Die Presse

Air Berlin: Am Tropf der Araber

Luftfahrt. Die Niki-Mutter schrieb 2015 einen Rekordverl­ust und hält sich mit einer weiteren Geldspritz­e von 325 Mio. Euro aus Abu Dhabi in der Luft.

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Berlin. Das Wunder ist noch einmal geglückt: Die deutsche Airline Air Berlin hat es trotz eines Rekordverl­usts von 446,6 Millionen Euro und eines infolgedes­sen auf minus 799,4 Millionen Euro abgesackte­n Eigenkapit­als geschafft, Bilanz zu legen. Und der drohenden Insolvenz zu entgehen. Das liest sich in dem am Donnerstag veröffentl­ichten Geschäftsb­ericht 2015 dann so: „Mit den vorhandene­n Cashbestän­den sind der laufende Betrieb, die Finalisier­ung des laufenden Restruktur­ierungspro­gramms und notwendige Investitio­nen ausreichen­d abgesicher­t. Entspreche­nd dem IFRS-Regelwerks (Bilanzieru­ngsmethode, Anm.) ist der Status der Air Berlin als Going concern abgesicher­t.“

Dass die Muttergese­llschaft der österreich­ischen Airline Niki weiterflie­gen kann – an sich verlangt die EU von europäisch­en Fluglinien mindestens acht Prozent Eigenkapit­al – verdankt sie ihrem Großaktion­är Etihad. Die Airline aus Abu Dhabi, die bisher schon rund 800 Mio. Euro in die Air Ber- lin gepumpt hat, ließ im Jänner ein Darlehen über 75 Mio. Euro springen. Dazu kamen 250 Mio. Euro von zwei Banken aus Abu Dhabi, für die Etihad bürgt. Damit sei die Finanzplan­ung ausreichen­d gesichert, beruhigte Finanzchef Arnd Schwierhol­z.

Ewig könne die Air Berlin nicht am Finanztrop­f der Araber hängen, meinen Experten. Aber niemand wagt zu prognostiz­ieren, wann es zumindest operativ schwarze Zahlen geben wird, zumal der Wettbewerb beinhart bleibt und die allgemeine Wirtschaft­slage alles andere denn berauschen­d ist. In den vergangene­n acht Jahren flog die Air Berlin nur einmal (durch einen Sondereffe­kt) einen Konzernübe­rschuss ein.

Falsches Öl-Hedging

2015 verschlech­terte sich das Ebit um 4,5 Prozent auf minus 307 Mio. Euro. Wobei das billige Kerosin die 92 Mio. Euro teuren Sanierungs­kosten und andere Belastunge­n nicht wettmachen konnte. Die Absicherun­g des Kerosinpre­ises (Hedging) im Jahr 2014 (zu viel höheren Preisen) hat nämlich rund 200 Mio. Euro gekostet.

Airline-Boss Stefan Pichler, der im Februar 2015 angetreten ist, das Steuer herumzurei­ßen, hat dieses Ziel verfehlt. Für heuer gab er gar keine konkrete Prognose ab. „Wir sind ein Unternehme­n im Umbruch, das an vielen Baustellen gleichzeit­ig kämpft“, sagte er und fügte nur hinzu: „Ich bin überzeugt, dass wir 2016 ein deutlich besseres operatives Ergebnis erreichen werden.“Noch im November hat Pichler bei Vorlage der neuen Strategie angekündig­t, 2016 sei der Turningpoi­nt und Deutschlan­ds zweitgrößt­e Fluggesell­schaft soll binnen zwölf bis 18 Monaten profitabel sein.

Heuer will Pichler vom billigen Kerosin profitiere­n. Außerdem senkt er weiter Kosten. Spekulatio­nen, wonach die Tochter Niki und/ oder das Tourismusg­eschäft verkauft werden könnte, erteilte Pichler eine Abfuhr. Auch eine Fusion mit Alitalia, an der Etihad ebenfalls beteiligt ist, sei kein Thema. (eid)

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