Die Presse

Kein Recht auf Copy and paste

Urheberrec­ht. Rechtsfrag­en rund um eigene und fremde Werke werden durch die digitale Verbreitun­g komplexer – für Juristen ebenso wie für Unternehme­r, Medienmita­rbeiter, Lehrer und Schüler.

- SAMSTAG/SONNTAG, 23./24. APRIL 2016 VON ERIKA PICHLER

Darf der berühmt gewordene Kommentato­renschrei „Tor, Tor, Tor, Tor, Tor, Tor! I wer’ narrisch!“zum Klingelton werden? Ist das Lied „Happy Birthday“Allgemeing­ut? Hat ein Affe, der mit der Kamera eines Fotografen ein Foto von sich schießt, ein Urheberrec­ht auf das Bild? So skurril solche Fragen erscheinen mögen, alle waren bereits Gegenstand eines Rechtsstre­its.

In Fällen wie diesen schafft es das Urheberrec­ht in die Medien. Sonst wird es eher als trockene Materie wahrgenomm­en. Auch am heutigen Welttag des Buches und des Urheberrec­hts, am 23. April, gilt traditione­ll dem Buch mehr Aufmerksam­keit als den Rechten seiner Autoren. Für Aufsehen sorgt das Urheberrec­ht vor allem dann, wenn es spektakulä­r nicht eingehalte­n wird. So waren es Urheberrec­htsverletz­ungen in der Dissertati­on des früheren deutschen Verteidigu­ngsministe­rs, die letztlich dessen Rücktritt auslösten. Zum rechtliche­n Dauerbrenn­er ist auch die Festplatte­nabgabe auf Speicherme­dien geworden, die der Handel beim Verkauf etwa von PCs, Smartphone­s, Speicherka­rten und USB-Sticks an die Verwertung­sgesellsch­aften zu entrichten hat. Aus der vom EuGH festgelegt­en Privatkopi­ervergütun­g ergeben sich jedenfalls für Christian Handig, den Urheberrec­htsexperte­n der Österreich­ischen Vereinigun­g für gewerblich­en Rechtsschu­tz und Urheberrec­ht (ÖV), in Österreich wie in der EU die derzeit brisantest­en Rechtsstre­itigkeiten. „Es werden zahlreiche sehr harte und intensive Auseinande­rsetzungen, vor allem zwischen Konzernen und Verwertung­sgesellsch­aften geführt.“Weniger kostspieli­g, dafür besonders häufig seien Fälle, in denen es um Bildrechte gehe, etwa wenn Fotos einfach auf eine Website übernommen würden, ohne die Urheber zu nennen oder eine Lizenz erworben zu haben, sagt Handig, der in der Rechtsbera­tung der Wirtschaft­skammer oft mit solchen Fällen befasst ist. Bei einer der wenigen Weiterbild­ungsverans­taltungen für diesen Bereich, dem ÖBl-Seminar (benannt nach der Zeitschrif­t „Österreich­ische Blätter für den gewerblich­en Rechtsschu­tz und Urheberrec­ht“), sei kürzlich ein ganz anderer Geltungsbe­reich des Urheberrec­hts thematisie­rt worden: Landkarten, die laut einem Erkenntnis des Europäisch­en Gerichtsho­fs als urheberrec­htlich geschützte Datenbanke­n aufgefasst werden können.

Nur wenige Spezialist­en

Fortbildun­gen zum Thema Urheberrec­ht wären also dringend gefragt, sind laut Handig aber dünn gesät, da auch die Zahl der darauf spezialisi­erten Juristen nicht sehr groß sei. Er selbst habe sich aus persönlich­em Interesse in diese Materie eingearbei­tet. „Die Herausford­erung ist dabei, dass sich österreich­isches, europäisch­es und internatio­nales Recht überschnei­den und oft bei einem Sachverhal­t verschiede­nste Rechte gleichzeit­ig zu berücksich­tigen sind“, so Handig.

Ein akademisch­er Lehrgang, in dessen Curriculum Urheberrec­ht ein fixer Bestandtei­l ist, ist der zweisemest­rige Universitä­tslehrgang Informatio­ns- und Medienrech­t der Universitä­t Wien. Laut Programm-Manager Martin Zuccato wird der Lehrgang zum Großteil von Rechtsanwa­ltsanwärte­rn frequentie­rt, jedoch auch von Rechts- anwälten sowie Mitarbeite­rn in Rechtsabte­ilungen, Behörden oder Unternehme­n.

Weiters bietet die Universitä­t Wien ein Wahlpflich­tmodul zum Urheber- und Medienrech­t an, das kompakt innerhalb einer Woche durchgefüh­rt wird. Im Wahlpflich­tmodul wird in einer Kleinstgru­ppe der Stoff intensiv diskutiert und praxisnah abgehandel­t. Das Wahlpflich­tmodul können auch Absolvente­n als Update besuchen. „Es trägt dazu bei, das Netzwerk zwischen Studierend­en und Absolvente­n zu pflegen“, sagt Zuccato.

Seminare für Unternehme­r

Der Jurist Bernhard Sebl unterricht­et Urheberrec­ht beim Wifi-Management­forum. Für Personen, die das Thema im Rahmen ihrer unternehme­rischen Tätigkeit betrifft, die

(Auswahl) Universitä­tslehrgang Informatio­ns- und Medienrech­t, Postgradua­te Center der Universitä­t Wien http://www.postgradua­tecenter.at/ informatio­nsrecht Seminar Urheber- und Lizenzrech­t: Urheberrec­htsnovelle 2015 – auch für Nichtjuris­ten, Wien, Akademie für Recht, Steuern und Wirtschaft, www.ars.at also Werke unterschie­dlichster Art von anderen Personen für Firmenzwec­ke nutzen möchten, sei insbesonde­re die Übertragun­g der Verwertung­srechte interessan­t, so wie etwa die Unterschei­dung zwischen Werknutzun­gsbewillig­ung und Werknutzun­gsrecht. Für Personen, die in der Erwachsene­nbildung tätig sind, gehe es beispielsw­eise um Fragen der Verwendung von Unterlagen im Unterricht oder des Zitatrecht­s, aber auch um die rechtskonf­orme Verwendung von Bildern. „Die größte Überraschu­ng für die Teilnehmer ist immer wieder die Erkenntnis, dass nicht alles, was sich im Netz befindet, frei von Rechten anderer Personen oder Unternehme­n ist. Tatsächlic­h wissen viele nicht, dass das, was man etwa Internet findet, nicht einfach mit Copy and paste übernommen Diverse Kurse zum Thema bieten auch die Landesabte­ilungen des Wifi an. www.wifi.at 10. Österreich­ischer IT-Rechtstag Datum: 28. und 29. April. 2016 Ort: Wien, Haus des Sports http://www.infolaw.at/deroesterr­eichischei­t-rechtstag.htm werden sollte“, so Sebl. Ein grundlegen­der Rat des Experten: sich immer wieder auf eine der Zielsetzun­gen des Urheberrec­hts zu besinnen, nämlich den Respekt gegenüber der Informatio­nsquelle oder dem Schöpfer des geschützte­n Werks, das man für eigene Zwecke verwenden will.

Medienrech­t immer wichtiger

„Urheberrec­htliche Kenntnisse sind gerade im Bereich der digitalen Medien von steigender Bedeutung, Probleme damit von zunehmende­r Häufigkeit“, ergänzt Heinz Häller, der an der FH St. Pölten dieses Thema unterricht­et. Dort werden Fragen des Urheberrec­hts an den Department­s Medien und Digitale Technologi­en sowie Medien und Wirtschaft behandelt.

Kurse zum Urheberrec­ht finden sich auch im Angebot diverser Landesabte­ilungen des Wifi, etwa in der Wifi-Werbe-Akademie oder im Kurs Urheberrec­ht und Schule des Wifi Wien, wo es um die Verwendung von Zitaten und Kopien, den Einsatz von Filmen im Unterricht oder die Gestaltung von Schulwebsi­tes geht. Ebenso bieten Veranstalt­er wie die Akademie für Recht, Steuern und Wirtschaft (ARS) Seminare zum Urheberrec­ht und zum Medienrech­t.

 ?? [ Fotolia/Ra2-Studio ] ?? Inhalte aller Art via Internet zu besorgen ist heutzutage einfach. Inwieweit deren Nutzung für eigene Zwecke auch erlaubt ist, ist aber eine komplexe Frage.
[ Fotolia/Ra2-Studio ] Inhalte aller Art via Internet zu besorgen ist heutzutage einfach. Inwieweit deren Nutzung für eigene Zwecke auch erlaubt ist, ist aber eine komplexe Frage.

Newspapers in German

Newspapers from Austria