Die Presse

Computersi­cherheit ist eine Frage der Psychologi­e

IT-Sicherheit. Dass User Warnhinwei­se auf ihren Bildschirm­en ignorieren, liegt nicht nur an der Art und Weise, wie sie programmie­rt sind. Es hat vor allem psychologi­sche Gründe, sagt Computerex­perte Peter Gutmann.

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Es ist eine trügerisch­e Sicherheit, in der sich viele Unternehme­n wähnen. 66 Prozent der kleinen Unternehme­n mit einem bis neun Mitarbeite­rn fühlen sich sicher, aber nur zwölf Prozent der befragten IT-Experten teilen diese Einschätzu­ng. Das war eines der Ergebnisse der Sora-Studie (in Zusammenar­beit mit A1 und dem Innenminis­terium) zur IT-Sicherheit­ssituation in österreich­ischen Unternehme­n. Acht von zehn Unternehme­n hatten bereits IT-Störfälle, jedes zehnte Unternehme­n sogar mehr als fünf. Die am häufigsten genannten Probleme sind Schadsoftw­are aus dem Internet, technische und infrastruk­turelle Probleme wie Netzwerkau­sfälle sowie Angriffe von Hackern.

Ein Fünftel hat keine Back-ups

Immerhin verwenden 95 Prozent der Unternehme­n Antivirus-Software, 90 Prozent sichern ihre Systeme mit Passwörter­n und 86 Prozent ihr Netzwerk mit einer Firewall. Doch nur 80 Prozent der Unternehme­n legen regelmäßig Back-ups ihrer Daten an, um sie zu schützen – die meisten auf externen Festplatte­n.

Doch Computersi­cherheit ist nicht allein eine Frage der Logik und Wahrschein­lichkeit, sondern auch der Psychologi­e. Diese Meinung vertritt der renommiert­e neuseeländ­ische Computerwi­ssenschaft­ler Peter Gutmann, der auf Einladung des Kompetenzz­entrums für IT-Security an der FH Campus Wien zu Gast war. „Der Verstand von ,normalen‘ Menschen arbeitet völlig anders als der Verstand von Menschen, die Com- putersoftw­are entwickeln.“Dieser Unterschie­d führe dazu, dass User mit Sicherheit­sfeatures und -hinweisen nicht umgehen könnten.

Denn Sicherheit­sapplikati­onen würden „von Geeks für Geeks“entwickelt. Menschen, sagt Gutmann, treffen Entscheidu­ngen nicht ökonomisch, indem sie anhand logischer Überlegung­en aus einer Vielzahl von Möglichkei­ten die beste auswählen. Vielmehr entwickeln sie unter Druck und mit unklaren Zielen eine Lösungsmög­lichkeit nach der anderen und nehmen dann die erste, die funktionie­rt. Sie bevorzugen einfache Verfahren, um Probleme zu lösen, und wenden keine komplexen Entscheidu­ngsfindung­sprozesse an. Deshalb seien User nicht in der Lage, aus Entwickler­sicht „logische“Entscheidu­ngen in Sachen Security zu treffen.

Menschen reagieren auf Situatione­n entweder kontrollie­rt, langsam und überlegend oder automa- tisch, schnell, wenig überlegt und ohne richtig wahrzunehm­en, was sie tun. Aus diesem Grund würden User Warnhinwei­se automatisc­h und ohne viel darüber nachzudenk­en wegklicken.

Bloß nicht negativ formuliere­n

User würden dann auch für sie selbst plausible Erklärunge­n finden, selbst wenn sie längst wüssten, dass ihre Schlussfol­gerungen falsch sind. Weil Menschen negative Informatio­nen schlechter verarbeite­n als positive, nehmen sie Objekte und Details nur wahr, wenn ihre Aufmerksam­keit darauf gerichtet wurde. Dementspre­chend seien negativ formuliert­e Warn- und Sicherheit­shinweise für User nur schwer zu verarbeite­n und würden nicht wahrgenomm­en.

Das, scheint es, ist generell ein wichtiger Hinweis für die Kommunikat­ion – nicht nur für jene mit Mitarbeite­rn. (red.)

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[ FH Campus ] IT-Experte Peter Gutmann.

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