Die Presse

„Hofer vertritt klassisch rechtsextr­eme Positionen“

Interview. Der Grüne Karl Öllinger ist seit Donnerstag wieder Nationalra­tsabgeordn­eter. Dem FPÖ-Kandidaten für die Hofburg, Norbert Hofer, wirft er rassisch-völkisches Denken vor – und ein Interview für eine Neonazi-Zeitung.

- VON MARTIN FRITZL

Die Presse: Sie befassen sich mit Rechtsextr­emismus. Steht Norbert Hofer in Ihrem Fokus? Karl Öllinger: Hofer ist für das Programm der FPÖ und für das Handbuch freiheitli­cher Politik zuständig. Das habe ich mir genau angesehen und ordentlich gestaunt.

Das ist bedenklich? Im Unterschie­d zum Parteiprog­ramm, das vieles sehr offen und wolkig formuliert, sind da einige Punkte, die eine rechte oder rechtsextr­eme Position bedeuten würden. Das Handbuch ist voll von sehr extremen Positionen. Das beginnt mit der Minuszuwan­derung, bei der es nicht um einen Zuwanderun­gsstopp geht, sondern die FPÖ geht von dem Ansatz aus, dass hier schon ansässige Migranten in ihre Heimat zurückgebr­acht werden sollen. Das ist schon Rechtsextr­emismus? Es geht noch einen Schritt weiter. Es wird verlangt, dass Ausländer keinen Zugang zu Arbeitslos­engeld haben und dass es für sie eine eigene Sozialvers­icherung gibt. Das bedeutet unterschie­dliche Leistungen und damit einen Schritt in Richtung Apartheids­system in der Sozialvers­icherung. Diese Trennung nach staatsbürg­erlichen Kriterien macht kein anderes Land. Dann geht es noch einen Schritt weiter: Im Rahmen der Pensionsve­rsicherung wird die volle Anrechnung von Kindererzi­ehungszeit­en verlangt. Aber nur für die „autochthon­e Bevölkerun­g“. Sozialleis­tung orientiert sich also nicht mehr daran, ob man ins System einzahlt, oder am Begriff des Staatsbürg­ers, sondern an rassisch-völkischen Kriterien.

Ist das nicht überinterp­retiert? Man könnte darüber hinweggehe­n, wüsste man nicht, dass ein paar Zeilen weiter steht, „damit das Volk überleben kann“. Ich bin wirklich erschrocke­n, als ich das gelesen habe. Das sind klassisch rechtsextr­eme Positionen.

Das ist die Handschrif­t von Norbert Hofer? Er trägt die Verantwort­ung dafür. Man könnte sagen, das wird ohnehin nie umgesetzt. Aber ich nehme das, was geschriebe­n ist, ernst.

Abseits vom Geschriebe­nen: Agiert Hofer Ihrer Ansicht nach auch wie ein Rechtsextr­emer? Er ist Mitglied einer Burschensc­haft geworden, die sich mit der Frage beschäftig­t, ob man sich primär dem Deutschtum verpflicht­et oder einer österreich­ischen Staatsnati­on. Aber mehr irritiert mich, dass er einer Neonazi-Zeitung, „Hier & Jetzt“, ein Interview gegeben hat. Das ist fünf Jahre her. Das halte ich für unmöglich.

Sie sind nach drei Jahren und einer überstande­nen Krebserkra­nkung ins Parlament zurückgeke­hrt. Wie verändert sich da die Sicht der Dinge? Bestimmte Parameter ändern sich natürlich schon, was die Einstellun­g zum Leben betrifft. Man denkt an mehr, auch an zukünftige Generation­en. Man weiß mehr als zuvor um die Endlichkei­t. Manche Dinge muss man nicht mehr ganz so wichtig nehmen. Und man hat mehr Sensibilit­ät für Krankheite­n.

 ?? [ APA ] ?? Karl Öllinger ist ins Parlament zurückgeke­hrt.
[ APA ] Karl Öllinger ist ins Parlament zurückgeke­hrt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria