley-Experte Martin Ford. Spezialisierte Wissensberufe. Architekten, Ärzte, Broker, Ingenieure, Journalisten, Juristen, Steuerberater – ihnen allen droht ein ähnliches Schicksal: Bald beherrscht die künstliche Intelligenz jedes Fachgebiet, auf das die menschliche stolz ist.
Was wird aus den Menschen?
Ab hier werden die Prognosen vage. Noch vor zwei Jahren errechnete die Oxford University, jeder zweite Job sei von Automatisierung und Digitalisierung bedroht. Sie ging damals allerdings noch von vorwiegend manuellen Tätigkeiten aus.
Auch beim Davoser Weltwirtschaftsforum wurde mit Zahlen jongliert: In Deutschland würden 7,1 Millionen Jobs verloren gehen, im Gegenzug aber 2,1 Millionen neuer Jobs geschaffen, die es heute noch gar nicht gebe.
Das mag ein Trost für bewegliche Geister sein, die mit der Entwicklung Schritt halten können. Für alle anderen wirft es existenzielle Fragen auf. Wenn Arbeit Sinn schafft, was wird dann aus den Massen, für die es keine mehr gibt? Und wie lang hält das Solidaritätsprinzip noch, wenn immer weniger Beschäftigte immer mehr Unbeschäftigte ernähren müssen?
Vielleicht sind das dann aber unsere geringsten Sorgen. Der Physiker Stephen Hawking warnt davor, die künstliche Intelligenz werde in absehbarer Zeit schlauer als die menschliche sein (GoogleKreisen zufolge ist das spätestens 2029 der Fall). Das Erste, was sie dann tun werde, sei, sich weltumspannend zu vernetzen. Unbemerkt: Man wolle sich doch nicht vom Menschen stören lassen.
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