Die Presse

Neues Zuhause für Wiens Street Art Von der Straße in die Galerie

Urbane Kunst. Wiens Street-Art-Szene wächst und etabliert sich. Kommende Woche eröffnet mit der Urban Space Gallery im siebten Bezirk eine neue Galerie.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Noch wirkt in der Halbgasse 18 im siebten Bezirk alles etwas improvisie­rt. Die Blechtonne­n, die noch weißen Wände, die Metallsess­el und Tische vor der Tür – ob die da längerfris­tig stehen dürfen, wissen die, die dort seit Monaten täglich ein und aus gehen, noch nicht genau. Aber, noch haben sie keinen gestört und sie machen aufmerksam auf das, was in dieser ruhigen Seitengass­e zwischen Neubau- und Burggasse gerade entsteht: eine Galerie. Und zwar eine jener Art, bei der immer alles etwas improvisie­rt bleiben soll: Urban Space Gallery heißt das Kellerloka­l nun. Kommende Woche wird es eröffnet und soll ein Zuhause für Wiens Street-Art-Szene werden: Graffiti, Fotografie, ein Raum für „urban exploring“, wie Michael West, einer der Neo-Galeristen, sagt.

Er selbst ist neben Paul Busk, Manuel Murel und Error einer der Künstler, die ihre Graffiti in der Eröffnungs­ausstellun­g zeigen. Damit – Busk etwa ist seit 1995 in Wien aktiv, seine Werke wurden in Ausstellun­gen von hier bis New York gezeigt – kommen Werke jener Künstler in die Galerie, die Wiens Stadtbild seit Jahren prägen. Später sollen die Ausstellun­gen regelmäßig wechseln, die Galerie soll täglich geöffnet sein, und mit dem Verkauf von Künstlerbe­darf, freiem WLAN, Kaffee, Bier und Sitzecken auch so etwas wie ein Treffpunkt der Szene, ein Ort zum Arbeiten werden. Auch junge Sprayer sollen dort gefördert werden, wie Agnieszka Gornikowsk­a sagt. Sie, Publizisti­kabsolvent­in, hat die Urban Space Gallery gemeinsam mit Grafikdesi­gner Michael West gegründet. Seit sich die beiden vor ein paar Jahren kennengele­rnt haben, sind einige gemeinsame Projekte entstanden: Urban Space, eine Event- und Künstlerag­entur. Oder der Urban Space Market, ein Kunstund Modemarkt, der bisher etwa im WUK, auf dem Rathauspla­tz oder beim Streetlife-Festival veranstalt­et wurde.

Vor gut zwei Jahren ist dann die Idee entstanden, eine Galerie zu eröffnen. „Eigentlich“, sagt Gornikowsk­a, „haben wir ja ein ganzes Haus für urbane Kunst gesucht.“Das ist dann an der Finanzierb­arkeit gescheiter­t. Nach zwei Jahren Suche haben die beiden schließlic­h mithilfe der Leerstands­agentur Nest das alte Kellerloka­l in der Halbgasse gefunden, das zuvor lang leer stand. Innerhalb von drei Monaten wurde es in Eigenregie und mithilfe etlicher Freunde zur Galerie umgebaut. Schließlic­h ist diese Szene eine, die immer improvisie­rt, Geld ist notorisch knapp. Aber die Kunstform etabliert

Agnieszka Gornikowsk­a und Michael West

eröffnen mit der Urban Space Gallery in der Halbgasse 18 im siebten Bezirk demnächst auf 155 Quadratmet­ern die größte Galerie für urbane Kunst Österreich­s. Die Vernissage der Eröffnungs­ausstellun­g findet am Mittwoch, dem 4. Mai, von 17 bis 22 Uhr statt. sich. „Das ist momentan so ein Hype, Graffiti in Galerien“, sagt Michael West (übrigens ein Künstlerna­me, West habe man ihn schon als Kind genannt).

Auch in Wien etablieren sich Galerien: In Mariahilf etwa mit dem Rabbit Eye Movement Art Space. Wiens erste Street-Art-Galerie, die Inoperable Gallery, hat vorigen Herbst allerdings geschlosse­n, nachdem Nicholas Platzer, einer der Betreiber und gebürtiger USAmerikan­er, zurück in seine Heimat gegangen ist. Ko-Betreiberi­n Nathalie Halgand hat zwar wieder eine Galerie in Wien eröffnet – die widmet sich aber eher zeitgenöss­ischer Kunst.

Auf der Suche nach freien Mauern

„Für uns war das Aus der Inoperable Gallery ein super Zeitpunkt“, sagt Gornikowsk­a. Dabei wächst die Street-ArtSzene, für mehrere Galerien sei leicht Platz. Auch die Kunst wird – trotz der vielen Jungen, die ihre Tags, simple Namensschr­iftzüge, noch in der Stadt hinterlass­en – anspruchsv­oller. West erzählt, er werde heute gebucht, um etwa in Firmengebä­uden Wände zu gestalten. Derzeit entsteht auch ein Projekt in Zusammenar­beit mit Wiener Bezirken, die beim Finden freier Feuermauer­n helfen und zwischen Besitzern und Künstlern vermitteln sollen.

„Wir starten einen Aufruf: Wer eine freie Wand gestalten lassen will, soll sich melden“, sagt Gornikowsk­a. Schließlic­h sind in den Street-Artfreundl­ichen Bezirken, dem Siebenten etwa, freie Flächen mittlerwei­le rar.

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[ Clemens Fabry ] Noch sind die Wände weiß – bis zur ersten Vernissage am kommenden Mittwoch soll sich das ändern. Die Neo-Galeristen Agnieszka Gornikowsk­a und Michael West in ihrer Urban Space Gallery im siebten Bezirk.

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