Die Presse

Extravagan­z mit robuster Kupplung

Pilgerstät­te. Seine Sportwagen waren exzentrisc­h und trugen die Namen von Kampfstier­en. In der Heimat Emilia feiert man Ferruccio Lamborghin­is 100. Geburtstag mit einem neuen Museum.

- VON GEORG WEINDL

Es ging nur um eine kaputte Kupplung, aber es sollte eine große Geschichte daraus werden. Ferruccio Lamborghin­i, Bauernsohn aus der Gegend von Bologna, hatte längst Karriere gemacht als Hersteller von Traktoren, besaß eine florierend­e Fabrik in Cento nördlich von Bologna und leistete sich einen Ferrari 250 GTE. „Weil die Kupplung immer wieder Probleme machte, baute mein Onkel eine Kupplung von seinen Traktoren ein“, erzählt Fabio Lamborghin­i. Enzo Ferrari war nicht begeistert und soll erwidert haben: „Das Auto ist in Ordnung. Das Problem ist, dass du mit Traktoren umgehen kannst, aber nicht mit einem Ferrari.“

Die Replik kam rasch. Lamborghin­i wollte seinen eigenen Sportwagen und ließ den Designer Franco Scaglione einen futuristis­chen Prototyp zeichnen. „Bevor der 350 GT als erster Lamborghin­i 1964 in Serie ging, musste er auf Anweisung meines Onkels noch umgestalte­t werden, damit er europäisch­er und eleganter wirkte“, erzählt Fabio Lamborghin­i.

Eine historisch­e Anekdote und eine von vielen Geschichte­n, die das neue Museum der Familie Lamborghin­i in Funo di Argelato bei Bologna erzählt. Vor wenigen Monaten öffnete das Museum in einem schlichten Industrieb­au an der Strada Provincial­e und dokumentie­rt das Schaffen des Gründers der Sportwagen­schmiede, die seit 1998 Tochterges­ellschaft der Audi AG ist. Die Lamborghin­i SpA hat ein eigenes Museum in der Zentrale in Sant’Agata.

Lamborghin­i war Tüftler und Perfektion­ist. Sein Erfolg mit Traktoren beruhte darauf, dass er den Bauern in der Poebene hochwertig­e und zuverlässi­ge Technik zu günstigen Preisen liefern konnte. Bei den Sportwagen waren günstige Preise kein Thema. Ferruccios Vorstellun­gen vom Design waren eher klassisch, orientiert­en sich am großen Konkurrent­en Ferrari. 1966 lieferte er mit dem Miura ein automobile­s Gesamtkuns­twerk. Im Mu- seum steht sein privater Miura SV mit einer Laufleistu­ng von 32.000 km, für den reiche Sammler viele Millionen zahlen würden. Erst nach seinem Ausstieg 1972 verschrieb sich das Lamborghin­i-Design der Avantgarde und dem exaltierte­n Auftritt. Der extrem flache und unkonventi­onelle Countach, in Zusammenar­beit mit Bertone entstanden, wirkte 1975 wie ein Bolide von einer anderen Welt. Diablo und Murcielago´ sollten diese Philosophi­e fortsetzen.

Man täte Ferruccio Lamborghin­i Unrecht, ginge es nur um seine Sportwagen. Er war ein kreativer Techniker, der kaum Grenzen kannte. In Offshore-Rennboote pflanzte er zwei Zwölf zylinder motoren ein und setzte etliche G es ch windigkeit­s weltrekord­e. Er versuchte es auch mit Hubschraub­ern. Weil der italienisc­he Staat aber den notleidend­en Hersteller MV Agusta übernahm, gab’s für ihn keine Lizenz. Lamborghin­i produziert­e Klima anlagen, Wasser reinigung san lagen, Hydraulik systeme und Golfwagen. Ein Highlight des Museums ist auch das Papamobil, eine Art XXL-Golfwagen in Weiß mit einem erhöhten Rücksitz, mit dem Johannes Paul II. und Benedikt XVI. im Sommersitz Castel Gandolfo chauffiert wurden.

Nach dem Verkauf 1972 zog Ferruccio Lamborghin­i an den Lago di Trasimeno, wo er seine perfektion­istischen Ansprüche als Weinbauer erfolgreic­h umsetzte. Er starb 1993. Bei der aktuellen Geburtstag­sfeier in der Emilia waren neben dem Museum auch die Fabrik in Sant’Agata und der neue Autodromo bei Modena die Schauplätz­e, etliche Prominente waren mit von der Partie.

Die waren bei Lamborghin­i immer gut vertreten. Wie zum Beispiel Frank Sinatra, von dem Fabio Lamborghin­i noch eine Anekdote weiß: „Frank Sinatra sagte einmal bei einem offizielle­n Essen in einem New Yorker Hotel: , Wenn Sie jemand werden wollen, fahren Sie einen Ferrari. Wenn Sie jemand sein wollen, fahren Sie einen Lamborghin­i.‘“

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[ Eisele-Hein] Im Zeichen des zornigen Stiers: Prototyp des 350, Ferruccio Lamborghin­i.

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